Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Adler ist entkommen

Der Adler ist entkommen

Titel: Der Adler ist entkommen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Higgins
Vom Netzwerk:
bekam Schellenberg Schwierigkeiten mit der Orientierung und fand sich auf seiner Landkarte nicht mehr zurecht. Schließlich entdeckten sie vor dem Dorf St. Aubin ein Schild am Straßenrand, das die Aufschrift Zwölftes Fallschirmjäger-Kommando trug. Hinter den Bäumen waren die Wirtschaftsgebäude eines Bauernhofs zu erkennen. »Versuchen wir mal dort unser Glück«, sagte Schellenberg, und Asa verließ die Straße.
      Die Männer auf dem Bauernhof waren ausnahmslos Fallschirmjäger, harte junge Männer mit kurzgeschnittenen Haaren, die älter aussahen, als sie wirklich waren. Die meisten trugen Tarnanzüge und Springerstiefel. Einige saßen auf Bänken vor der Hauswand und reinigten ihre Waffen. Zwei reparierten den Motor eines Mannschaftswagens. Sie blickten neugierig hoch, als der Kübelwagen in den Hof rollte. Als sie Schellenbergs Uniform sahen, richteten sie sich auf und nahmen Haltung an.
      »Schon gut, weitermachen«, rief Schellenberg.
      Ein junger Hauptmann trat aus dem Bauernhaus. Es war ein zäher junger Mann mit harten Gesichtszügen. Er trug das Eiserne Kreuz Erster und Zweiter Klasse, dazu die Ärmelbänder für den Einsatz auf Kreta und im Afrikakorps.
      »Haben Sie hier das Kommando?« erkundigte sich Schellenberg.
      »Ja, Herr General. Hauptmann Erich Kramer. Kann ich Ihnen helfen?«
      »Wir suchen nach einem Ort namens Château de Belle Ile«, sagte Schellenberg. »Kennen Sie ihn?«
      »Sehr gut. Er liegt knapp zwanzig Kilometer östlich von hier an der Küste. Ich zeige es Ihnen auf meinem Meßtischblatt von dieser Gegend.«
      Sie folgten ihm ins Bauernhaus. Der Wohnraum wirkte mit seinem Funkgerät und den großen Landkarten an den Wänden wie eine Kommandozentrale. Die Nebenstraße nach Belle Ile war deutlich zu erkennen.
      »Hervorragend«, sagte Schellenberg. »Verraten Sie mir bitte eins - welche Aufgabe hat Ihre Einheit?«
      »Sicherheitsdienst, Herr General. Wir kontrollieren die ganze Gegend und versuchen, die französische Resistance lahmzulegen.«
      »Haben Sie viel Ärger mit denen?«
      »Eigentlich nicht.« Kramer lachte. »In meiner Einheit sind nur fünfunddreißig Männer. Wir sind gerade noch aus Stalingrad rausgekommen. Da ist dies hier die reinste Erholung.«
      Sie gingen wieder nach draußen. Während sie zum Kübelwagen zurückschlenderten, meinte Devlin: »Kreta und das Afrikakorps, außerdem Stalingrad. Kannten Sie Steiner?«
      Sogar die Männer, die ihre Waffen reinigten, blickten bei der
    Erwähnung dieses Namens hoch. Kramer nickte. »Oberst Kurt Steiner? Wer von uns kennt ihn nicht. Er ist eine Legende bei den Fallschirmjägern.«
      »Demnach haben Sie ihn schon mal gesehen?«
      »Mehrmals. Sie kennen ihn?«
      »Das würde ich meinen.«
      Kramer sah ihn fragend an. »Es gibt Gerüchte, daß er gefallen
    ist.«
      »Na ja, Sie dürfen nicht alles glauben, was Sie hören«, riet ihm Devlin.
      »Herr Hauptmann.« Schellenberg salutierte zum Abschied ebenfalls, während Asa losfuhr.
      »Lieber Himmel«, sagte Devlin. »Manchmal frage ich mich, warum Steiner nicht aus eigener Kraft über den Kanal zurückkehrt, indem er einfach übers Wasser schreitet.«
      Belle Ile bot einen imposanten Anblick. Eine Burg auf einem Hügel über dem Meer, zu ihren Füßen eine weite Meeresbucht und Sandstrand, dort wo die Ebbe gerade eingesetzt hatte. Asa lenkte den Kübelwagen die menschenleere gewundene Straße hinauf. Eine schmale Brücke führte über den Burggraben, der schon eher einer tiefen Schlucht als einem Graben glich. Die zwei großen Türflügel unter dem gewölbten Torbogen standen weit offen, und so gelangten sie mühelos auf den kopfsteingepflasterten Innenhof. Asa bremste am Fuß einer breiten Treppe, die zum Eingang hinaufführte. Mauern und Türme ragten um sie herum auf und schienen sie erdrücken zu wollen.
      Sie stiegen aus, und Schellenberg ging voran. Die Tür war aus massivem Eichenholz, von der Witterung verzogen und mit rostigen Eisennägeln und Stahlbändern beschlagen. An der Wand daneben hing eine Glocke. Schellenberg zog an der Kette, und das Klingeln hallte laut durch den Hof und wurde von den Mauern zurückgeworfen.
      »Mein Gott«, sagte Devlin, »jetzt fehlt nur noch Quasimodo.«
      Einen Moment später öffnete sich knarrend die Tür, und Quasimodo erschien tatsächlich oder zumindest ein würdiger Ersatz für ihn. Es war ein sehr alter Mann mit grauem, schulterlangem Haar. Bekleidet

Weitere Kostenlose Bücher