Der 7. Rabe (German Edition)
niederließ. Randyn atmete auf. Nach seiner Begegnung mit den Schlangenwandlern war der Wolf unermüdlich gelaufen und er hatte bereits geglaubt, dass der nie wieder anhalten wollte. Jetzt hatten sie alle eine Rast nötigt. Die Flugmuskeln schmerzten und das angestrengte Spähen, um in dem verfluchten Nebel etwas erkennen zu können, ermüdete zusätzlich. Rayskel verwandelte sich und streckte seine verspannten Muskeln.
„Ich frage mich, wohin Raj und Farres wollen. Und ob wir sie irgendwann einholen.“
„Die Hohe Akademie“, sagte Rynalph. „Wir bewegen uns auf die Hohe Akademie zu.“
„Aber da kam Raj gerade her. Warum will er dorthin zurück? Noch dazu mit Farouches Bruder?“
„Vielleicht hat unser kleiner Schlaukopf eine Idee, wie der Krieg beendet werden kann. Randyn, was glaubst du?“
„Das würde erklären, weshalb er sich mit Farres einlässt“, sagte er bitter. Rynalph lachte auf.
„Du ziehst ein Gesicht so finster wie Sturmwolken. Bist du auf einen Wolf eifersüchtig?“
„Natürlich nicht.“
„Da wäre ich mir nicht so sicher“, mischte sich Risser ein. „Du und Raj, ihr steht einander sehr nahe. Und auf einmal rennt der mit dem Feind davon. Einem ziemlich attraktiven Feind …“
„Was willst du damit sagen?“, fuhr Randyn auf und packte Risser am Kragen. Im Nu waren Rynalph und Rayskel heran und hielten ihn sanft, aber nachdrücklich fest.
„Seid nicht derartig laut“, mahnte Rynalph. „Denkt an die scharfen Ohren eines Wolfes.“
Risser ignorierte seinen Bruder und fuhr an Randyn gewandt fort:
„Ich will damit sagen, dass Raj längst hätte fliehen können, wenn er es gewollt hätte. Seitdem sie die Canisfeste verlassen haben …“
„Er ist verletzt. Raj kann nicht mehr fliegen. Verdammt, Risser! Du hast ihn selbst gesehen“, zischte er und machte sich mit einem Ruck von den anderen Älteren los. Er war wütend, er war besorgt und gerade eben hasste er Risser, weil der wahrscheinlich Recht hatte. Aufgebracht trat er nach einem Grasbüschel. Fünf Jahre hatte er auf Raj gewartet und sich auf seine Rückkehr gefreut. Und dann entführte dieser dämliche Wolf seinen Kleinen und genoss nun an seiner Stelle Rajs Gesellschaft.
„Raj liebt dich immer noch“, sagte Rayskel und legte ihm tröstend einen Arm um die Schulter. „Aber unser Küken scheint in den letzten Jahren flügge geworden zu sein. Er trifft jetzt offenbar seine eigenen Entscheidungen. Und wenn er glaubt, dass er nun bei diesem Farres sein muss, um einen Plan zu verfolgen … oder aus anderen Gründen, dann müssen wir das akzeptieren.“
Randyn starrte auf seine Füße. Er wollte doch nur mit Raj herumalbern, lachen und an die zahlreichen Streiche anknüpfen, die sie damals ihren älteren Brüdern gespielt hatten.
„Randyn?“
„Ja, ist gut“, brummte er und trat ein weiteres Mal gegen das Grasbüschel. „Ich bin eifersüchtig auf Farres. Seid ihr endlich zufrieden?“
„Ich sehe nach, was der Wolf treibt.“ Rynalph verwandelte sich und schraubte sich in die Luft. Randyn verfolgte seinen Flug mit den Blicken, bis Rynalph aufgeregt zu krächzen begann.
„Der Wolf ist verschwunden“, rief Randyn erschrocken.
Gleich darauf stiegen drei weitere Raben in den Himmel.
~*~
Ein schmerzerfülltes Fiepen brachte den Ausschlag. Raj hörte auf, wie wild zu zappeln und konzentrierte sich. Noch während der Verwandlung drehte er sich auf den Bauch und kroch aus dem Tümpel. So, wie er war – triefend nass, unbewaffnet und voller Wut auf diese Kreatur, die SEINEN Wolf anzugreifen wagte – warf er sich gegen den Feind. Das Biest hatte eine Schulterhöhe von rund einem Schritt und war vermutlich schwerer als er selbst, sogar in menschlicher Gestalt. Dennoch zeigte Rajs Attacke Wirkung: Der Wolf rutschte ein Stück weg, sein Biss lockerte sich. Das genügte für Farres, um den Angreifer von sich zu schleudern. Wild knurrend umkreisten sie einander, lauerten auf den geeigneten Moment. Raj hatte derweil einen dicken Ast gefunden, pirschte sich zügig heran und schlug mit aller Kraft auf den Kopf des fremden Wolfes ein. Der sackte winselnd zusammen. Farres sprang ihn an, wollte sich in seiner Kehle verbeißen. Doch sein Gegner schaffte es, sich zu drehen und entwischte ihm. Bevor sie sich erneut belauern konnten, ertönte lautes Krächzen und Drohgeklapper.
Raj jubelte – seine Brüder! Der feindliche Wolf floh vor der Übermacht. Während Farres zur Verfolgung ansetzte, warf Raj sich in Randyns
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