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Der Algebraist

Der Algebraist

Titel: Der Algebraist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Banks
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richtig schwer
geworden. Fassin spürte, wie sich das Schockgel um ihn
verdichtete. Wie knirschender Schnee unter den Füßen. Er glaubte fast zu sehen, wie alle noch verbliebenen
Gasbläschen in seinem Körper so flach wie Hämozyten
wurden. So richtig schön schwer…
    »Meistertechniker«, meldete sich plötzlich der
Colonel.
    »Moment mal«, sagte Apsile. »Das…«
    Das ganze Schiff schüttelte sich kurz und begann zu
rollen.
    - Herv?, sendete Fassin.
    »Ich empfange da einen Zielsuchstrahl…«, begann
Apsile, brach aber gleich wieder ab, als das Schiff noch einmal
erbebte und wild über den Himmel schlitterte.
    »Wir werden tatsächlich angepeilt«, verkündete
Hatherence. »Meistertechniker«, rief sie über alle
Frequenzen hinweg. »Können Sie uns jetzt schon
absetzen?«
    »Wie? Was? Nein! Ich…«
    »Meistertechniker, versuchen Sie auf mein Kommando eine Rolle
oder einen Überschlag«, verlangte Hatherence. »Ich
werde uns absetzen.«
    »Sie?« schrie Apsile.
    »Ich. Ich kann es. Ich habe Waffen: und jetzt entschuldigen
Sie mich, und viel Glück.«
    - Moment mal, begann Fassin.
    »Seher Taak«, sagte der Colonel knapp, »schirmen
Sie Ihre Sinne ab.« Der große Diskus neben ihm schickte
einen grellen, blauweißen Lichtimpuls senkrecht nach unten. Die
Türen wurden abgesprengt. Funken stoben davon. Draußen
wirbelten gelbbraune Wolken vorbei. Fassins kleines Pfeilschiff sah
nur noch Flecken und tauschte eilends seine beschädigten
Sensoren aus. Er hatte sich wohl doch nicht rechtzeitig abgeschirmt.
Jetzt schaltete er die Sensoren ab. »Absetzen in drei
Sekunden«, sagte der Colonel. »Bitte leiten Sie jetzt das
Manöver ein, Meistertechniker.«
    Von oben rasten ein Strahlungsstoß und ein Hitzeschwall
heran, als das Schiff zur Rolle ansetzte. Der Schlitten, der Fassin
im Absetzschiff festhielt, klinkte aus, und er schoss wie eine
Kanonenkugel aus dem Frachtraum. Einen Augenblick später kam der
Colonel in ihrem Oerileithe-Anzug hinterher und holte rasch auf.
Über sich sah er das Absetzschiff, das immer noch um die eigene
Achse rollte. Plötzlich fuhr seitlich davon ein violetter Strahl
herab, durchschnitt das Gas und brannte sich in seine eben erst
reparierte Optik. Der Strahl verfehlte das Trägerschiff nur
knapp, dann schoben sich dicke gelbe Nebelwolken zwischen ihn und das
Schiff, und er und der Colonel waren allein. Ein winziger Pfeil und
eine rotierende, schmutzig graue Münze schossen in Nasquerons
weiten, turbulenten Himmel hinab.
     
    »›Für alle, die sich mit solchen Dingen befassen,
steht unumstößlich fest, dass es innerhalb gewisser
Spezies eine Klasse von Wesen gibt, die ihren Mitkreaturen so viel
Verachtung und Misstrauen entgegenbringen, dass sie nur Hass und
Furcht erregen und diese Empfindungen auch für die
aufrichtigsten halten, die sie sich erhoffen können, weil sie am
seltensten vorgetäuscht werden.‹« Der Archimandrit
Lusiferus schaute an der Wand empor. Der Kopf schaute mit starrem
Blick über die Kabine, Schmerz, Entsetzen und Wahnsinn standen
in den weit aufgerissenen Augen.
    Der Attentäter war bald nach Antritt der langen Reise zum
Ulubis-System gestorben. Die oberen Stoßzähne waren
schließlich so tief in sein Gehirn eingedrungen, dass sie
seinen Tod herbeiführten. Der Archimandrit hatte dem Mann die
Augenlider wieder aufschneiden lassen, als die Mediziner meldeten,
der Tod sei binnen weniger Tage zu erwarten; er hatte den Blick des
Mannes sehen wollen, wenn erstarb.
    Als für den namenlosen Attentäter schließlich die
Stunde gekommen war, hatte Lusiferus geschlafen, aber er hatte sich
die Aufzeichnung oft genug angesehen. (Es war nicht viel geschehen.
Das Gesicht hatte aufgehört, sich zu verzerren. Die Augen waren
nach hinten gerollt und langsam, leicht schielend wieder an den alten
Platz zurückgekehrt, während die Vitalzeichenanzeige neben
dem Bild zuerst den Herzstillstand registrierte und wenige Minuten
später die Kurve für die Hirnaktivität in eine flache
Linie auslief. Lusiferus hätte etwas mehr Dramatik vorgezogen,
aber man konnte nicht alles haben.) Er hatte den Kopf abnehmen und in
Augenhöhe vor dem Kopf des Rebellenführers Stinausin wieder
anbringen lassen. Nun musste ihn Stinausin tagein tagaus ansehen.
    Der Archimandrit warf einen Blick auf den Kopf des Namenlosen.
»Was meinst du dazu?« Er schaute wieder auf den Text, seine
Lippen bewegten sich, aber er las nicht laut. Dann verzog er den
Mund. »Ich bin an sich mit der Beschreibung

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