Der Agent - The Invisible
er versucht, ihr ein paar tröstende Worte zuzuflüstern. Er wollte ihr sagen, alles werde wieder gut und er werde es nicht zulassen, dass ihr etwas zustoße, doch das wären leere Versprechungen gewesen, und davon hatte er in seinem Leben schon genug gemacht. Stattdessen drehte er sich zu Fahim um.
Es sah nicht so aus, als hätte der sich bewegt. Er stand immer noch mitten auf dem Kiesweg, der lange Regenmantel flatterte im Wind. Er presste ein Satellitentelefon an sein linkes Ohr, hielt aber weiter die Waffe in der Rechten, die direkt auf Kealey zielte.
Während er näher kam, schnappte Kealey ein paar Worte auf, ohne dass diese einen Sinn ergeben hätten. Als er noch fünf Schritte entfernt war, richtete Fahim die Mündung der Pistole auf seine Brust. Kealey ließ sich nichts anmerken, aber seine Muskeln spannten sich, und sein Atem ging schneller, als er auf die halbautomatische Waffe blickte. Fahim murmelte noch ein paar Worte, ließ das Telefon etwas sinken und drückte es an seine Schulter. Dann sagte er etwas, das für Kealey völlig überraschend kam.
»Er möchte Sie sprechen.«
Für ein paar Augenblicke verschlug es Kealey die Sprache, in seinem Kopf jagten sich die Gedanken. »Wer?«, fragte er schließlich. »Mit wem reden Sie? Mit Mengal?«
Statt zu antworten, warf ihm Fahim das Telefon zu, das er gerade noch auffangen konnte. Als er sich versichert hatte, dass es weiter eingeschaltet war, hob er es ans Ohr. »Wer ist dran?«, fragte er laut, um den Regen zu übertönen. »Was wollen Sie?«
»Dass Sie mir zuhören«, antwortete Javier Machado. Obwohl sie durch Tausende von Kilometern getrennt waren, klang seine Stimme so klar, als würde er neben Kealey stehen. »Ich möchte, dass Sie genau hinhören. Glauben Sie mir, mindestens ein Menschenleben - nicht notwendigerweise Ihres - hängt davon ab, was Sie als Nächstes tun werden.«
35
Nordpakistan
»Dreckskerl«, murmelte Kealey, der seine Umgebung nur noch schemenhaft wahrnahm. Fahim stand in der Nähe, die Pistole auf ihn richtend, und der Regen lief über sein Gesicht, doch alles andere schien sich irgendwie aufgelöst zu haben. Nur ein Gedanke beschäftigte ihn, nämlich der, dass ihm etwas Wichtiges entgangen sein musste. Er versuchte hektisch, darauf zu kommen, aber ihm fiel nichts ein, und seine Wut drohte jeden rationalen Gedanken unmöglich zu machen. »Was zum Teufel denken Sie sich dabei? Ich schwöre bei Gott, ich werde …«
»Ich habe gesagt, Sie sollen zuhören«, fuhr Machado ihn an. »Wo ist Marissa? Kann sie hören, was Sie sagen?«
Kealey blickte zu Machados Tochter hinüber, kannte die Antwort aber bereits. Pétain war nur etwa sechs Meter weit weg, vor dem Transformatorenhäuschen kauernd, an das sie gefesselt war, doch trotz der geringen Entfernung hätte sie wegen des herabprasselnden Regens und des Donners allenfalls etwas verstanden, wenn er sehr laut geworden wäre. »Nein, sie kann nicht mithören.«
»Gut, aber wir werden trotzdem kein Risiko eingehen.« Machados Stimme wirkte etwas entspannter. »Wenn Sie meinen Namen nennen, werden Sie Pakistan nicht lebend verlassen. Habe ich mich deutlich ausgedrückt?«
»Ja«, zischte Kealey, unfähig, seine Wut zu verbergen.
»Gut«, wiederholte Machado. »Also, hören Sie zu. Auch
wenn es vielleicht anders aussieht, ich habe Sie nicht in die Irre geführt. Wie Sie vielleicht schon vermuten, war Fahim einer meiner Agenten, als ich für die CIA in Pakistan war. Er war der Erste, den ich im Land rekrutiert habe. Fahim ist sehr verlässlich und kann Sie direkt zu Benazir Mengal führen. Alles, was ich Ihnen in Cartagena erzählt habe, stimmt.«
»Warum dann dieser ganze Schwachsinn? Warum musste Ihre Tochter mit Handschellen …?«
»¡Cállate!«, brüllte Machado. Halten Sie den Mund! »Ich habe gesagt, Sie sollen meinen Namen nicht gebrauchen!«
Hatte er nicht, die ganze Zeit über nicht, doch Kealey wusste, was der Spanier meinte. »Sie kann nicht …«
»Lassen Sie mich reden«, sagte Machado ruhig. Kealey staunte über den plötzlichen Stimmungswechsel, der sich in seinem Ton niederschlug. Der Mann hatte sich nicht unter Kontrolle, aber Kealey glaubte, ein tief verwurzeltes Schuldgefühl zu erahnen. Es kam ihm so vor, als hätte der Spanier vielleicht einmal einen großen Fehler gemacht. Oder dass er im Begriff war, einen zu machen.
»Ich werde Fahim auftragen, Ihnen zu helfen«, sagte Machado. »Er gehört zu einer größeren Gruppe, die er 1988 gegründet hat,
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