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Der 50-50 Killer

Der 50-50 Killer

Titel: Der 50-50 Killer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steve Mosby
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kurze Bruchstücke. Dunkel und kalt. Schnee. Ich bin fast die ganze Zeit gerannt. Alles ist unklar, bis ich die Straße erreicht habe.«
    »Okay.«
    »Ich weiß noch, dass ich Selbstgespräche gehalten habe. Im Wald, bevor ich zur Straße kam. Ich hab mir immer wieder gesagt, dass alles gut werden würde.«
    »Das ist verständlich«, meinte ich. »In so einer Situation kann das Unterbewusstsein manchmal in den Vordergrund treten. Es hilft einem, durchzuhalten …«
    Und da passierte es. Etwas – entweder eine Erinnerung oder ein Bruchstück meines Traums erschien in meinem Kopf. Wie eine Stimme in meinem Kopf, die klarer und deutlicher war als meine Gedanken.
    Schwimm, sagte sie. Schwimm mit aller Kraft.
    Ich schüttelte den Kopf.
    »Das ist alles, woran ich mich erinnere«, sagte Scott. »Es ist so, wie Sie gerade gesagt haben, als ob ein anderer die Sache in die Hand genommen und mir gesagt hätte, ich sollte in den Hintergrund treten. Ich weiß nicht, wo ich war oder was ich getan habe.«
    »Machen Sie sich keine Sorgen.« Ich beugte mich vor und schüttelte abermals den Kopf. Die Stimme war nicht mehr da, aber ich hatte das Gefühl, dass sich da drin etwas bewegte. »Wenn Sie sich nicht daran erinnern können … dann lassen wir das mal.«
    Nimm dich zusammen. Doch so leicht war das nicht. Mein Herz schlug zu schnell. Die Stimme hatte eine plötzliche Panik ausgelöst. Plötzlich konnte ich nicht mehr richtig denken.
    Scott und ich starrten einander an. Er wartete darauf, dass ich etwas tat.
    »Okay«, sagte ich. »Gut. Sprechen wir einen Moment über Jodie. Wie würden Sie sie beschreiben? Was für ein Mensch ist sie?«
    Er setzte zu einer Antwort an, hielt aber dann inne. Sein Gesicht verlor einen Moment jeden Ausdruck, und ich begriff, dass ich einen Fehler gemacht hatte. Zu schnell vorgegangen. Bevor ich die Möglichkeit hatte, mich von dem Thema wieder zu entfernen, verzog er das Gesicht und fing an zu weinen.
    Ich saß einen Augenblick lang nur da und dachte: Du verdammter Idiot, immer wieder.
    »Ist schon gut«, sagte ich.
    Doch es war nicht gut. Es war vielleicht keine direkte Frage zu der Folter selbst gewesen, aber das war auch gar nicht nötig. Die Tatsache, dass er hier war, hieß, dass er sehr wahrscheinlich Jodie im Wald zurückgelassen hatte. Er mochte sich nicht daran erinnern, aber wenn er intensiv an sie dachte, brachte das trotzdem diese unbewussten Gefühle herauf, schwach gewesen zu sein, sie verraten zu haben und schuldig zu sein. Wie war sie? Seine Gefühle für sie führten geradewegs zum Kern dieser Nacht. Sein bewusstes Denken wäre wahrscheinlich lieber über glühende Kohlen gelaufen, als daran zu denken, und wäre mein Verstand voll im Raum anwesend gewesen, wo er hingehörte, dann wäre mir das klar gewesen.
    »Ist schon gut«, wiederholte ich.
    Aber der Rollladen war runtergegangen. Er weinte leise vor sich hin. Ich seufzte innerlich, weil ich mich so über mich selbst ärgerte. Was war nur los mit mir? Aber vielleicht war es besser so. Vielleicht war es für uns beide an der Zeit, eine Pause zu machen.
    Er hörte nicht hin, aber als ich aufstand, wiederholte ich noch einmal die gleiche Lüge, mit der ich das Gespräch begonnen hatte. Die Verzweiflung in mir schien die Gewissheit zu verdrängen, die ich hatte vermitteln wollen.
    Ich sagte: »Wir werden sie finden.«
     
     
    4. Dezember
5 Stunden 5 Minuten bis Tagesanbruch
2:15 Uhr
     
     
    Eileen
    Eileen saß oben in Johns Arbeitszimmer, in den bequemen Ledersessel zurückgelehnt, auf dem er an den meisten Abenden mindestens eine Stunde verbrachte. Da er nicht hier sein konnte, schien es schade, ihn nicht zu nutzen. Als John noch früh aufstehen musste, hatte sie sich im Bett oft auf seine Seite gerollt und dort weitergeschlafen, um sich ihm in seiner Abwesenheit näher zu fühlen. Das hier war so ziemlich das Gleiche, obwohl sie andere Gefühle hatte.
    Hier im Arbeitszimmer erledigte ihr Mann den größten Teil der Arbeit, die er zu Hause machte. Zwei Bücherregale an der Wand standen einem Schreibtisch gegenüber, wo er seinen Computer hatte. Die Wand dahinter war mit gerahmten Zeugnissen, Zeitungsartikeln und Fotos bedeckt, die aus der ganzen Zeit seiner Karriere stammten. Das Zimmer wurde von einer Stehlampe erleuchtet, deren Licht blass und weich war.
    Die Vorhänge ihr gegenüber waren zurückgezogen, und ihr Spiegelbild schien sie von jenseits des Fensters anzustarren, eine matte, fast geisterhaft verwischte Gestalt, die

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