Der 8. Tag
Beatty, nachdem er Tim ein paar Augenblicke mit unverhohlener Geringschätzung gemustert hatte. In seiner Stimme lag ein giftiger, trockener Ton, dass Tim sich wunderte, was der Kerl in Los Angeles anstatt in Philadelphia oder Boston zu suchen hatte. »Wenn es nach mir ginge, ständen Sie in einer halben Stunde vor Gericht und hätten sich danach vor ihrem Sektionschef zu verantworten.«
Jack Fischl zog hinter Beattys Kopf eine Grimasse, die Tim bedeuten sollte einfach ruhig stehen zu bleiben und den Dingen ihren Lauf zu lassen.
»Ich weiß nicht, was für Sitten heutzutage beim FBI herrschen, dass betrunkene Mitarbeiter in ihre Wagen steigen und falsch herum durch Einbahnstraßen fahren, doch ich bezweifle, dass es gut für Ihre Karriere ist, die mir persönlich allerdings scheißegal ist.«
Tim senkte den Blick auf den Boden. Der Eindruck, der bei Beatty ankam, war der von Zerknirschung und Reue, obgleich der wahre Grund war, nicht in ein breites Grinsen über Fischls schmerzhaft gelangweiltes Gesicht auszubrechen, das keinen Zweifel daran ließ, dass er sich diese Predigt schon eine Zeit lang hatte anhören müssen.
»Glücklicherweise haben Sie keinen ernsthaften Unfall verursacht und Gott alleine weiß, warum. Verdient haben Sie es jedenfalls nicht. Nun, eingedenk dieser Tatsache und der Fürsprache durch den Lieutenant hier, will ich die Sache nicht weiter verfolgen. Ihre Verhaftung bleibt in den Berichten dieses Reviers verzeichnet, doch wird sie in diesem Fall nicht weitergeleitet.«
Tim hob seinen Kopf um Beatty anzuschauen. Es bestand keine Gefahr mehr, dass er grinste, und der stumme Dank, der jetzt in seinem Gesicht stand, kam aus tiefster Seele.
Beatty beugte sich vor. »Aber wenn Sie mir noch einmal in die Quere kommen, dann kriegt Sie noch nicht einmal der Generalbundesanwalt, wenn er hier persönlich mit einem Schreiben des Präsidenten auftaucht, vom Haken. Habe ich mich verständlich gemacht?«
»Ja, Sir, absolut.« Tim räusperte sich. Es waren seine ersten Worte seit vielen Stunden und er bemerkte, dass seine Stimme belegt und fast unhörbar war.
Beatty schaute ihn noch einen Moment an, beschäftigte sich dann mit den Papieren auf seinem Schreibtisch. »Schaffen Sie ihn hier raus«, sagte er dann.
Jack Fischl, der nur zu froh war wegzukommen, machte eine schnelle Bewegung um den Tisch herum und schob Tim zur Tür hinaus.
Im Gang stieß Jack wie jemand, der unter Wasser den Atem angehalten hatte, heftig die Luft aus. »Was für ein Arschloch.
Mann, du schuldest mir was! Ich musste mir eine Stunde lang das Geseire dieser Arschgeige anhören, bevor er beschloss zur Sache zu kommen.«
»Danke, Jack. Ich wusste, dass du das Kind schon schaukeln würdest.«
»Schon gut. Aber besauf dich das nächste Mal woanders.«
»Sicher.« In Tims Stimme schwang die Leere der Erniedrigung mit. Auf dem Weg zu dem Schalter, wo er die Aushändigung seiner Sachen, Brieftasche, Uhr, Stifte, quittieren musste, sagte er kein weiteres Wort. Er spürte die Blicke, die ihn verfolgten, Blicke, die ihm sagten, dass er sich selbst und seine Behörde beschämt hatte. Für die Polizisten hier in diesem Raum war es ein schöner und genussvoller Triumph, einen FBI-Mann in ihrer Gewalt zu haben, und der Umstand, dass sie Nachsicht zeigten, gab ihnen ein noch größeres Gefühl der Überlegenheit. Er nahm seine Sachen, murmelte einen Dank und war froh Jack Fischl an seiner Seite zu haben, als er hinausging, denn ansonsten hätte er als Entgegnung auf das anzügliche Grinsen der Leute vielleicht etwas gemacht, was er sein Leben lang bereut hätte.
»Jack, ich muss nach Hause, mich rasieren und ein paar Stunden schlafen.«
»Kein Problem, ist alles arrangiert. Dein Bruder ist hier.«
»Verdammte Scheiße.«
Jack stieß die Tür in die Vorhalle auf, wo die Leute in alle Richtungen hasteten, in Flure verschwanden, Treppen hinaufgingen oder hinaus auf die Straße. Josh saß ganz alleine auf einer Bank an einer Wand.
»Um Himmels willen, Jack, warum hast du ihn da mit hineingezogen? Wenn das meine Absicht gewesen wäre, dann hätte ich meinen Bruder angerufen.«
»Beruhig dich, ja? Dein Bruder hat mich angerufen. Er hat versucht dich ausfindig zu machen, aber niemand wusste, wo du warst. Er hat mich erreicht, kurz nachdem ich von hier angerufen worden bin.«
Josh hatte sie bemerkt und stand auf. Sein Blick war auf Tim geheftet und die Betroffenheit, die darin lag, war deutlich zu sehen, so sehr er sich auch bemühte zu
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