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Der Adler ist entkommen

Der Adler ist entkommen

Titel: Der Adler ist entkommen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Higgins
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nördlich von Belfast, nach Stranaer, der gleiche Weg, den er auch während der Operation Adler genommen hatte. Es war nur eine kurze Fahrt, und ein spezieller Zubringerzug brachte die Passagiere anschließend nach London. Doch diesmal ging er kein Risiko ein. Er fuhr mit dem Vorortzug von Belfast nach Larne, suchte sich am Hafen eine öffentliche Toilette und schloß sich in einer Kabine ein. Als er eine Viertelstunde später wieder herauskam, trug er seine Uniform.
      Dieser Schritt zahlte sich sofort aus. Das Schiff war vollbesetzt, aber nicht für Angehörige des Militärs. Er holte den Reiseausweis hervor, den man ihm in Berlin mitgegeben hatte. Der Fahrkartenverkäufer warf kaum einen Blick auf das Dokument, sah nur die Majorsuniform, das Ordensband für das Military Cross und den Priesterkragen und wies ihm sofort einen Platz an Bord zu.
      In Stranaer lief es genauso. Dort bekam er trotz der Menschenmassen, die sich in dem Zug drängten, einen Sitzplatz im Erster-Klasse-Waggon. Von Stranaer fuhr er nach Glasgow, von Glasgow runter nach Birmingham und von dort aus weiter nach London, wo er am nächsten Tag um drei Uhr in der Frühe auf dem King's Cross Bahnhof eintraf. Als er aus dem Zug stieg und über den Bahnsteig eilte, ein Gesicht unter Tausenden in der Menge, war das erste, was er hörte, eine Luftschutzsirene. Der Beginn des Jahres 1944 prägte sich den Londonern als der sogenannte »Baby Blitz« ein. Die Luftwaffe, deren Maschinen mittlerweile einen hohen technischen Standard erreicht hatten, fing wieder damit an, nächtliche Bombenangriffe auf London zu fliegen. Die Sirene, die Devlin hörte, kündigte das Auftauchen der JU 88-Kundschafterflugzeuge aus Chartres in Frankreich an. Die schweren Bomber kamen später, aber zu diesem Zeitpunkt war er bereits wie tausend Menschen in Deckung gegangen und verbrachte eine ungemütliche Nacht in der relativen Sicherheit einer Londoner U-Bahnstation.
      Mary Ryan war eine junge Frau, die die Leute nur schwer vergessen konnten, nicht etwa weil sie besonders hübsch war, sondern weil sie ein seltsames, fast schon ätherisches Aussehen hatte. Tatsächlich war ihre Gesundheit niemals die robusteste gewesen, und die Nöte und Sorgen der Kriegszeit hatten bei ihr tiefere Spuren hinterlassen als bei anderen. Ihr Gesicht war immer blaß, mit tiefen, dunklen Schatten unter den Augen, und sie humpelte deutlich, die Folge eines Geburtsfehlers. Sie war erst neunzehn, wirkte aber viel älter.
      Ihr Vater, ein aktives Mitglied der IRA, war kurz vor dem Krieg einem Herzinfarkt im Mountjoy Prison in Dublin erlegen; ihre Mutter starb 1940 an Krebs. Als einziger Verwandter blieb ihr Onkel Michael, der jüngere Bruder ihres Vaters, der seit Jahren in London wohnte und seit dem Tod seiner Frau im Jahr
    1938 allein lebte. Mary war daher von Dublin nach London gezogen und führte ihm nun den Haushalt, ansonsten arbeitete sie als Verkäuferin in einem großen Kaufhaus in der High Street in Wapping.
      Damit war es nun allerdings vorbei, denn als sie an diesem Morgen pünktlich um acht Uhr zur Arbeit erschien, hatte sich der Laden und ein beträchtlicher Teil der Straße über Nacht in einen qualmenden Trümmerhaufen verwandelt. Sie blieb noch einige Zeit stehen, schaute zu, wie die Krankenwagen eintrafen und wieder losbrausten, wie Feuerwehrleute immer wieder neu aufflackernde Brände löschten und die Männer der Rettungstrupps die Mauerreste nach möglichen Überlebenden durchsuchten.
      Nachdem sie eine Zeitlang nach Kräften mitgeholfen hatte, verließ sie den Unglücksort, eine seltsame kleine Gestalt mit ihrem schwarzen Hut und dem alten Regenmantel, die eilig durch die Straßen humpelte. In einer Nebenstraße hielt sie kurz an einem Laden, kaufte Milch und Brot sowie ein paar Zigaretten für ihren Onkel und setzte ihren Weg fort. Als sie in der Gable Wharf einbog, begann es zu regnen.
      Ursprünglich hatten hier einmal zwanzig Häuser gestanden, alle mit der Rückfront zum Fluß. Fünfzehn waren während der Bombenangriffe zerstört worden. Vier weitere standen leer und waren mit Brettern zugenagelt. Sie und ihr Onkel wohnten im letzten Haus der Zeile. Die Küchentür befand sich an der Seitenfront und war über eine Eisenterrasse zu erreichen. Unten wälzten sich die Fluten der Themse vorbei. Sie blieb am Geländer stehen und schaute hinunter zur Tower Bridge und auf den Tower von London, die beide nicht weit entfernt waren. Sie liebte den Fluß, konnte sich

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