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Der Adler ist entkommen

Der Adler ist entkommen

Titel: Der Adler ist entkommen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Higgins
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allein während Rudolf Heß dort saß.«
      Sie wurden von einem Wachtposten angehalten, der ihre Passierscheine überprüfte. Dann fuhren sie weiter durch den watteartigen Nebel, begleitet vom gedämpften Verkehrslärm und einem gequälten Schrei von der Themse, der von einem Schiff kam, das in Richtung Meer fuhr und sein Nebelhorn erklingen ließ.
      Sie wurden erneut kontrolliert, rollten dann über die Zugbrücke und durch das Tor. »Nicht gerade ein Tag, der einem das Herz erfreut«, stellte Munro fest.
      Wegen des dichten Nebels gab es nicht viel zu sehen, als sie weiterfuhren, nur graue Steinmauern. Schließlich kamen sie in den inneren Hof, wo sie völlig von der Außenwelt abgeschnitten waren.
      »Das Krankenhaus ist da drüben, Sir«, sagte Carter.
      »Haben Sie alles so arrangiert, wie ich es angeordnet habe?«
      »Ja, Sir, aber gerne tat ich es nicht.«
      »Sie sind ein netter Kerl, Jack, aber dies hier ist kein netter
    Krieg. Kommen Sie, wir steigen aus und gehen zu Fuß weiter.«
    »In Ordnung, Sir.«
      Mühsam quälte sich Carter aus dem Wagen. Der Nebel hatte einen gelblichen Schimmer angenommen. Er war beißend und brannte in der Kehle wie Säure.
      »Schlimm, nicht wahr?« sagte Munro. »Eine richtige Erbsensuppe. Wie hat Dickens es mal genannt? Eine Londoner Spezialität?«
      »Ich glaube ja, Sir.«
      Sie gingen los. »Was für ein verdammter Ort, Jack. Angeblich soll es hier Geister geben. Zum Beispiel dieses arme kleine Mädchen, Lady Jane Grey, und auch Sir Walter Raleigh soll ständig durch die Wände gehen. Ich möchte bloß wissen, wie es Steiner hier zumute ist.«
      »Ich nehme nicht an, daß ihm das beim Einschlafen hilft, Sir.«
      Einer der berühmten schwarzen Raben des Towers tauchte krächzend mit großen flatternden Flügeln aus dem Nebel auf.
      Munro zuckte heftig zusammen. »Verschwinde, du widerliches Biest.« Er erschauerte. »Da, was habe ich gesagt, die Geister der Toten.«
      Das kleine Krankenzimmer war mit dunkelgrüner Farbe gestrichen. Möbliert war es mit einem schmalen Bett, einem Schrank und einer Garderobe. Außerdem gehörte ein kleines Bad mit Toilette dazu. Kurt Steiner saß in Schlafanzug und Bademantel am Fenster und las. Das Fenster war von innen vergittert. Durch das Gitter konnte man jedoch hindurchgreifen und den Fensterflügel öffnen. Er saß gerne dort, denn bei gutem Wetter konnte er in den Innenhof und auf den White Tower blicken. Es vermittelte ihm einen Eindruck von Raum, und Raum bedeutete Freiheit. Begleitet von einem lauten Poltern wurde die stabile Tür entriegelt: Sie ging auf, und ein Militärpolizist kam herein.
    »Besuch für Sie, Herr Oberst.«
      Munro erschien, gefolgt von Carter. »Sie dürfen uns allein lassen, Corporal«, sagte er zu dem Militärpolizisten.
      »Sir.«
      Der Mann ging hinaus und schloß ab. Munro, auf äußere Wirkung bedacht, trug seine Uniform. Er schlüpfte aus seinem Wintermantel, und Steiner sah die Rangabzeichen und roten Kragenspiegel eines Stabsoffiziers.
      »Oberstleutnant Kurt Steiner?«
      Steiner erhob sich. »Brigadier?«
      »Munro, und das ist mein Adjutant, Captain Jack Carter.«
      »Gentlemen, ich habe Ihnen schon vor längerer Zeit meinen Namen, meinen Dienstrang und meine Dienstnummer genannt«, sagte Steiner. »Dem habe ich nichts hinzuzufügen. Ich bin aber überrascht, daß seitdem niemand versucht hat, mehr aus mir herauszubekommen. Außerdem entschuldige ich mich dafür, daß es hier nur einen Stuhl gibt und ich Ihnen daher keinen Platz anbieten kann.«
      Sein Englisch war makellos, und Munro empfand Sympathie für den Deutschen. »Wir setzen uns auf das Bett, wenn wir dürfen. Jack, bieten Sie dem Herrn Oberst eine Zigarette an.«
      »Vielen Dank«, lehnte Steiner ab. »Die Kugel in meiner Brust war ein guter Anlaß, das Rauchen ganz aufzugeben.«
      Sie setzten sich. Dabei meinte Munro: »Ihr Englisch ist wirklich hervorragend.«
      »Brigadier«, sagte Steiner lächelnd. »Sie wissen sicherlich schon lange, daß meine Mutter Amerikanerin war und daß ich als Junge einige Jahre in London gelebt habe, wo mein Vater als Militärattache an der Deutschen Botschaft beschäftigt war. Meine Schulausbildung erhielt ich in St. Paul's.«
      Er war siebenundzwanzig Jahre alt und gut in Form, abgesehen von den leicht hohl wirkenden Wangen, offenbar eine Folge des langen Krankenhausaufenthalts. Er war sehr ruhig, und ein ständiges Lächeln

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