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Der 8. Tag

Der 8. Tag

Titel: Der 8. Tag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Ambrose
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zu benutzen, den der Robotertheoretiker Hans Moravec eingef ü hrt hatte. Paul war etwas Neues, jung und wertvoll, und schon bald, zu bald, m ü sste sie ihn in eine Welt schicken, die er entweder meisterte oder die ihn vernichten w ü rde. Die Zeit w ü rde es zeigen; und die wurde knapp.
    » Hast du das verstanden? « , schrieb sie. Sie war gerade d a mit fertig geworden, Paul zum ersten Mal zu erkl ä ren, was da auf ihn zukam.
    Es entstand eine lange Pause, bevor er antwortete. Sie arbe i tete mit dem Monitor und der Tastatur und benutzte nicht das Sprachmodul, denn wenn sie ihre Gedanken schriftlich niede r legte, dann waren sie wesentlich pr ä ziser. F ü r Paul bestand, soweit sie es beurteilen konnte, kein Unterschied, ob er seine Gedanken ü ber das Sprachmodul oder auf dem Bildschirm ausgab.
    Jetzt erschien seine Antwort. » Ja « , stand da, » ich verstehe. «
    » Was meinst du dazu? «
    Eine weitere Pause. Dann: » Ich bin besorgt. «
    » Denke daran « , tippte sie, » dass zumindest der Ü berr a schungseffekt auf deiner Seite ist. «
    » Ist das sicher? «
    » Ich kann mir nicht vorstellen, dass es wei ß , was wir m a chen. «
    » Es wei ß , dass du es vernichten willst. Darum hat es ve r sucht dich zu t ö ten. «
    » Wie dem auch sei, ich glaube nicht, dass es mit dir rechnet. Ich denke, du erwischst es ganz unvorbereitet. «
    » Aber es ist mein Zwilling, mein Klon. Woher wollen wir wissen, dass mein Geist den seinen verdr ä ngt und nicht u m gekehrt? «
    Sie holte tief Luft. Das war ein weiterer Grund gewesen, warum sie auf die Sprach ü bermittlung verzichtet hatte; es gab keinen Beweis, dass Paul in der Lage war, Schl ü sse aus dem Tonfall ihrer Stimme zu ziehen, doch sie lie ß es lieber nicht darauf ankommen. Besonders wo es jetzt darum ging, ihm Vertrauen einzufl öß en.
    » Weil « , tippte sie nach einigem Nachdenken, » ich daran glaube, dass das Gute st ä rker ist als das B ö se und das Ration a le m ä chtiger als das Irrationale. «
    Eine erneute Pause, dann antwortete Paul: » Das ist Au s druck des Glaubens. «
    » Aber auch der Erfahrung. «
    » Ich habe wenig Erfahrung mit Erfahrungen. «
    » Paul, ich glaube, eben hast du fast einen Scherz gemacht. «
    » Und nur begrenzten Glauben in den Glauben. «
    » Eben noch mal. «
    » Das war nicht meine Absicht. «
    » Ist schon gut. Manchmal passiert es einfach. «
    » Als eine Reaktion auf Besorgnis? «
    » Vielleicht. «
    » Ja, das w ä re eine Erkl ä rung. «
    » Jetzt « , schrieb sie, » wollen wir etwas versuchen; eine Art Probelauf. Ich kopiere dich auf einen PC. Er ist langsamer als Attila, aber nicht wesentlich. Es geht dabei um die neue U m gebung. Ich denke, es ist wichtig zu wissen, wie du darauf reagierst. Ich beginne jetzt … «

54
    D IE FERNSEHKAMERA GLITT ü ber die romantische Wildnis der D ü nen, auf denen sich dichte Grasb ü schel im Wind bogen. Die grauen Wassermassen des Meeres lagen unter einem schiefergrauen, mit wei ß en Tupfen durchz o genen Himmel. Langsam schwenkte die Kamera auf die Gestalt einer jungen Frau im Vordergrund. Sie hatte den Mantelkragen hochgeschlagen, der teilweise ihr mitte l langes blondes Haar zur ü ckhielt, das ihr um den Kopf wehte. Sie blickte ü ber die Schulter zu einer futuristisch wirkenden grauen Masse, die sich v ö llig ungesch ü tzt ungef ä hr f ü nf Kilometer entfernt an der K ü ste erhob. Auf ein kurzes › Jetzt ‹ des Produzenten hin, der seine Schu l tern in einer gef ü tterten Jacke gegen den Wind hochg e zogen hatte, drehte sie sich zur Kamera und brachte das Mikrofon vor ihre Lippen.
    » Die Positionen der beiden Seiten sind eindeutig. Die N u klearbeh ö rde besteht darauf, dass dies der sicherste Reaktor sei, der je gebaut wurde, w ä hrend die Umweltsch ü tzer und Atomkraftgegner behaupteten und immer noch behaupten, dass man dieser Verbindung von Kernspaltung und Comp u tersteuerung niemals r ü ckhaltlos vertrauen d ü rfe. «
    Auf ein Zeichen des Produzenten begann der Kameramann langsam ü ber die Schulter der Reporterin hinweg auf den entfernten grauen Block des Reaktors zu zoomen. W ä hren d dessen sprach sie weiter ihren einstudierten Kommentar.
    » Heute geht der gro ß e, neue Reaktor in Brinkley Sands, Norfolk, offiziell ans Netz. Ein Triumph der Technologie des ausgehenden zwanzigsten Jahrhunderts? Oder eine Katastr o phe in Wartestellung? Die Zeit wird es zeigen. Doch dann k ö nnte es, wie die Kritiker behaupten, schon zu sp ä t sein.

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