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Der 50-50 Killer

Der 50-50 Killer

Titel: Der 50-50 Killer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steve Mosby
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Jodie begeistert davon. Er ließ sich am Gürtel ihrer Jeans und der Bedienungsknopf am Saum ihrer Jacke festklemmen. Die Kopfhörer hingen wie angegossen in ihren Ohren. Sie schaltete ihn an, hörte weit entfernt einen Piepston und wartete, bis die digitale Songliste aufgebaut war.
    Sechster Stock. Im Aufzug herrschte nicht gerade das beste
    Licht, um ihr Aussehen im Spiegel zu überprüfen, aber sie tat es trotzdem. Mit gemischtem Ergebnis. Manchmal hielt sie sich für hübsch, heute jedoch fand sie, dass sie gerade noch zufriedenstellend aussah. Dünnes, zum Pferdeschwanz zurückgebundenes dunkelbraunes Haar, aber eine Strähne hatte sich gelöst. Sie hielt das Haargummi im Mund, während sie das Haar zusammenfasste und wieder hochband. Danach betrachtete sie ihr Make-up, das immer bestenfalls minimal war.
    Zweiter Stock. Die Lampen an der Decke ließen ihre Haut gelb erscheinen. Während der Aufzug mit einem Knacken im Erdgeschoss hielt, zog sie ein paar Gesichter mit weit aufgerissenen Augen. Dann lächelte sie ihrem Spiegelbild zu. Nicht gerade freundschaftlich, aber doch so ähnlich.
    Du bist nicht so übel, hast eben einfach nur ein paar menschliche Schwächen.
    Mit einem Ping öffneten sich die Türen auf einem hinteren Flur in der Nähe der Eingangshalle. Als sie hinaustrat, spürte sie in ihrer Handtasche etwas vibrieren und blieb zwischen Heizkörper und Feuerlöscher stehen, um ihr Mobiltelefon herauszuholen.
    Schnell, schnell, schnell.
    Auf dem Display stand 1 Nachricht erhalten, und sie klickte auf Grün, bis sie angezeigt wurde. Es war eine Nachricht von Scott. Sie hatte schon den ganzen Vormittag darauf gewartet, doch anstatt sie zu lesen, klickte sie sie mit dem roten Knopf weg und ging auf Nachricht verfassen. Mit ihrem Handy konnte man den Text während des Schreibens speichern, und sie hatte bereits eine Nachricht für ihn aufgesetzt. Ganz allgemein gehalten: »Wie geht’s, hoffe, dass du gut durch den Tag kommst, ich liebe dich« – und so weiter. Der Text erschien jetzt auf dem Display, sie drückte auf Senden und malte sich aus, wie Scott sie zu Hause empfing und sich vorstellte, dass sich ihre Nachrichten gekreuzt hatten. Sie klickte noch einmal und las seine Nachricht. Es war so ziemlich das Gleiche, was er jeden Tag schrieb, und mehr oder weniger identisch mit dem, was sie ihm geschrieben hatte. Sie lächelte über die vielen Küsse am Ende und war ein bisschen traurig, dann schaltete sie ihr Handy ab und steckte es wieder in die Handtasche.
    An einem normalen Tag hätte sie ihm vielleicht sofort noch mal geschrieben, so eine von ihren Nachrichten mit dem Inhalt: »So ein Zufall, dass wir genau zur selben Zeit geschrieben haben, große Geister denken eben simultan.« Doch sie brachte es nicht über sich, das zu tun. Das bisschen trickreich gefälschte Magie schien ihr heute noch mehr ein Betrug als sonst.
    So drückte sie lieber Play auf der Fernbedienung und ging auf die Eingangshalle zu.
     
    Als Jodie auf die belebte Straße hinaustrat, dröhnte die Musik so laut in ihren Ohren, dass ein paar Leute sie anstarrten und sich offensichtlich fragten, was in aller Welt sie ihrem Gehör antat. Sie beachtete sie nicht, schaute wegen des Wetters ärgerlich nach oben und zog ihre Kapuze hoch, bog dann links ab und nahm den vertrauten Weg von der Stadtmitte aus in Richtung der Vororte. Alles wie immer.
    Das Wetter in dieser Mittagspause war miserabel. Der ganze Himmel sah aus wie eine riesige Rauchwolke über einer Fabrik, alles grau in grau, so dass nicht einmal Wolken zu erkennen waren. Als sie das Zentrum verließ, bogen sich die Bäume verdrossen und schüttelten sich im Regen. Die Leute auf den Straßen hetzten an ihr vorbei, die Schultern hochgezogen und die Gesichter schmerzlich verzerrt. Alle bewegten sich etwas schneller, als sie es an einem sonnigen Tag getan hätten. Ein ekliger Tag, sehen wir zu, dass wir ihn rumkriegen.
    Für Jodie waren die meisten Tage mies, die sie in diesem Büro festsaß, und das war ein weiterer Grund für ihr Mittagspausen-Ritual. Im Lauf der Jahre hatte sie gelernt, dass Musik die beste Möglichkeit bot, sich von allem abzuschotten und einen eigenen kleinen Bereich um sich herum zu schaffen. Wenn man nur die Lautstärke hoch genug drehte, brauchte man an nichts zu denken, außer an den Song in ihren Ohren. Die enttäuschende wirkliche Welt um einen herum versank. Der Regen spielte keine Rolle mehr, der beschissene Vormittag bei der noch beschisseneren Arbeit

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