Der Agent - The Invisible
Ladefläche abgrenzte, war ein rechteckiges Stück von vierzig mal dreißig Zentimetern herausgeschnitten worden. Die Öffnung war groß genug, um ein Gespräch zwischen dem Fahrer und den hinten sitzenden Insassen zu ermöglichen, aber nicht so groß, um jemanden durch die Windschutzscheibe sehen zu lassen, was auf der Ladefläche transportiert wurde. Kealey rückte ein Stück vor. »Wie sieht’s aus?«, fragte er Ramirez, der den Polizeifunk abhörte.
Ramirez, ein dunkelhäutiger Mann in mittleren Jahren, kratzte sich am Kinn und hustete, wandte den Blick aber nicht
von der Straße ab. »An der Puerta del Sol findet eine Demonstration statt. Bis jetzt sind knapp tausend Leute da, meistens Studenten. Sie demonstrieren gegen das bevorstehende Gipfeltreffen in Barcelona. Die Bereitschaftspolizei ist mit fünf Fahrzeugen vor Ort. Bisher ist nichts passiert, aber sie behalten die Lage im Auge und erwarten weitere hundert Polizisten. Am Museum hat es einen Unfall gegeben … Das ist nicht mal einen halben Kilometer von hier entfernt. Das wär’s. Warum fragen Sie? Sollen wir die Sache aufschieben?«
Kealey dachte einen Augenblick nach. Bei der Vorbereitung einer Operation im Ausland unterließ er es nie, sich vorab einen Eindruck von der örtlichen Polizeipräsenz zu verschaffen. Es war wichtig, genau zu wissen, wo die Polizeistationen waren, auf welchen Straßen am häufigsten Streifenwagen patrouillierten, und wie lange sie brauchten, um auf einen Notruf zu reagieren. In der Regel war es nicht besonders schwierig, einen Überblick zu gewinnen, doch in Spanien lagen die Dinge ein bisschen anders. Besonders in den großen Städten. Das war ihm schon bei der Landung auf dem Flughafen Madrid Barajas aufgefallen, der fünfzehn Kilometer nördlich des Stadtzentrums lag. Es war unmöglich, die Sicherheitsmaßnahmen in dem Terminal zu übersehen. Überall sah man Angehörige der Nationalen Polizei, aber auch Soldaten der Guardia Civil und Personal privater Security-Firmen. Außerhalb des Terminals wurden die Sicherheits- und Verkehrskontrollen von der örtlichen Polizei übernommen, deren Präsenz ebenfalls beeindruckend war.
Ihm war klar, dass man das Können und die Entschlossenheit der spanischen Polizei nicht auf die leichte Schulter nehmen durfte. Aber die mit der Observation Ghafours beauftragten Agenten hatten die Baustelle nördlich der Plaza de España permanent im Auge behalten. Von Anfang an waren
sie sich einig gewesen, dass die Baustelle der beste Ort war, um an Ghafour heranzutreten, und zu ihrem Auftrag hatte es auch gehört, die Polizeipräsenz in der Gegend zu beobachten. Er hatte sich ihre Notizen genau angesehen. Leider ergaben sich daraus keine Hinweise auf den günstigsten Zeitpunkt. Dort patrouillierten nicht viele Polizisten, aber sie taten es regelmäßig. Trotzdem glaubte er nicht, dass sich eine bessere Möglichkeit bot, wenn sie warteten.
Außerdem hatten sie keine Zeit zu verlieren. Was am Vortag in Pakistan geschehen war, ließ auch die Geschichte mit den verschwundenen Touristen in einem völlig neuen Licht erscheinen. Er und Naomi hatten auf dem Flughafen Keflavík International, wo auf jedem Bildschirm in dem Terminal CNN lief, von Fitzgeralds Entführung erfahren. Keine zehn Minuten später rief Harper an, um sie über die offizielle Version der Ereignisse und die vorherrschende Meinung in Washington zu unterrichten. Ausnahmsweise stimmte Kealey mit den Beratern des Präsidenten überein. Dass die Außenministerin in Pakistan entführt worden war - dort, wo kürzlich auch zwölf amerikanische Touristen verschwunden waren -, konnte kein Zufall sein. Es war gut möglich - sogar wahrscheinlich -, dass Amari Saifi bei Fitzgeralds Entführung die Finger im Spiel hatte, und obwohl er diesen Auftrag zuerst nur zögernd akzeptiert hatte, empfand er die Aufgabe, den algerischen Terroristen zu finden, mittlerweile als Herausforderung. Im Augenblick schien das nur über Kamil Ghafour möglich zu sein, und deshalb war es von entscheidender Bedeutung, dass alles klappte, wenn sie erst einmal auf der Baustelle waren. Er war sich ziemlich sicher, dass Ghafour das Angebot der CIA - Geld gegen Informationen - akzeptieren würde, konnte sich aber nicht auf diese Hypothese verlassen. Er musste auf alles gefasst sein.
»Nein, wir werden nicht warten«, antwortete er schließlich auf Ramirez’ Frage. »Ich muss wissen, was der Typ zu sagen hat. Und überhaupt, je länger wir warten, desto größer das
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