Der Algorithmus der Liebe: Roman (German Edition)
es nicht genügend besondere Gelegenheiten gibt.«
Am Dienstag nahmen sie sich die Kleider vor.
» Oma würde sagen, schmeißt den ganzen Kram weg «, erklärte Dash und stemmte die Hände in die Hüften, während er einen skeptischen Blick in Livvies Kleiderschrank warf.
»Wir sollten zumindest ein paar Sachen spenden«, warf Meredith ein.
»An wen? D ie Heilsarmee für alte Damen?«
Julia zwängte sich zwischen ihnen durch, nahm eine oft getragene orangefarbene Strickjacke von einem Haken an der Kleiderschranktür, schlüpfte hinein und verschwand wieder.
Am Mittwoch waren die Papiere an der Reihe.
» Oma würde sagen, schmeißt den ganzen Kram weg«, wiederholte Dash, aber stattdessen machte Sam belegte Brote und Popcorn, während die anderen auf dem Boden herumsaßen und eine Million Papiere sortierten, um wenigstens ansatzweise Ordnung in Livvies Unterlagen zu bringen: persönliche Briefe auf eine Seite, Geschäftskorrespondenz auf die andere, alte Rechnungen auf eine Seite, unbezahlte Rechnungen auf die andere, daneben Buchhaltungsunterlagen, Abfall.
»Wenn wir mal sterben, gibt es das alles nicht mehr«, sagte Meredith. »Mir schreibt niemand Briefe auf Papier, und ich kriege auch keine Rechnungen, Kontoauszüge oder Steuerunterlagen in Papierform. Meine Enkel können später mal einfach meinen kompletten E-Mail-Account löschen, fertig.«
Sie stieß auf ein grünes Flugblatt, das sie zusammenfaltete und in die Hosentasche schob. Später fand sie ein blaues und ein rosafarbenes, die sie ebenfalls wegsteckte. In der Küche bei Sam warf sie die Flugblätter heimlich in den Mülleimer.
»Was sind das für Flyer?«, fragte Sam.
» Werbung für einen Töpfer, der auf dem Lieblingsmarkt meiner Großmutter in Florida einen Stand hat. Ständig ist sie meiner Mutter damit in den Ohren gelegen, dass sie unbedingt auch eine Website bräuchte wie Peter, der Töpfer, und Spezialanfertigungen anbieten müsste und Gartenzwerge. Sie glaubte, dass er sich dumm und dämlich verdient, weil immer eine lange Schlange mit alten Leuten vor seinem Stand wartet. Meine Mutter hingegen h ält Peter für einen Blender. Livvie hat sie ganz verrückt gemacht mit ihren Empfehlungen. Ich dachte, ich erspare ihr lieber den Ärger.«
In diesem Moment kam Julia in die Küche, fischte die Flugblätter aus dem Papiermüll und strich sie auf der Ablage glatt.
Meredith zog die Augenbrauen hoch. »Ich dachte, Gartenzwerge wären zu spießig?«
»Deshalb hatte ich ja auch an Elfen gedacht. « Julia begleitete ihren Witz mit einem gequälten Lächeln.
»Hebst du die Flyer etwa aus sentimentalen Gründen auf?«, wollte Meredith wissen.
» Genörgel aus dem Jenseits «, antwortete Julia. » Was gibt’s Schöneres? «
Am Donnerstag brauchten alle eine Pause. Onkel Jeff und Tante Maddie luden Kyle und Julia auf ein teures Mittagessen in ihr teures Hotel ein, während Dash und Meredith heimlich und mit schuldbewusstem Nervenkitzel Livvies Schmuck durchgingen.
» Oma würde sagen, werft den ganzen Kram weg«, sagte Meredith leichtfertig. Sie thronte in der Mitte des Bettes und war von stapelweise Perlen, Goldketten, Zinn-Amuletten, falschen und echten Diamantcolliers, Jade-Armreifen und riesigen Ringen umgeben. Manches war wertvoll, das meiste jedoch nicht. Manches war wunderschön, das meiste jedoch nicht. Meredith trug drei Reihen Perlen (weiß, rosa und Perlmutt), zwei Goldketten (eine mit klemmendem Verschluss und eine mit einem Pudel-Anhänger, der noch aus Livvies Zeiten als Hundebesitzerin stammte), Ohrringe, die sie selbst zusammengestellt hatte (eine silberne Kreole und einen blauen Ohrstecker), und vier Ringe, darunter Livvies Ehering und ein Plastikring in Rot und Lila, den Meredith als Elfjährige für sie auf dem Jahrmarkt gewonnen hatte. Dash trug ein Diadem aus falschen Klunkern, eine selbst gebastelte Makkaroni-Kette, Ringe an jedem Finger (die alle noch uneleganter waren als der Plastikring vom Jahrmarkt) und auf der Brust zwei Elfenbeinbroschen, die aussahen, als würden sie miteinander kämpfen.
»Gib mir eine von den Broschen«, verlangte Meredith.
»Die gehören aber zusammen«, protestierte Dash.
»Die eine ist ein Drache und die andere ein Tiger.«
»Genau. Die beiden kämpfen gegeneinander. Wir müssen erst abwarten, wer gewinnt.«
Er schlang sich ein Bettelarmband um den Fußknöchel, an dem vier goldene Anhänger hingen: die Umrisse von Jeff, Julia, Dash und Meredith als Babys.
» Immer schnappst du dir
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