Der Adler ist entkommen
zwanzig Minuten sagte Asa: »Das hat keinen Zweck. Haltet euch fest. Ich versuche es einfach.«
Er ging mit der Lysander in den Sinkflug, schaltete die Landescheinwerfer ein, und der Nebel hüllte ihn ein wie wenige Stunden zuvor auf Shaw Place. Bei sechshundert Fuß zog er den Steuerknüppel wieder nach hinten und stieg. In tausend Fuß Höhe kam er aus dem Nebel heraus.
Die Sterne funkelten kalt, und was vom Mond noch zu sehen war, stand niedrig am Himmel. »Es ist hoffnungslos«, rief Asa. »Es wäre der reinste Selbstmord, eine Landung zu versuchen. Lieber setze ich die Maschine ins Meer.«
»Es herrscht Ebbe, Hauptmann«, gab Leber durch.
»Tatsächlich? Wieviel Strand habt ihr da unten?«
»Mehrere Kilometer.«
»Dann versuchen wir es auf diese Weise. Dann haben wir wenigstens eine kleine Chance.«
Schellenbergs Stimme erklang. »Sind Sie sicher, Hauptmann Vaughan?«
»Einer Sache bin ich mir ganz sicher, Herr General, wir haben leider keine andere Wahl. Entweder sehen wir uns in Kürze oder nicht. Damit mache ich vorerst mal Schluß. Ende.«
Schellenberg ließ das Mikrofon sinken und schaute Leber fragend an. »Kommen wir irgendwie ans Meer hinunter?«
»O ja, Herr General. Es gibt eine Straße, die zu einer alten Helling führt.«
»Gut. Dann nichts wie hin.«
»Wenn ich im Meer landen muß, dann wird die Kiste sich wohl nicht allzu lange über Wasser halten«, sagte Asa über die Schulter zu Steiner und Devlin. »Hinter Ihnen befindet sich ein Rettungsboot. Das gelbe Paket. Holen Sie es schnell raus, ziehen Sie an der roten Schnur, und es bläst sich von selbst auf.«
Steiner lächelte. »Sie können natürlich schwimmen, Mr. Devlin.«
Devlin erwiderte das Lächeln. »Nur wenn es unbedingt sein muß.«
Asa tauchte ab. Vorsichtig schob er den Steuerknüppel nach vorn. Schweiß bedeckte sein Gesicht. Der Höhenmesser zeigte fünfhundert Fuß an und sank weiter. Die Lysander wurde von einer heftigen Windböe durchgeschüttelt, als sie bei dreihundert Fuß angelangt waren.
Devlin rief: »Ich hab' etwas gesehen!«
Der Nebel schien vor ihnen aufzureißen, als ob ein Vorhang nach rechts und links aufgezogen würde, und sie konnten die mächtigen Brecher des Atlantik erkennen und eine halbe Meile feuchten Sand, der sich bis zu den Klippen von Cap de la Hague erstreckte. Asa zog den Steuerknüppel nach hinten, und die Lysander fing sich kaum fünfzig Fuß über den weißen Schaumkronen, die donnernd auf den Strand rollten.
Asa schlug mit der flachen Hand auf das Instrumentenbrett. »Du wunderbares, herrliches Stück Technik. Ich liebe dich!« sang er und drehte in den Wind, um zu landen.
Der Lastwagen mit Schellenberg, Leber und mehreren Luftwaffenmechanikern hatte die Helling erreicht, als die Lysander in Sicht kam. »Er hat es geschafft, Herr General!« rief Leber aus. »Was für ein Pilot!« Winkend rannte er los, und seine Männer folgten ihm.
Schellenberg fühlte sich völlig ausgelaugt. Er zündete sich eine Zigarette an und wartete, während die Lysander bis zum Ende der Helling rollte. Sie hielt an, und Leber und seine Männer brachen in Hochrufe aus, während Asa die Zündung des Motors abstellte. Devlin und Steiner stiegen zuerst aus, nach ihnen kam Asa. Er nahm seine Fliegermütze ab und warf sie in die Führerkanzel.
Leber sah ihn bewundernd an. »Das war eine Leistung, Herr Hauptmann.«
Asa zuckte die Schultern. »Behandeln Sie sie anständig, Herr Oberfeldwebel. Das Beste ist für sie gerade gut genug. Sie hat es verdient. Sie ist doch hier in Sicherheit?«
»Aber ja. Wir haben gerade Gezeitenwechsel, aber so hoch läuft die Flut nicht auf den Strand auf.«
»Schön. Sehen Sie nach dem Motor, und dann tanken Sie sie von Hand auf.«
»Wird gemacht, Herr Hauptmann.«
Schellenberg sah, wie Steiner und Devlin auf ihn zukamen. Er streckte Steiner die Hand entgegen. »Herr Oberst, es ist mir eine große Freude, Sie hier begrüßen zu dürfen.«
»Ganz meinerseits, Herr General«, sagte Steiner.
Schellenberg wandte sich an Devlin. »Und was Sie betrifft, mein total verrückter irischer Freund, ich kann es kaum glauben, daß Sie tatsächlich wieder hier sind.«
»Nun ja, Walter, Sie kennen ja mein Motto, man braucht nichts anderes zu tun, als richtig zu leben.« Devlin grinste. »Meinen Sie, daß man hier irgendwas zum Frühstück bekommen kann? Ich bin völlig
Weitere Kostenlose Bücher