Der Adler ist gelandet
aber so leise, daß nur Radl es hörte. Himmler stellte vor: »Untersturmführer Preston. Oberst Radl von der Abwehr und Herr Devlin. Sie konnten den Unterlagen, die Sie heute früh gelesen haben, entnehmen, welche Rolle jeder der Herren in der Sache spielt, um die es hier geht.«
Preston machte eine halbe Wendung zu Radl, beugte ruckartig den Nacken, schlug die Hacken zusammen. Sehr förmlich, sehr militärisch, ganz wie jemand, der auf der Bühne einen preußischen Offizier spielt. »Also«, sagte Himmler. »Sie hatten reichlich Gelegenheit, sich diese Sache zu überlegen. Sie wissen, was von Ihnen erwartet wird?« Preston sagte vorsichtig: »Verstehe ich richtig, daß Oberst Radl Freiwillige für diesen Einsatz sucht?« Sein Deutsch war korrekt, nur die Aussprache ließ zu wünschen übrig.
Himmler nahm den Kneifer ab, streichelte behutsam mit einem Zeigefinger den Nasenrücken und setzte den Kneifer sehr sorgsam wieder auf.
Eine Gebärde, die ungemein bedrohlich wirkte. »Was genau wollen Sie damit sagen, Untersturmführer?«
»Nur, daß ich hier in einer ziemlich heiklen Lage bin. Wie Sie wissen, wurde den Mitgliedern des Britischen Freikorps zugesichert, daß sie nie an einem Krieg oder an kriegerischen Handlungen gegen England oder die Krone teilnehmen oder irgendwelche, den Interessen des britischen Volks abträgliche Maßnahmen aktiv unterstützen müßten.« Radl sagte: »Vielleicht würde dieser Herr sich im Einsatz an der Ostfront wohler fühlen, Reichsführer? Heeresgruppe Mitte, zum Beispiel. Allerhand Möglichkeiten da drüben, für einen, den's nach wahren Taten gelüstet.«
Preston begriff, daß er einen groben Schnitzer gemacht hatte, und versuchte hastig, die Scharte auszuwetzen. »Ich versichere Ihnen, Reichsführer, daß...«
Himmler schnitt ihm barsch das Wort ab. »Sie sprechen von Freiwilligkeit, wo ich nur verdammte Pflicht und Schuldigkeit sehe. Eine Gelegenheit, dem Führer und dem Reich wirklich zu dienen.« Preston stand stramm. Wiederum eine großartige Vorstellung, und zumindest Devlin hatte seinen hellen Spaß daran. »Selbstverständlich, Reichsführer, es ist mein brennendster Wunsch.« »Gehe ich fehl in der Annahme, daß Sie in diesem Sinn einen Eid geleistet haben? Einen heiligen Eid?« »Jawohl, Reichsführer.«
»Dann erübrigt sich jedes weitere Wort. Sie stehen ab sofort unter dem Befehl von Oberst Radl.« »Zu Befehl, Reichsführer.«
»Oberst Radl, ich möchte noch ein Wort unter vier Augen mit Ihnen sprechen.« Himmler starrte zu Devlin hinüber. »Herr Devlin, würden Sie bitte zusammen mit Untersturmführer Preston im Vorzimmer warten.« Preston grüßte mit zackigem Heil Hitler, vollführte eine Kehrtwendung und marschierte hinaus. Devlin folgte ihm und schloß hinter ihnen die Tür.
Von Rossmann war nichts zu sehen. Preston warf seine Mütze auf den Tisch. Er war weiß vor Zorn, wohl auch Furcht, und als er einem silbernen Etui eine Zigarette entnahm, zitterte seine Hand. Devlin schlenderte zu ihm herüber und bediente sich aus dem Etui, ehe Preston es zuklappen konnte. Er grinste. »Herrgott, der Reichsheini hat dich ja ganz schön am Wickel«, flüsterte er Preston zu. Er hatte englisch gesprochen, und Preston riß die Augen auf und antwortete in der gleichen Sprache: »Wie, zum Teufel, meinen Sie das?« »Hab' dich nicht, mein Sohn«, sagte Devlin. »Ich kenne nämlich euern Haufen. Legion of St. George. British Free Corps. Wie haben sie dich eingekauft? Schnaps, bis ich halt sage, und so viele Weiber, wie du verkraftest, vorausgesetzt, du bist nicht wählerisch. Und jetzt bitten sie eben zur Kasse.«
Aus der Höhe seiner einszweiundachtzig konnte Preston mit gehöriger Verachtung auf den Iren herabblicken. Er rümpfte die Nase. »Mein Gott, mit was für Leuten man sich abgeben muß, direkt aus dem Rinnstein, dem Geruch nach zu schließen. Hören Sie schon auf, den ekligen kleinen Iren zu mimen. Schön artig sein, sonst muß ich Sie übers Knie legen.« Devlin, der gerade ein Streichholz an seine Zigarette hielt, versetzte Preston einen gut gezielten Tritt unter die rechte Kniescheibe.
Im Büro hatte Radl soeben seinen Aktionsbericht beendet. »Ausgezeichnet«, sagte Himmler. »Und der Ire startet am Sonntag?« »Mit einer Dornier von der Luftwaffenbasis in Laville bei Brest. Von dort aus erreicht man auf Nordwestkurs Irland, ohne englischen Boden überfliegen zu müssen. In achttausend Meter Höhe dürften sie auf dem Großteil der Strecke keine
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