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Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch

Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch

Titel: Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen
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Stund währete und uns trefflich andächtig beten lehret'; endlich warfen sie uns auf eine verborgene Steinklippe mit solcher Stärke, daß das Schiff mit grausamen Krachen zu Stücken zerbrach, wovon sich ein jämmerlichs und elend Geschrei erhub; da wurde dieselbe Gegend gleichsam in einem Augenblick mit Kisten, Ballen und Trümmern vom Schiff überstreut; da sah und hörete man hie und dort oben auf den Wellen und unten in der Tiefe die unglückseligen Leut an denjenigen Sachen bangen, die ihnen in solcher Not am allerersten in die Hände geraten waren, welche mit elendem Geheul ihren Untergang bejammerten und ihre Seel Gott befahlen. Ich und ein Zimmermann lagen auf einem großen Stück vom Schiff, welches etliche Zwerchhölzer behalten hatte, daran wir uns festhielten und einander zusprachen; mithin legten sich die grausamen Wind allgemach, davon die wütenden Wellen des zornigen Meers sich nach und nach besänftigten und geringer wurden; hingegen aber folgte die stickfinstere Nacht mit einem schrecklichen Platzregen, daß es das Ansehen hatte, als hätten wir mitten im Meer von oben herab ersäuft werden sollen; das währete bis um Mitternacht, in welcher Zeit wir große Not erlitten hatten; darauf wurde der Himmel wieder klar, also daß wir das Gestirn sehen konnten, an welchem wir vermerkten, daß uns der Wind je länger je mehr von der Seiten Africae in das weite Meer gegen terram australem incognitam hineintrieb, welches uns beide sehr bestürzt machte; gegen Tag wurde es abermal so dunkel, daß wir einander nicht sehen konnten wiewohl wir nahe beieinander lagen; in dieser Finsternis und erbärmlichem Zustand trieben wir immer fort, bis wir unversehens inne wurden, daß wir auf dem Grund sitzen blieben und stillhielten. Der Zimmermann hatte ein Axt in seinem Gürtel stecken, damit visitiert' er die Tiefe des Wassers und fand auf der einen Seiten nicht wohl schuhtief Wassers, welches uns herzlich erfreute und ohnzweifelige Hoffnung gab, Gott hätte uns irgendshin an Land geholfen, das uns auch ein lieblicher Geruch zu verstehen gab, den wir empfanden, als wir wieder ein wenig zu uns selbst kamen; weil es aber so finster und wir beide ganz abgemattet, zumalen des Tags ehestens gewärtig waren, hatten wir nicht das Herz, uns ins Wasser zu legen und solches Land zu suchen, ohnangesehen wir allbereit weit von uns etliche Vögel singen zu hören vermeinten, wie es denn auch nicht anders war; sobald sich aber der liebe Tag im Osten ein wenig erzeigte, sahen wir durch die Düstere ein wenig Land mit Büschen bewachsen allernächst vor uns liegen, derowegen begaben wir uns alsobalden gegen dasselbige ins Wasser, welches je länger je seichter wurde, bis wir endlich mit großen Freuden auf das trockene Land kamen; da fielen wir nieder auf die Knie, küßten den Erdboden und dankten Gott im Himmel, daß er uns so väterlich erhalten und ans Land gebracht; und solchergestalt bin ich in diese Insel kommen.
    Wir konnten noch nicht wissen, ob wir auf einem bewohnten oder unbewohnten, auf einem festen Land oder nur auf einer Insel waren; aber das merkten wir gleich, daß es ein trefflicher fruchtbarer Erdboden sein müßte, weil alles vor uns gleichsam so dick wie ein Hanfacker mit Büschen und Bäumen bewachsen war, also daß wir kaum dadurch kommen konnten; als es aber völlig Tag worden und wir etwa ein Viertelstund Wegs vom Gestad an durch die Büsche geschloffen und der Orten nicht allein keine einzige Anzeigung einziger menschlichen Wohnung verspüren konnten, sondern noch dazu hin und wieder viel fremde Vögel, die sich gar nichts vor uns scheuten, ja mit den Händen fangen ließen, antrafen, konnten wir unschwer erachten, daß wir auf einer zwar ohnbekannten, aber jedoch sehr fruchtbaren Insel sein müßten; wir fanden Zitronen, Pomeranzen und Kokos, mit welchen Früchten wir uns trefflich wohl erquickten, und als die Sonne aufging, kamen wir auf eine Ebne, welche überall mit Palmen (davon man den Vin de Palme hat) bewachsen war; welches meinen Kameraden, der denselbigen nur viel zu gern trank, auch mehr als zuviel erfreute; daselbsthin setzten wir uns nieder an die Sonne, unsere Kleider zu trocknen, welche wir auszogen und zu solchem End an die Bäum aufhängten, vor uns selbst aber in Hemden herumspazierten; mein Zimmermann hieb mit seiner Axt in einen Palmitenbaum und befand, daß sie reich von Wein waren, wir hatten aber drum kein Geschirr solchen aufzufangen, wie wir denn auch beide unsere Hüt' im

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