Der Adler ist entkommen
Tür. »Goodbye, Brigadier, ich gehe nicht davon aus, daß wir uns noch einmal begegnen.«
»Ich wünschte, ich könnte mich darauf verlassen«, sagte Munro ehrlich.
Der Ire lief hinüber zur Lysander, wo Steiner gerade die Tücher mit den RAF-Symbolen von den Tragflächen entfernte und die Insignien der deutschen Luftwaffe freilegte. Devlin eilte zum Schwanzleitwerk, tat dort das gleiche, dann kletterte er hinter Steiner in die Maschine. Die Lysander rollte zum Ende der Weide und drehte sich in den Wind. Sekunden später jagte sie röhrend die Startbahn hinunter und hob ab. Munro stand am Rand des Feldes und lauschte dem Motorgeräusch, das von der Nacht aufgesogen wurde. Ein Wimmern drang aus der Dunkelheit, und Nell erschien neben ihm und sah zu ihm hoch. Als er sich umwandte und zum Haus zurückkehrte, folgte sie ihm schwanzwedelnd.
Jack Carter, der im Vorzimmer der SOE-Zentrale saß, hörte den typischen Klang des roten Telefons und eilte ins Nebenzimmer, um abzunehmen.
»Jack?« fragte Munro.
»Gott sei Dank, Sir, ich habe mir furchtbare Sorgen gemacht. Ich bin gerade erst von York zurückgekommen und bin mitten in einem Minenfeld gelandet. In der St. Mary's Priory ist die Hölle los, und der Pförtner sagte, Sie wären dort gewesen, Sir. Was zum Teufel ist denn passiert?«
»Es ist eigentlich ganz einfach, Jack. Ein überaus gewiefter Gentleman namens Liam Devlin hat uns alle gründlich an der Nase herumgeführt und befindet sich im Augenblick mit Colonel Kurt Steiner auf dem Rückflug nach Frankreich.«
»Soll ich die RAF alarmieren?« fragte Carter.
»Darum kümmere ich mich schon. Es gibt Wichtigeres zu tun. Erstens, es gibt da ein Haus auf dem Cable Wharf in Wapping, das einem Mann namens Ryan gehört. Sie werden ihn und seine Nichte dort finden, beide tot. Die Leichen sollen sofort weggeschafft und alle Spuren beseitigt werden. Benutzen Sie das Krematorium in Nord-London.«
»In Ordnung, Sir.«
»Ich brauche auch hier einen Aufräumtrupp, Jack. Und zwar auf Shaw Place unweit von Charbury, einem winzigen Dorf in Romney Marsh. Kommen Sie selbst her. Ich warte auf Sie.«
Er legte den Telefonhörer auf die Gabel. Natürlich würde er die RAF nicht benachrichtigen. Schellenberg hatte recht, und daran ließ sich nichts ändern. Er verließ das Arbeitszimmer und ging zur Haustür. Als er sie öffnete, war der Nebel unverändert dicht. Nell winselte, hockte auf ihren Hinterbeinen und blickte ihn erwartungsvoll an.
Munro bückte sich und kraulte ihre Ohren. »Armes altes Mädchen«, sagte er. »Und armer alter Devlin. Ich wünsche ihm wirklich alles Glück dieser Welt.«
Als Himmler und Berger die Wohnung des Führers betraten, saß Adolf Hitler neben dem gewaltigen Kamin, in dem ein Feuer brannte. Er hatte eine aufgeschlagene Akte auf seinen Knien liegen, in der er las, während die beiden Männer abwartend stehenblieben. Nach einer Weile schaute er hoch, und in seinen Augen lag ein seltsam leerer Ausdruck. »Reichsführer?«
»Sie haben mich und Sturmbannführer Berger zu sich bestellt.«
»Ach ja.« Hitler klappte die Akte zu und legte sie auf einen kleinen Beistelltisch. »Der junge Mann, der meinen Schutz so hervorragend organisiert hat. Ich bin beeindruckt, Reichsführer.« Er stand auf und legte eine Hand auf Bergers Schulter. »Das haben Sie gut gemacht.«
Berger nahm eine stramme Haltung an. »Es war mir eine Ehre, Ihnen zu dienen, mein Führer.«
Hitler strich mit einem Finger über Bergers Eisernes Kreuz Erster Klasse. »Wie ich sehe, sind Sie auch ein tapferer Soldat?« Er wandte sich an Himmler. »Obersturmbannführer wäre doch viel angemessener, denke ich.«
»Ich werde mich darum kümmern, mein Führer«, versprach Himmler.
»Gut.« Hitler wandte sich wieder an Berger und lächelte ihn gewinnend an. »Und jetzt können Sie abtreten. Der Reichsführer und ich haben wichtige Angelegenheiten zu besprechen.«
Berger schlug die Hacken zusammen und reckte einen Arm
hoch. »Heil Hitler!« sagte er, machte auf dem Absatz kehrt und ging hinaus.
Hitler ließ sich wieder in seinen Sessel fallen und wies auf die Sitzgelegenheit gegenüber. »Nehmen Sie Platz, Reichsführer.«
»Es ist mir eine Ehre.«
Himmler setzte sich. »Schlaflosigkeit kann auch ein Segen sein«, sagte Hitler. »Man erhält zusätzliche Zeit, um über wichtige Dinge nachzudenken. Zum Beispiel über diese Akte.« Er hob sie
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