Der 7. Rabe (German Edition)
du verdammter Narr! Wer einem Fuchs ausweichen kann, kann sich auch verwandeln! Bei so viel Dummheit hatte er es eigentlich gar nicht verdient gehabt, von irgendjemandem gerettet zu werden!
Er konzentrierte sich. Es kostete ihn Kraft, von der er nicht zu hoffen gewagt hätte, sie noch irgendwo zusammenkratzen zu können, dennoch gelang es ihm. Unter schmerzlichem Krächzen, das sich grausam langsam zu einem Wimmern wandelte, schaffte Raj es, seine menschliche Gestalt anzunehmen. Jetzt war er immer noch zu klein und durch seinen sinnlos herabhängenden rechten Arm auch stark eingeschränkt, doch Farouche hatte glücklicherweise nicht darauf geachtet, ob Raj Links- oder Rechtshänder war …
Mit seiner geschickteren Hand mühte er sich, Farres umzudrehen. Der Mann war unterkühlt, ein Problem, das sich effektiver bekämpfen ließe, wenn der sich verwandeln würde. Das würde wohl nicht in nächster Zeit geschehen. Ihm die Kleidung überzustreifen überstieg Rajs Kräfte. Tiefer ins Unterholz schleppen konnte er ihn auch nicht. Ächzend rollte er Farres noch einmal herum, wodurch der wenigstens in etwas höherem Gras zu liegen kam. Raj warf die Kleidung, die verstreut herumlag, über die reglose Gestalt. Er schwitzte und zitterte vor Überanstrengung, als er zu dem Gestrüpp taumelte, wo noch die Mäntel lagen.
Mit letzter Kraft und vor Schmerz an zu vielen Stellen schluchzend schaffte Raj es, sich mit all seiner geringen Körperlänge über den Wolf zu legen und die Mäntel über sie zu drapieren, Farres’ zuoberst. In der Hoffnung, dass sie durch dessen Muster einigermaßen getarnt waren, ergab er sich schließlich der Ohnmacht.
9.
Es war dunkel, als Farres die Augen aufschlug. Das erste, was er erblickte, waren zwei große Raben, die ihn interessiert zu mustern schienen. Für einen Moment durchfuhr ihn heißer Schreck – sie waren entdeckt! Aber dann wurde ihm klar, dass es gewöhnliche Raben waren, keine Gestaltwandler. Hatten die beiden sich vielleicht Hoffnung auf ein großes Stück totes Fleisch gemacht?
„Zu früh gefreut“, brummte er. Ein wenig unheimlich war es schon, wie die Viecher ihn anstarrten. Sie schienen überhaupt keine Angst vor ihm zu haben, obwohl sie doch wittern mussten, wer und was er war!
Vielleicht hat sie der Gestank meines Fußes angelockt?
Mit einem spöttisch klingenden Krächzen flatterten die Raben davon. Sehr gemächlich, gerade so, als würden sie sich von einem Bekannten verabschieden und nun ihres Weges ziehen.
Verrückt!
Farres war hungrig und seine Blase drückte. Langsam sollte er wohl aufstehen …
Das war der Moment, in dem ihm bewusst wurde, dass jemand auf ihm lag. Ein menschlicher Jemand. Diesmal war es Freude, die ihn durchzuckte, denn Raj musste es deutlich besser gehen, wenn er fähig gewesen war, sich zu verwandeln und zugleich um ihn zu kümmern. Er selbst hatte sich jedenfalls nicht mit den Mänteln zugedeckt. Warum war Raj nicht weggelaufen?
Behutsam drehte er sich und ließ den kleineren Mann dabei seitlich von sich herabgleiten. Noch ein wenig zittrig setzte Farres sich auf und betrachtete den ruhig schlafenden Raben.
Raj war genauso nackt wie er selbst. Unwillkürlich musste Farres daran denken, wie gut es sich angefühlt hatte, ihn zu nehmen. Während des Aktes selbst hatte das Entsetzen überwogen, einem lebenden Wesen, ob nun Feind oder nicht, so viel Gewalt antun zu müssen. Auch wenn Raj es ohne Gegenwehr hatte geschehen lassen, freiwillig war es nicht gewesen …
Trotzdem hatte es ihn erregt, den kleinen schmalen Körper im Arm zu halten, über die unvorstellbar glatte, weiche Haut zu streicheln, Rajs Witterung in sich aufzunehmen und von heißer, samtiger Enge umfangen zu sein …
Hör auf, so etwas solltest du nicht einmal denken!
Das Mal, das sein Biss zurückgelassen hatte, war noch immer sichtbar. Raj war sein Eigentum, nicht einmal dessen Familie würde ihn verurteilen können, wenn er sich frei nach Belieben an dem Kleinen verging. Doch das wollte er nicht. Nicht mit Gewalt.
Farres riss sich mit einem Ruck zusammen. Dieser Mann war schwer von den vergangenen Tagen gezeichnet. Er sollte zusehen, dass er endlich Rajs Wunden versorgte und ihn dazu brachte, so viel wie möglich zu essen, damit er zu Kräften kam. Und dann, ja, dann wurde es Zeit, dem Kleinen mitzuteilen, warum sie überhaupt hier draußen waren.
Seine scharfen Sinne warnten ihn rechtzeitig vor dem Schwarm Rabenwandler. Farres gelang es, Raj und sich selbst
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