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Der 50-50 Killer

Der 50-50 Killer

Titel: Der 50-50 Killer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steve Mosby
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arbeiten. Sein Beruf sollte eine Tätigkeit sein, die er am Ende jedes Arbeitstages hinter sich einschloss und zurückließ. Und er würde sie in regelmäßigen Abständen anrufen. Das musste er ihr versprechen.
    Soweit sie es beurteilen konnte, hatte er sich daran gehalten, und in den letzten zwei Monaten schien es ihm besserzugehen. Erst etwa seit letzter Woche war sie wieder unruhig geworden. Die Sorgen waren zurückgekehrt.
    Und jetzt kamen diese vier kurzen Worte: Ich muss länger arbeiten.
    »Ist denn sonst niemand da, der für dich einspringen kann?«, wiederholte sie. »Du klingst müde.«
    »Mir geht’s gut.«
    Sie wickelte abermals das Kabel um den Finger.
    »Gut, also, ich lege dann auf, ja?«
    »Tut mir leid, aber darum geht es nicht.« Seine Stimme klang, als käme sie von weit her. Sie sah ihn vor sich, wie er mit leicht zusammengekniffenen Augen konzentriert auf den Bildschirm starrte, während er mit ihr sprach. »Ich bin nur … wir haben hier nur viel zu tun, das ist alles.«
    Sie hätte ihn am liebsten angeschrien: Komm nach Hause.
    Stattdessen holte sie tief Luft und ließ ihn das auch hören.
    »Okay, John. Ich lege jetzt auf. Ich liebe dich.«
    »Ich dich auch.«
    Doch seiner Stimme war nicht anzumerken, dass hinter diesen Worten ein Gedanke stand, und schon gar nicht, dass er sie mit einem Gefühl verband. Sie gehörten lediglich ans Ende ihrer Gespräche, so wie ein Satz immer einen Punkt braucht.
    Es ist nicht fair, so zu denken. Er liebt dich doch wirklich.
    Er ist nur zerstreut.
    Früher wäre das alles in Ordnung gewesen. Aber nein, es war ja immer noch okay. Es war eine Überreaktion ihrerseits, sie war nur nicht auf die Panik vorbereitet gewesen, die über sie gekommen war. Eileen legte den Hörer auf, stand heftig atmend da und brachte alles wieder unter Kontrolle.
    Schließlich hatte sie Besuch.
     
    Detective Geoff Hunter war noch im Wohnzimmer, wo sie ihn zurückgelassen hatte, aber in ihrer Abwesenheit war er aufgestanden und hatte sich erlaubt, sich umzusehen. Er war ein großer Mann mit hängenden Schultern, der gern mit den Händen tief in den Taschen dastand, das Kinn nach unten gesenkt, und auf die Menschen hinuntersah, als wären sie kleine, ungezogene Kinder. Bei dieser Haltung rutschte sein Hosensaum ein wenig hoch und ließ ein paar Zentimeter seiner schwarzen Socken über den glänzenden Schuhen sehen. Als Eileen wieder ins Zimmer trat, empfand sie neuerliche Verachtung für ihn.
    »Nett von Ihnen«, heuchelte sie, »dass Sie selbst hergekommen sind.«
    Hunter antwortete nicht. Er war mit einem Foto auf dem Kaminsims beschäftigt, auf dem sie und John auf ihrer Hochzeit zu sehen waren. Der Fotograf hatte sie, auf dem Vordersitz eines Autos zusammengekauert, zwischen den Sitzen hindurch fotografiert. Sie neigten sich in der Mitte des Bildes lächelnd und glücklich einander zu.
    Hunter hätte leicht einen seiner Mitarbeiter schicken können, um sie zu befragen, und hätte er das getan, wäre all dies schon längst erledigt, doch sie vermutete, dass er diese Gelegenheit um nichts in der Welt hatte verpassen wollen. Dieses Zimmer voll privater, persönlicher Dinge gab ihm quasi die Möglichkeit, auf das Tagebuch eines Rivalen zuzugreifen.
    Er stand jetzt ziemlich unverschämt da, blätterte darin und suchte nach Anzeichen von Schwäche.
    »Das gehört zum Beruf«, sagte er geistesabwesend.
    »Na ja, Sie müssen ja viel zu tun haben.«
    »Wir kümmern uns immer um unsere Leute.«
    Eileen unterdrückte den heftigen Ärger, den sie empfand, als er sie damit praktisch auf Johns Eigentum reduzierte. Sie hätte ihm gern gesagt, dass ihr Mann ganz und gar nicht zu ihnen gehörte. Sein Leben spielte sich hier ab, bei ihr, er rannte nicht mit irgendeiner Clique herum.
    Sie sagte: »Ich weiß.«
    Endlich hörte er auf, das Foto zu betrachten, und wandte sich ihr zu.
    »War das John?«
    »Ja.«
    »Haben Sie ihm gesagt, dass ich hier bin?«
    »Nein. Eigentlich hat es ja nichts mit ihm zu tun, oder?«
    Hunter neigte den Kopf; er war sich da nicht so sicher, sagte aber nichts dazu.
    »Wie geht es ihm? John, meine ich. Wir arbeiten zusammen, aber ich habe ihn nicht sehr oft gesehen, seit er zurück ist.« Eileen spürte, wie sie sich anspannte.
    »Es geht ihm gut.«
    Hunter sah auf seine Uhr.
    »Ich dachte, er bleibt gewöhnlich nicht mehr so lange weg?«
    »Manchmal schon.«
    Das waren jetzt mehrere Lügen in weniger als einer Minute.
    Hunter war etwa so alt wie ihr Mann, und sie wusste,

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