Der Adler ist gelandet
geht Sie nichts an«, erwiderte Radl kühl. »Sie sind bloß der Busfahrer, mein Freund.«
Er stand auf und stieg aus, und Gericke folgte ihm. »Also hören Sie, ein bißchen könnten Sie sich schon noch abringen.« Radl antwortete nicht. Er ging zurück zum Mercedes, stellte sich daneben und blickte über den Flugplatz hinweg. »Zu riskant für Sie?« »Blödsinn«, erwiderte Gericke ärgerlich. »Ich möchte nur gern wissen, worauf ich mich einlasse.« Radl antwortete nur: »Führerbefehl.«
»So wichtig ist es? Kein Wunder, daß Prager ganz durcheinander war«, erwiderte Gericke erstaunt. »Genau.«
»Gut. Wie lange habe ich noch Zeit?« »Ungefähr vier Wochen.«
»Ich brauche Böhmler, meinen Beobachter. Er muß mit mir fliegen. Der beste Kopilot, dem ich jemals begegnet bin.«
»Alles, was Sie wollen. Sie brauchen's nur zu sagen. Natürlich streng geheim, das Ganze. Ich kann Ihnen eine Woche Urlaub verschaffen, wenn Sie wollen. Danach bleiben Sie hier im Bauernhaus in Volldeckung.« »Kann ich testfliegen?«
»Wenn es sein muß, aber nur bei Nacht und wenn irgend möglich nur einmal. Ich schicke Ihnen die besten Flugzeugmechaniker her, die die Luftwaffe zu bieten hat. Alles, was Sie benötigen. Für diesen Teil der Veranstaltung haben Sie freie Hand. Ich möchte nicht, daß aus irgendeinem technischen Grund Motoren ausfallen, wenn Sie über den Marschen von Norfolk kurven. Und jetzt fahren wir zurück nach Amsterdam.«
Um genau zwei Uhr fünfundvierzig am folgenden Morgen mühte sich der Schafhalter Seumas O'Broin aus Conroy in der Grafschaft Monaghan, den rechten Heimweg quer über offenes Moorgelände zu finden. Und verfehlte ihn kläglich. Was durchaus begreiflich war, denn wenn man sechsundsiebzig ist, pflegen mit monotoner Regelmäßigkeit Freunde und Verwandte dahinzugehen, und Seumas O'Broin war auf dem Rückweg von einer Totenwache, einer Totenwache, die siebzehn Stunden gedauert hatte. Er hatte nicht nur, wie die Iren sagen, einen Trunk genommen. Er hatte sich so heillos besoffen, daß er nicht mehr wußte, ob er noch in dieser Welt oder schon in der anderen war. Daher empfand er auch, als aus dem Dunkeln über ihm lautlos ein großer weißer Vogel herabsegelte und auf dem Feld hinter der nächsten Mauer landete, überhaupt keine Furcht, sondern nur mildes Erstaunen.
Devlin machte eine musterhafte Landung. Der Versorgungssack, der an einem an seinem Gürtel befestigten Tau hing, schlug zuerst auf, das Signal, daß er sich bereithalten mußte. Er folgte nach dem Bruchteil einer Sekunde, rollte über federndes irisches Moos, rappelte sich sofort auf und schnallte die Gurte ab.
In diesem Augenblick teilten sich die Wolken vor einem Viertelmond, der ihm gerade die richtige Lichtmenge für sein Vorhaben lieferte. Er öffnete den Versorgungssack, nahm eine kleine Schaufel heraus, seinen dunklen Regenmantel, eine Tweedmütze, ein paar Schuhe und eine große lederne Reisetasche.
In der Nähe war eine Dornenhecke, daneben ein Graben, und er grub schnell mit seiner Schaufel ein Loch in die Grabensohle. Dann streifte er den Overall ab. Darunter trug er einen Tweedanzug. Er steckte die Walther, die er im Gürtel getragen hatte, in die rechte Jackettasche. Er zog die Schuhe an, dann stopfte er den Overall, den Fallschirm und die Sprungstiefel in den Versorgungssack, warf ihn in das Loch und deckte ihn schnell mit Erde zu.
Über das Ganze streute er einen Haufen trockener Blätter und Zweige und versteckte den Spaten im dichten Gebüsch.
Er zog den Regenmantel über, nahm die Reisetasche auf, drehte sich um - und sah Seumas O'Broin an der Mauer lehnen und ihn anglotzen. Blitzschnell fuhr Devlins Hand an den Griff der Walther. Aber dann belehrte ihn das Aroma guten irischen Whiskys und die verschliffene Sprechweise eines Besseren.
»Was bist du, Mensch oder Teufel?« fragte der alte Bauer, wobei er jedes Wort langsam und deutlich aussprach. »Aus dieser Welt oder aus der anderen?«
»Gott schütz uns, Alter, aber bei Eurer Fahne braucht bloß einer von uns ein Streichholz anzünden, und schon wären wir alle beide in der Hölle. Und was Eure Frage angeht, so bin ich
von beidem ein bißchen. Ein einfacher irischer Junge, der nach vielen Jahren in der Fremde auf ganz neuen Wegen heimkehren wollte.« »Ist das die Wahrheit?« »Wenn ich's Euch doch sage.«
Der Alte lachte erfreut. »Cead mile failte sa bhaile romhat«, sagte er auf gälisch. »Hunderttausendfach willkommen in der Heimat.« Devlin
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