Der Adler ist entkommen
und einen alten Regenmantel. Sie wird genau zu Mittag dort sein, also schauen Sie jeweils um diese Uhrzeit aus Ihrem Fenster. Sie humpelt sehr stark, Oberst, es ist nicht zu übersehen. Sie können sie nicht verwechseln.«
»Wenn ich sie sehe, dann machen wir uns also am gleichen Abend aus dem Staub?« Steiner zögerte. »Und was ist mit den MPs?«
»Die sind Nebensache.« Devlin lächelte. »Vertrauen Sie mir. Und jetzt drei Ave Maria und zwei Vaterunser und raus mit Ihnen.«
Er knipste das Licht aus. Die Tür des Beichtstuhls wurde geschlossen, dann erklang Stimmengemurmel, erneute Marschtritte auf dem Steinfußboden, und die Kapellentür öffnete und schloß sich wieder.
Devlin verließ den Beichtstuhl und ging zum Altar. »Herrgott vergib mir«, murmelte er.
Er vergewisserte sich, daß der Riegel der Kryptatür noch immer zurückgeschoben war, dann ging er in die Sakristei, schlüpfte in seinen Trenchcoat und verschwand.
Ryan stand an der Tür, als Devlin seine Uniform auszog und in eine dunkle Hose und einen Pullover wechselte. Er zog das rechte Hosenbein hoch, schnallte sich das Beinhalfter um die Wade und zog anschließend die Socke hoch. Dann steckte er die .38er Smith & Wesson hinein und krempelte das Hosenbein wieder hinunter.
»Nur für alle Fälle.« Er griff nach der alten Lederjacke, die Ryan ihm geliehen hatte, und zog sie über. Dann öffnete er seinen Koffer, nahm einen Stapel Fünfer heraus und verstaute sie in der Innentasche der Jacke.
Sie gingen nach unten und trafen Mary in der Küche, wo sie am Tisch saß und las. »Ist noch Tee in der Kanne?« erkundigte sich Devlin.
»Ein Schluck, glaube ich. Brechen wir jetzt auf?« Sie schüttete den Tee in eine Tasse.
Er zog die Küchenschublade auf, nahm die Luger heraus, überprüfte sie und schob sie ebenfalls in die Jacke. »Sie gehen heute abend nirgendwohin, mein liebes Kind, diesmal nicht«, erklärte er ihr mit Nachdruck und trank seinen Tee aus.
Sie machte Anstalten zu protestieren, doch ihr Onkel schüttelte den Kopf. »Er hat recht, Mädchen, es könnte gefährlich werden. Es ist besser, wenn du hierbleibst.«
Voller Unruhe schaute sie ihnen nach, wie sie die Treppe hinunterliefen, ins Boot stiegen und ablegten. Während Ryan den Motor anwarf, ging Devlin zu ihm ins enge Ruderhaus und zündete sich eine Zigarette an, wobei er die Flamme seines Feuerzeugs mit den Händen abschirmte.
»Und das gleiche gilt auch für dich, Michael«, sagte er. »Halt dich da raus. Das ist meine Angelegenheit, nicht deine.«
Jack und Eric Carver erreichten das Black Lion Dock gegen
Viertel vor zehn in einer Humber-Limousine, die von George gelenkt wurde. Das Dock war fast völlig dunkel bis auf das matte Licht über dem Haupteingang des Lagerhauses. Entsprechend den Vorschriften war die Lampe gründlich abgeschirmt. Das Schild an der Seitenwand des Lagerhauses trug die Aufschrift: »Carver Brothers - Export and Import«. Jack Carver betrachtete es zufrieden, als er aus dem Wagen stieg.
»Sehr schön. Der Schildermaler hat gute Arbeit geleistet.«
Es war sehr still, nur vom Fluß drangen die Geräusche
vorbeiziehender Schiffe herüber. Eric folgte seinem älteren Bruder, und George humpelte zum Wagenheck, wo er den Kofferraumdeckel öffnete und das Funkgerät in seinem oliv lackierten Holzkasten herausholte.
Jack Carver gab seinem Bruder ein Zeichen. »Alles klar, Eric, gehen wir rein.«
Eric schloß den Seitenflügel im Haupttor auf, trat ein und drückte auf den Lichtschalter. Sein Bruder und George folgten ihm. Das Lagerhaus war mit Kisten aller Art vollgestopft. In der Mitte befanden sich ein Tisch und zwei Stühle, offenbar ein notdürftiges Frachtbüro, das tagsüber mit einem Angestellten besetzt war.
»In Ordnung, stell das Ding auf den Tisch.« George gehorchte, und Carver fragte: »Hast du die Knarre?«
George zog eine Walther PPK aus der einen Tasche, einen Schalldämpfer aus der anderen und schraubte ihn auf den Lauf.
Carver zündete sich eine Zigarre an. »Sieh dir das an, Eric,
einfach toll, dieses Ding. Nicht lauter als ein Champagnerkorken.«
»Ich kann es kaum erwarten, daß diese miese Sau endlich auftaucht«, sagte Eric.
Aber Devlin war schon geraume Zeit an Ort und Stelle. Gut geschützt durch das Dunkel im hinteren Teil des Gebäudes lag er auf der Lauer. Der Einstieg durch ein Fenster im oberen Stockwerk war kinderleicht gewesen.
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