Der 50-50 Killer
hatte sich die Zeit, die er mit
Training verbrachte, als sinnlos erwiesen, als es wirklich darauf ankam. Wäre er in der Lage gewesen, sich selbst zu verteidigen, dann wäre alles ganz anders gelaufen. Doch sein Versagen gab ihm das Gefühl, dass er sie beide zu dem verdammt hatte, was danach kam.
Dies war die Art von Selbstvorwürfen, von denen ich ihn im Moment fernhalten wollte.
»Ich trainiere auch ein bisschen mit Gewichten«, sagte ich.
»Sie wissen ja, wie man sich nach einem intensiven Training fühlt – man kann kaum die Arme heben. Der Mann, der Sie so behandelt hat, hat so etwas schon früher getan, er ist schlau. Er hat gewartet, bis Sie erschöpft und weniger gut in der Lage waren, sich zu verteidigen, und er hat Sie verwirrt, so dass Sie nicht die Oberhand bekamen. Es wäre jedem anderen genauso gegangen.«
Aber er schüttelte immer wieder den Kopf.
Das ist alles zu viel für ihn, dachte ich. Mach weiter.
»Reden wir über den Mann mit der Teufelsmaske.«
Ich nahm die Akte wieder auf, hauptsächlich, damit meine Hände etwas zu tun hatten.
»Ich weiß, es ist schwierig«, sagte ich, »aber ich möchte, dass Sie ihn im Geist von allem anderen trennen. Ich will nicht wissen, was er gemacht hat, sondern ich bin an allem interessiert, was Sie mir über ihn selbst sagen können. Stellen Sie sich ihn einfach vor, als stünde er auf einer Straße. Was sehen Sie, was trägt er?«
Der frustrierte Ausdruck blieb weiter auf Scotts Gesicht, aber er schien sich ein wenig zu entspannen. Er dachte sorgfältig über die Frage nach.
»Ich bin nicht sicher, was seine Kleidung betrifft«, sagte er.
»Er hatte Turnschuhe an. Sie waren weiß, abgenutzt. An den Schnürsenkellöchern waren sie blau, glaube ich. Auf jeden
Fall dunkel. Der Rest seiner Sachen war schwarz, glaube ich, als ob er einen Monteuranzug anhatte.«
Er sprach leise, und sein Gesichtsausdruck wurde ruhiger.
Ich begriff, dass es eine Nacht mit solchen Hochs und Tiefs werden würde. Jedes Mal, wenn er zurückschreckte, würde ich ein wenig nachgeben müssen.
Nachdem wir über seine Kleidung gesprochen hatten, gingen wir zu einer allgemeinen Beschreibung des Mannes über. Als Scott die früheren Aussagen bestätigt hatte, die wir über den Mörder hatten, kurzes braunes Haar, groß, kräftig gebaut, schien er sich genug beruhigt zu haben, dass wir mit etwas Speziellerem fortfahren konnten.
»Wissen Sie noch, wie Sie in den Wald gekommen sind?«, fragte ich.
»Wir waren in einem Lieferwagen.«
»Sie und Jodie?«
Er nickte.
»Sie war gefesselt und lag schon hinten drin. Es war so schrecklich. Ich glaube, wir haben unterwegs angehalten, vielleicht einoder zweimal, ich weiß es nicht mehr.«
»Was ist dann passiert?«
»Da war etwas, aber … ich glaube, er ist ausgestiegen, aber ich bin nicht sicher.«
Er runzelte die Stirn und schien wieder zornig auf sich selbst zu sein.
Wieder: Mach weiter.
»Okay. Dann hat er Sie in den Wald gebracht?«
»Als wir alle ausgestiegen sind, hat er mir eine Tüte über den Kopf gestülpt. Ich konnte nichts dagegen tun.«
Ich nickte. Wo immer das Gespräch hinführte, kamen in der einen oder der anderen Form wieder seine Schuldgefühle zum Vorschein. Er schwankte zwischen ›Ich hätte dies und jenes tun sollen‹ und der Entschuldigung ›Ich konnte doch nichts tun‹ hin und her.
Ich beschloss, einen Zeitsprung nach vorn zu machen. »Sie hatten also auf dem Weg in den Wald hinein eine Tüte über dem Kopf, aber wie war es mit dem Weg aus dem Wald heraus? Können Sie sich daran erinnern?«
Sofort schüttelte er den Kopf.
»Können Sie sich erinnern, wie lange Sie gerannt sind, bevor Sie die Straße erreicht haben?«
»Nein. Eine Weile.«
»Etwa ein paar Minuten oder eher eine Stunde?«
»Ich weiß es nicht mehr. Eher eine Stunde.«
Ich warf einen Blick auf den Pulsmonitor am Bett. Seine Herzfrequenz stieg an. Es war an der Zeit, ein wenig zurückzustecken.
»Macht nichts«, sagte ich. »Erinnern Sie sich, ob der Mann zu dem Zeitpunkt da war? Hat er Sie verfolgt?«
»Verfolgt …?« Scott runzelte die Stirn. »Nein.«
Ich sah, dass die Frage ihn innerlich beschäftigte. Offensichtlich zog sie andere Fragen nach sich. Wenn er nicht verfolgt wurde, wieso nicht? Wie war es ihm gelungen, zu fliehen? Gleich danach warnte ihn sein Unterbewusstsein, Abstand zu halten und diesen Bereich nicht zu sehr zu belasten.
»Tut mir leid.« Er schüttelte entschieden den Kopf. »Alles im Wald sind nur …
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