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Der 50-50 Killer

Der 50-50 Killer

Titel: Der 50-50 Killer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steve Mosby
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so häufig. Die Erfahrung der meisten Menschen ist dabei auf Filme oder Nachrichtensendungen beschränkt, direkt nebenan kommt so etwas meistens nicht vor.
    Simpsons Tod hatte seinen Nachbarn auf krasse und schockierende Weise gezeigt, dass so etwas auch in der wirklichen Welt geschah, und sie damit auch an ihre eigene Verwundbarkeit erinnert. Einen Grund zu finden, warum es gerade ihn getroffen hatte, würde ihnen helfen, sich von dem Schreck zu distanzieren, deshalb versuchten sie ihr Bestes, an alle Möglichkeiten zu denken. Und trotzdem konnte sich niemand vorstellen, warum jemand ihm dies antun sollte. Oberflächlich gesehen, hätte sein Tod leicht auch sie treffen können. Das war eine unangenehme Vorstellung, und ich wünschte, ich hätte ihnen zuverlässig versichern können, dass es nicht so war.
    Wir sprachen mit den Bewohnern aller Häuser der ganzen Straße, nur in zweien war niemand zu Haus, und wir hinterließen dort eine Nachricht und merkten sie für einen späteren Versuch vor. Doch keiner von denen, die wir befragten, konnte sich an irgendwelche Auseinandersetzungen in der Vergangenheit erinnern: keine Streitigkeiten, keine Konflikte, kein öffentlicher Krach. Simpson hatte den Eindruck gemacht, ein netter Kerl zu sein, sagten sie. Keiner wusste, ob er mit jemandem liiert war. Gelegentlich hatten sie verschiedene Mädchen gesehen, aber nicht in den letzten Tagen. Die ganze Zeit über schienen sie verzweifelt bemüht, noch mehr dazu sagen zu können, und ich gab mir alle Mühe, nicht so auszusehen, als sei ich verzweifelt darauf aus, es zu hören.
    Doch es gab nicht nur schlechte Neuigkeiten. Am Schluss hatten wir zwei verschiedene Zeugen, die sich erinnerten, am Tag zuvor einen weißen Lieferwagen auf der Straße gesehen zu haben. Der erste Zeuge berichtete, das Fahrzeug hätte kurz nach zwölf Uhr mittags weiter vorn in der Straße gestanden. Der zweite sagte, er hätte den Wagen gegen acht Uhr abends gesehen, als der Mörder vor Simpsons Haus gewesen sein musste. Keiner der Zeugen hatte den Fahrer kommen oder wegfahren sehen, und wir hatten weder Angaben zum Nummernschild oder zum Fabrikat noch zu irgendwelchen besonderen Kennzeichen, an die sich jemand erinnern konnte. Aber es war immerhin etwas.
    Und in Nummer fünfzehn, direkt gegenüber von Kevin Simpsons Haus, erfuhren wir noch mehr. Die Frau, die dort wohnte, Yvonne Gregory, hatte eine kurze, aber präzise Aussage gemacht. Yvonne, eine Rentnerin, war gestern Nachmittag zu Hause gewesen und hatte ferngesehen. In einer Werbepause, ungefähr um viertel vor fünf, war sie in die Küche gegangen, um sich Tee zu machen. Durch das Fenster dort konnte sie Simpsons Haus genau sehen. Und ich konnte dies bestätigen, denn ich ging hinein, um es von beiden Seiten der Spüle zu überprüfen.
    »Sie kam aus dem Haus.« Yvonne zeigte über die Straße. »Ich erinnere mich, dass sie sich umgedreht und ihm am Ende des Weges kurz zugewinkt hat.«
    »Wie hat sie ausgesehen?«, fragte ich.
    »Oh, sie hatte langes braunes Haar, bis hier.« Yvonne zeigte mit der flachen Hand Schulterlänge an. »Sie hatte einen Regenmantel an und eine Handtasche, glaube ich. Und Kopfhörer.«
    »Wie alt war sie?«
    »Ziemlich jung, glaube ich. Vielleicht in Ihrem Alter.« Ich merkte, dass sie scherzte, und lächelte.
    »Haben Sie sie früher schon einmal gesehen?«
    »Nein, nein.«
    »Können Sie sich noch an irgendetwas anderes erinnern?« Yvonne dachte einen Moment nach.
    »Sie wirkte etwas durcheinander, fand ich. Na ja, nicht direkt durcheinander. Mehr so, als würde ihr etwas zu schaffen machen, wissen Sie, was ich meine? Sie sah besorgt aus.«
    Tun das nicht alle?, dachte ich.
    So hatten wir also eine einfache Beschreibung eines Fahrzeugs und auch die eines Mädchens, das wahrscheinlich in Kevin Simpsons Haus gewesen war, kurz bevor er überfallen wurde. Beides würde keine drastische Auswirkung auf die Ermittlungen haben, aber trotzdem freute ich mich, und als ich zur Abteilung zurückfuhr, um die Aussagen zu den Akten hinzuzufügen und an der Besprechung teilzunehmen, hatte ich ein viel positiveres Gefühl. Selbst die Irritation wegen Mercers übertrieben genauen Anweisungen hatte sich ein bisschen gelegt. Offensichtlich würde ich nicht gleich ins Team eingegliedert werden, ich musste mich erst beweisen, und die Befragungen an diesem Vormittag waren ein erster Schritt in die richtige Richtung.
    Doch es zeigte sich, dass mein Bericht noch eine Weile würde warten müssen.

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