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Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch

Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch

Titel: Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen
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wollten mich doch der Landsmannschaft wegen nicht verlassen; interim wollten sich meine unrechtmäßigen Herrn nicht zufrieden geben, weilen aber unterm Umstand Leut von der Obrigkeit von Alkayr hervortraten, die bezeugten, daß sie mich vor einem halben Jahr in ihrem Vaterland bekleidet gesehen hätten, beriefen sich hierauf die Europäer vor den Bassa, vor welchem zu erscheinen meine vier Herrn genötigt worden; von demselben wurde nach gehörter Klag und Antwort auch der beiden Zeugen Aussag zu Recht erkannt und ausgesprochen, daß ich wieder auf freien Fuß gestellt, die vier Räuber, weil sie der Bassen Paßbrief violiert, auf die Galeeren im Mittelländischen Meer verdammt, ihr zusammengebrachtes Geld halber dem Fisco verfallen sein, der ander halb Teil aber in zwei Teil geteilt, mir ein Teil für mein ausgestanden Elend zugestellt, aus dem andern aber diejenigen Personen, so mit mir gefangen und verkauft worden, wieder ausgelöset werden sollten; dies Urteil wurde nicht allein öffentlich ausgesprochen sondern auch alsobald vollzogen, wodurch mir neben meiner Freiheit mein Rock und ein schöne Summa Gelds zustund.
    Als ich nun meiner Ketten, daran mich die Mausköpf wie einen wilden Mann herumgeschleppt, entledigt, mit meinem alten Rock wiederum bekleidet und mir das Geld, das mir der Bassa zuerkannt, eingehändigt worden, wollte mich einer jeden europäischen Nation Vorsteher oder Resident mit sich heimfahren; die Holländer zwar darum, weil sie mich für ihren Landsmann hielten, die übrigen aber, weil ich ihrer Religion zu sein schien; ich bedankte mich gegen alle, vornehmlich aber darum, daß sie mich gesamter Hand so christlich aus meiner zwar närrischen, aber doch gefährlichen Gefangenschaft entledigt hatten, und bedachte anbei, wie ich etwa mein Sach anstellen möchte, weil ich nunmehr auch wider meinen Willen und Hoffnung wiederum viel Geld und Freund bekommen hatte.

Das 19. Kapitel
    Simplicius und der Zimmermann kommen mit dem Leben davon, und werden nach dem erlittenen Schiffbruch mit einem eignen Land versehen
    Meine Landsleut sprachen mir zu, daß ich mich anders kleiden ließe, und weil ich nichts zu tun hatte, machte ich Kundschaft zu allen Europäern, die mich beides aus christlicher Liebe und meines wunderbarlichen Bezeugnis halber gern um sich hatten und oft zu Gast luden; und demnach sich schlechte Hoffnung erzeigte, daß der damaszenische Krieg in Syria und Judaea bald ein Loch gewinnen würde, damit ich meine Reis nach Jerusalem wiederum vornehmen und vollenden möchte, wurde ich andern Sinns und entschloß mich, mit einer großen portugiesischen Kracke (so wegfertig stund mit Kaufmannschaft nach Haus zu fahren) nach Portugal zu begeben und anstatt der Wallfahrt nach Jerusalem St. Jakob zu Compostel zu besuchen, nachgehends aber mich irgends in Ruhe zu setzen und dasjenige, so mir Gott beschert, zu verzehren; und damit solches ohne meinen sonderen Kosten (denn sobald ich soviel Geld kriegte, fing ich an zu kargen) beschehen könnte, überkam ich mit dem portugiesischen Oberkaufmann auf dem Schiff, daß er alles mein Geld annehmen, selbigs in seinen Nutzen verwenden, mir aber solches in Portugal wieder zustellen und interim anstatt Interesse mich auf das Schiff an seine Tafel nehmen und mit sich nach Haus führen sollte; dahingegen sollte ich mich zu allen Diensten zu Wasser und Land, wie es die Gelegenheit und des Schiffs Notdurft erfordern würde, unverdrossen gebrauchen lassen; also machte ich die Zech ohne den Wirt, weil ich nicht wußte, was der liebe Gott mit mir zu verschaffen vorhatte; und nahm ich diese weite und gefährliche Reis um soviel desto begieriger vor, weil die verwichne auf dem Mittelländischen Meer so glücklich abgangen.
    Als wir nun zu Schiff gangen, vom Sinu Arabico oder Roten Meer auf den Oceanum kommen und erwünschten Wind hatten, nahmen wir unsern Lauf, das Caput bonae speranzae zu passiern, segelten auch etliche Wochen so glücklich dahin, daß wir uns kein ander Wetter hätten wünschen können; da wir aber vermeinten, nunmehr bald gegenüber der Insel Madagaskar zu sein, erhub sich jähling ein solches Ungestüm, daß wir kaum Zeit hatten die Segel einzunehmen; solches vermehrte sich je länger je mehr, also daß wir auch die Mast' abhauen und das Schiff dem Willen und Gewalt der Wellen lassen mußten; dieselben führten uns in die Höhe gleichsam an die Wolken und im Augenblick senkten sie uns wiederum bis auf den Abgrund hinunter, welches bei einer halben

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