Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Abgrund

Titel: Der Abgrund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Baldacci
Vom Netzwerk:
sich Web gegenüber, beugte sich vor und sprach so langsam, dass er keines ihrer Worte überhören konnte. Normalerweise sollte eine Hypnose hemmende Faktoren und Schichten abbauen, die unterdrückte Erinnerungen verdeckten, welche wiederum die Patienten davon abhielten, über ihre eigentlichen Sorgen und Probleme zu sprechen. Gewöhnlich wurde der Patient aus der Hypnose gebracht und konnte sich dann an alles erinnern, was währenddessen geschehen war. Hier musste Claire anders vorgehen. Das wäre zu traumatisch.
    Also gab sie Web einen posthypnotischen Befehl. Sie wies ihn an, sich nach dem Erwachen gerade an so viel zu erinnern, dass er mit der Situation angemessen umgehen konnte. Unter diesen Umständen war Claire überzeugt, dass er sich an so gut wie nichts erinnern würde. Er war nicht imstande, sich damit zu befassen, so tief war es in seinem Unterbewusstsein vergraben.
    Langsam brachte sie ihn wieder die Rolltreppe hinauf, Schritt für Schritt. Bevor er dann ganz zu sich kam, hatte sie sich  zusammengerissen und war bereit, ihm gegenüberzutreten.
    Als er schließlich die Augen öffnete, schaute er sich zunächst im Raum um und sah dann sie an. Er lächelte. »Hat es sich gelohnt?«
    »Zuerst muss ich Ihnen eine Frage stellen, Web.« Sie hielt inne, um sich erneut zu sammeln. »Nehmen Sie irgendwelche Medikamente?«, sagte sie dann.
    Er kniff die Augen zusammen. »Haben Sie mich das nicht schon mal gefragt?«
    »Ich frage Sie jetzt.«
    »Warum?«
    »Sie erwähnten Voodoo als eine Erklärung dafür, warum Sie zusammenklappten. Lassen Sie mich Ihnen eine andere anbieten: negative Wechselwirkung von Medikamenten.«
    »Ich habe keinerlei Medikamente genommen, bevor wir in diese Gasse gingen, Claire. So etwas würde ich nie tun.«
    »Medikamentöse Wechselwirkungen sind seltsam«, antwortete Claire. »Je nachdem, was man eingenommen hat, tritt die Wirkung manchmal erst ein, nachdem man das Mittel schon längst wieder abgesetzt hat.« Sie hielt erneut inne. »Es ist wichtig, dass Sie mir in dieser Hinsicht nichts verschweigen, Web«, fügte sie dann hinzu. »Wenn Sie die Wahrheit herausfinden wollen, ist es wirklich wichtig.«
    Sie sahen sich lange an, dann stand Web auf und ging ins Badezimmer. Eine Minute später kam er zurück und gab ihr ein kleines Fläschchen mit Pillen darin. Als sie den Inhalt untersuchte, setzte er sich wieder.
    »Da Sie das Zeug dabeihaben, gehe ich davon aus, dass Sie es auch nehmen.«
    »Ich erledige hier einen Job, Claire. Keine Pillen. Ich stelle mich also den Albträumen und den Schmerzen, die man bekommt, wenn man zwei große Löcher in seinem Körper und  nur ein halbes Gesicht hat.«
    »Warum haben Sie es dann mitgebracht?«
    »Zur Sicherheit. Wie die berühmte Schmusedecke. Sie sind doch Psychiaterin - Sie wissen doch, was es damit und mit dem Daumenlutschen auf sich hat, oder?«
    Claire nahm die Pillen heraus und untersuchte sie eine nach der anderen. Sie waren alle verschieden. Die meisten erkannte sie, einige aber auch nicht. Sie hielt eine der Pillen hoch. »Wissen Sie, woher Sie die haben?«
    »Wieso?«, fragte er misstrauisch. »Stimmt damit etwas nicht?«
    »Vielleicht. Haben Sie diese Pillen von O'Bannon bekommen?«, fragte sie zweifelnd.
    »Schon möglich. Aber die, die er mir verschrieben hat, müsste ich eigentlich schon längst aufgebraucht haben.«
    »Wenn nicht von O'Bannon, von wem dann?«
    Web begann, sich zu rechtfertigen. »Hören Sie, ich musste von den Schmerzmitteln runterkommen, die sie mir wegen meiner Verletzungen gegeben hatten, denn ich wurde von ihnen abhängig. Und dann konnte ich nicht schlafen, etwa ein Jahr lang. Ein paar Jungs beim HRT haben das gleiche Problem. Selbst beim HRT kann man ohne Schlaf nur eine gewisse Zeit lang durchhalten. Und darum haben mir einige von den Jungs im Lauf der Zeit Pillen zugesteckt. Ich sammle sie einfach in dieser Flasche und nehme sie, wenn ich sie brauche. Diese Pille könnte von einem von ihnen stammen. Weshalb der Aufstand?«
    »Ich mache Ihnen keinen Vorwurf daraus, dass Sie Medikamente nehmen, um schlafen zu können, Web. Aber es ist gefährlich, sich aus einem so zusammengewürfelten Sortiment zu bedienen, selbst wenn das Zeug von ihren Freunden stammt. Sie haben keine Ahnung, welche Nebenwirkungen auftreten können. Sie haben wirklich Glück gehabt, dass Ihnen noch nichts Schlimmes passiert ist. Aber vielleicht ist es ja doch schon passiert. In der Gasse. Vielleicht ist diese ungewöhnliche Art, Pillen

Weitere Kostenlose Bücher