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Der 3. Grad

Der 3. Grad

Titel: Der 3. Grad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Patterson
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denn?«
    »Ich weiß nicht, was ich glaube. Aber ich weiß, dass jedes der Opfer gezielt ausgewählt wurde. Keiner dieser Morde war willkürlich. Also, was hat sie zu Jill geführt? Sie sind ihr gefolgt. Sie haben ihr Haus ausgekundschaftet und sie abgepasst. Lightower, Bengosian... Es muss irgendeine Verbindung zwischen ihnen und Jill geben.«
    »Eventuell einer ihrer Fälle?« Cindy zuckte mit den Achseln. Claire schien nicht überzeugt.
    Es war eine Weile still. Wir schauten uns ratlos an. Und das Schweigen führte uns alle an einem Punkt zusammen – dem leeren Platz an unserem Tisch.
    »Es ist so ein seltsames Gefühl, hier zu sein und unser ›Ding‹ zu machen«, sagte Claire und seufzte, »ohne Jill. Und über sie zu reden.«
    »Jill wird uns helfen«, flüsterte ich.
    Ich sah die beiden an. Das Feuer in ihren Augen war zurückgekehrt.
    »Okay«, sagte Claire und nickte. »Wie?«
    »Wir nehmen uns ihre alten Fälle vor«, antwortete ich. »Ich werde versuchen, jemanden von Sinclairs Büro dazu zu bringen, uns zu helfen.«
    »Und wonach suchen wir genau?« Cindy sah mich skeptisch an.
    »Du hast doch die E-Mail bekommen. Etwas
Persönliches
«, sagte ich. »So, wie es dieser Fall für uns ist. Seht euch doch die Gesichter hier drin und draußen auf der Straße an. Irgendjemand muss diesen Dreckskerlen das Handwerk legen – diesen Mördern.«
83
    Bennett Sinclair stellte mir Wendy Hong zur Seite, eine junge Staatsanwältin aus seiner Abteilung, sowie April, Jills Sekretärin. Wir forderten Jills Fallakten der letzten acht Jahre an – und zwar vollständig!
    Es waren Berge von Papier, die in großen, an Wäschereiwa gen erinnernden Handkarren aus dem Archiv des Justizpalasts herbeigeschafft und in Jills Büro gestapelt wurden – regelrechte Türme aus dicken, gebundenen Akten.
    Und so legten wir los.
    Tagsüber leitete ich immer noch die Ermittlungen und versuchte Hardaway dingfest zu machen. Aber abends, und auch in jeder anderen freien Minute, die mir blieb, ging ich hinunter in die Staatsanwaltschaft, um mich durch den Aktenberg zu wühlen. Claire packte mit an, ebenso wie Cindy. Bis tief in die Nacht brannte in Jills Büro noch das Licht – das einzige im ganzen Justizpalast, wie es schien.
    Das war etwas Persönliches
. Der Satz ging uns nicht aus dem Kopf.
    Aber wir konnten nichts finden. Es sah aus, als hätten wir unsere Zeit – und die anderer – vergeudet. Wenn es in Jills Leben eine Verbindung zu August Spies gab, dann war sie nicht in ihren Akten zu finden. Aber wo sonst? Irgendwo musste es etwas geben.
    Schließlich packten wir auch die letzten Ordner wieder auf den Wagen, um sie ins Archiv zurückzuschicken.
    »Geh nach Hause und schlaf dich aus«, sagte Claire zu mir, die selbst völlig erschöpft aussah. Sie stand schwerfällig auf und zog ihren Regenmantel an. Dann legte sie mir die Hand auf die Schulter und tätschelte sie. »Wir finden schon noch einen anderen Weg, Lindsay. Ganz bestimmt.«
    Claire hatte Recht. Ich musste endlich einmal richtig ausschlafen, das brauchte ich jetzt dringender als alles andere – abgesehen von einem heißen Bad. Ich hatte so sehr auf diese Aktion gesetzt.
    Ich rief noch einmal kurz im Büro an, und dann – zum ersten Mal seit Ewigkeiten, wie es mir vorkam – packte ich meine Sachen, um nach Hause zu fahren. Ich stieg in den Explorer und fuhr über die Brannan in Richtung Potrero. An einer roten Ampel hielt ich an. Ich fühlte mich so leer.
    Die Ampel wurde grün. Aber ich fuhr nicht los. Tief in mir drin wusste ich, dass ich nicht nach Hause fahren würde.
    Dann gab ich Gas und bog nach rechts ab, um auf der Sixteenth in Richtung Buena Vista Park zu fahren. Es war nicht etwa so, als wäre mir urplötzlich eine geniale Idee gekommen. Ich hatte einfach nichts Besseres zu tun.
    Irgendeine Verbindung gab es da. Zumindest in dem einen Punkt war ich mir sicher.
    Ich parkte vor Jills Haus. Es wurde von einem einsamen Streifenbeamten bewacht. Um die Verandatreppe herum war Absperrband gespannt.
    Ich zeigte dem jungen Officer meine Marke. Um diese nächtliche Stunde war er gewiss froh um ein bisschen Ablenkung. Dann betrat ich Jills Haus.
84
    Sogleich beschlich mich ein ungutes Gefühl. Tat ich etwas Ungehöriges, wenn ich in diesem Haus herumschnüffelte, in dem ich so oft zu Gast gewesen war – jetzt, da Jill tot war? Ich sah ihre Sachen – einen Burberry-Regenschirm, Otis' Fressnapf, einen Stapel Tageszeitungen –, und fühlte mich mit einem Mal entsetzlich

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