Der Adler ist entkommen
den Plan«, sagte Carter.
»Devlin?« Steiner schüttelte den Kopf. »Unsinn, Devlin ist einer der erstaunlichsten Männer, die ich je kennengelernt habe, aber nicht einmal er könnte mich hier herausholen.«
»Nun ja, das braucht er auch nicht. Wir bringen Sie in ein anderes Haus in Wapping. In die St. Mary's Priory. Die Einzelheiten erfahren Sie später.«
»Das kann ich alles nicht glauben. Das ist nur ein Trick«, sagte Steiner.
»Lieber Gott, Mann, welchen Vorteil hätten wir davon?« fragte Munro. »In der Spanischen Botschaft in London ist ein Mann namens José Vargas angestellt, ein Handelsattache. Er arbeitet gelegentlich für uns. Der Grund ist Geld. Er benutzt die Diplomatenpost, sein Cousin ist Attache an der Spanischen Botschaft in Berlin.«
»Der arbeitet ebenfalls für uns, verstehen Sie, auch gegen Geld«, sagte Carter. »Die beiden haben miteinander Verbindung aufgenommen, das Interesse Ihrer Leute bekundet, Sie zu befreien. Die Deutschen haben weitere Informationen über Ihren Verbleib angefordert.«
»Und wir haben unserem Mann mitgeteilt, was er wissen muß«, warf Munro ein. »Sogar Ihre neue Bleibe in der Priorei.«
»Jetzt verstehe ich«, sagte Steiner. »Sie lassen zu, daß der Plan in die Tat umgesetzt wird, damit Devlin nach London kommt. Er wird Hilfe brauchen, klar, andere Agenten oder wen auch immer, und im geeigneten Augenblick verhaften Sie die ganze Bande.«
»Ja, das ist die eine Möglichkeit«, gab Munro zu. »Aber es gibt noch eine andere.«
»Und die wäre?«
»Daß ich einfach nur zuschaue und gar nichts tue. Sie fliehen nach Deutschland…«
»Wo ich dann für Sie arbeite?« Steiner schüttelte den Kopf. »Tut mir leid, Brigadier. Carter hatte zwar recht. Ich bin kein Nazi, aber immer noch Soldat - deutscher Soldat. Mir will das Wort Verräter überhaupt nicht gefallen.«
»Würden Sie denn Ihren Vater und andere als Verräter bezeichnen, weil sie versucht haben, den Führer zu beseitigen?« wollte Munro wissen.
»In einem ganz wesentlichen Punkt ist das etwas völlig anderes. Die Deutschen versuchen eben, ihre Probleme selbst zu lösen.«
»Das leuchtet ein.« Munro wandte sich um und gab seinem Begleiter ein Zeichen. »Jack?«
Carter ging zur Tür und klopfte dagegen. Sie schwang auf, und der Militärpolizist erschien wieder. »Wenn Sie mir vielleicht folgen würden, Oberst, ich muß Ihnen etwas zeigen.«
Soweit es Adolf Hitler betraf, gab es für einen Verräter nicht einmal die Gnade eines ehrenvollen Todes. Kein Offizier, der des Verrats gegen ihn für schuldig befunden wurde, verlor sein Leben vor einem Erschießungskommando. Tod durch Erhängen hieß die Strafe, sie war zwingend. Gewöhnlich wurden dazu ein Fleischerhaken und ein Stück Klavierdraht benutzt. Die Opfer hatten oft einen langen Todeskampf, der nicht selten grauenhaft anzusehen war. Der Führer hatte Befehl gegeben, jede dieser Hinrichtungen zu filmen. Viele waren derart entsetzlich, daß sogar Himmler gelegentlich den Hinrichtungsraum verließ, weil ihm speiübel war.
Der Film, der nun in dem länglichen Lagerraum am Ende des Korridors gezeigt wurde, flackerte stark und war ziemlich grobkörnig. Der junge Unteroffizier des Geheimdienstes, eine anonyme Erscheinung im Dunkel hinter dem Filmprojektor, benutzte die weiß gekalkte Mauer als Leinwand. Steiner saß als einziger auf einem Stuhl, Munro und Carter standen ein Stück hinter ihm.
Als General Steiner von zwei SS-Männern in den Hinrichtungsraum hereingetragen wurde, war er bereits tot. Gestorben an einem Herzanfall. Das war das einzig Gute an dem, was nun stattfand. Sie hängten ihn trotzdem an dem Fleischerhaken auf und entfernten sich. Für eine Weile blieb die Kamera auf die tragische Gestalt gerichtet, die sacht hin und her schwang, dann wurde die Wand dunkel.
Der Filmvorführer schaltete die Beleuchtung ein. Kurt Steiner stand auf, machte kehrt und ging wortlos zur Tür. Er öffnete sie, ging an dem Militärpolizisten vorbei und schritt durch den Korridor zu seinem Zimmer. Munro und Carter folgten ihm. Als sie das Zimmer betraten, stand Steiner am Fenster, stützte sich gegen das Gitter und sah hinaus. Er drehte sich um. Sein Gesicht war leichenblaß.
»Wissen Sie, ich denke, es wird Zeit, daß ich wieder mit dem Rauchen anfange, Gentlemen.«
Jack Carter schüttelte eine Zigarette aus seiner Packung Players und gab ihm Feuer.
»Es tut mir
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