Der Afghane
sich im Frühjahr 1986 um die Aufnahme beim SAS.
Ein großer Teil der Männer des Special Air Service kommt von den Fallschirmjägern, weil die Ausbildung und das Einsatzprofil dort ähnlich sind, doch der SAS behauptet, seine Aufnahmeprüfungen seien härter. Martins Papiere wurden vom Regimentsbüro in Hereford begutachtet. Seine fließende Beherrschung des Arabischen wurde mit Interesse zur Kenntnis genommen, und er wurde zu einem Auswahlkurs eingeladen.
Der SAS sagt von sich, er nehme bestens trainierte Männer und fange dann an, mit ihnen zu arbeiten. Martin absolvierte den üblichen sechswöchigen Auswahlkurs zusammen mit anderen Soldaten von der Fallschirmjägertruppe, aber auch von der Infanterie, der Kavallerie, der Panzertruppe, der Artillerie und sogar von den Pionieren. Der Special Boat Service, eine andere Eliteeinheit, bezog ihre Rekruten überwiegend von der Marineinfanterie.
Es ist ein einfacher Kurs, der auf einer einzigen Leitlinie basiert. Am ersten Tag erklärte ihnen ein lächelnder Ausbilder: »In diesem Kurs versuchen wir nicht, euch auszubilden. Wir versuchen, euch umzubringen.«
Und das taten sie. Nur zehn Prozent der Bewerber bestehen diesen Auswahlkurs. Das erspart nachher eine Menge Zeit. Martin bestand. Dann wurde die Ausbildung fortgesetzt: Dschungeltraining in Belize, und ein zusätzlicher Monat in England wurde auf das Überstehen von Verhören verwandt. »Überstehen« bedeutet hier, zu schweigen, während man einigen höchst unangenehmen Praktiken ausgesetzt ist. Das Gute dabei ist, dass sowohl das Regiment als auch der Bewerber in jedem Augenblick das Recht auf »Rückkehr zur Einheit« haben.
Im Spätsommer 1986 begann Martin seinen Dienst beim 22 SAS als Troop Commander im Rang eines Captains und entschied sich für die Luftlandeeinheit, die A Squadron – für einen Fallschirmjäger eine naheliegende Auswahl.
Die Fallschirmjäger hatten für seine Arabischkenntnisse keine Verwendung gehabt, aber der SAS interessierte sich sehr wohl dafür, denn er unterhält eine lange und vertraute Beziehung zur arabischen Welt. Sie entstand 1941 in der westlichen Wüste Ägyptens, und die Verbundenheit mit dem Sand Arabiens hat sich erhalten.
Scherzhaft sagt man dem SAS nach, er sei die einzige Truppe, die tatsächlich Gewinne erzielt. Das stimmt nicht ganz, aber es kommt der Wahrheit doch ziemlich nah. SAS-Soldaten sind die meistgesuchten. Bodygards und Ausbilder von Bodyguards auf der ganzen Welt. Überall in Arabien haben Sultane und Emire SAS-Teams für die Ausbildung ihrer Leibwachen angeworben und sie fürstlich bezahlt. Martins erster Auftrag führte ihn zur saudischen Nationalgarde nach Riad, und dort war er, als er im Sommer 1987 nach Hause gerufen wurde.
»Mir gefällt das nicht«, sagte sein Kommandeur. »Nein, es gefällt mir ganz und gar nicht. Aber Vauxhall will Sie ausborgen. Ist wegen des Arabischen.«
Er bezog sich auf ein grünliches Sandsteingebäude am Südufer der Themse in London, genannt Vauxhall Cross. Er meinte den SIS – die Firma.
»Haben die nicht selbst Leute, die Arabisch sprechen?«, fragte Martin.
»O doch. Ganze Schreibtische voll. Aber es geht nicht nur darum, die Sprache zu sprechen. Und es geht eigentlich auch nicht um Arabien. Sie wollen, dass jemand hinter die sowjetischen Linien in Afghanistan geht und mit dem Widerstand zusammenarbeitet, mit den Mudschaheddin.«
Die pakistanische Militärdiktatur hatte bestimmt, dass kein Soldat einer westlichen Macht über Pakistan nach Afghanistan eindringen dürfe. Der Diktator sagte es nicht laut, aber sein eigener militärischer Nachrichtendienst ISI verwaltete die amerikanischen Hilfsgüter, die in großen Mengen an die »Muj« geliefert wurden, gern selbst. Außerdem hatte er kein Interesse daran, zu sehen, wie ein amerikanischer oder britischer Soldat, der über Pakistan nach Afghanistan eingeschleust worden war, von den Russen gefangen genommen und zur Schau gestellt wurde.
Aber einige Zeit nach dem sowjetischen Einmarsch waren die Briten zu dem Schluss gekommen, dass der Mann, der ihre Unterstützung verdiente, nicht der von Pakistan bevorzugte Gulbadin Hekmatjar war, sondern der Tadschike Schah Massud, der sich nicht in Europa oder Pakistan herumdrückte, sondern den Besatzern ernsthafte Schwierigkeiten bereitete. Das Problem bestand darin, ihm diese Unterstützung zukommen zu lassen. Sein Territorium lag oben im Norden.
Gute Führer konnte man leicht von den Mudschaheddin am Khyberpass bekommen.
Weitere Kostenlose Bücher