Der Algorithmus der Liebe: Roman (German Edition)
glücklich. Wenn sie sauer sind, weil ihr Burger nicht durch ist, nimmt man ihn wieder mit in die Küche und bringt ihn zurück, wenn er fertig ist. Wenn die Leute essen gehen, wünschen sie sich meistens nichts Komplizierteres als ein Ranch Dressing zu ihrem Salat oder eine Extraportion Eis zu ihrem Kuchen. Und diese Wünsche konnte ich ihnen problemlos erfüllen. Ich habe mich gefreut, endlich mit Wesen zu tun zu haben, die ihre Wünsche in Worte fassen konnten. Es ist schön, wenn die Menschen etwas brauchen, das man ihnen geben kann.«
»Glaubst du, dass Penny etwas braucht, das wir ihr geben können?«, wollte Sam wissen.
»Natürlich. Ich weiß zwar noch nicht genau, was, aber das finden wir sicher noch heraus.«
Am nächsten Morgen war Penny ein vollkommen anderer Mensch. In ihrer Wohnung herrschte immer noch ein Riesenchaos, aber sie schämte sich, schämte sich für alles, was am Vortag passiert war. Sam war unendlich erleichtert. Der Zustand ihrer Wohnung war ihm egal, aber der Zustand ihres Kopfes hatte ihm große Sorgen bereitet. Jetzt war Penny geduscht und sauber, trug ordentliche Kleidung und blickte ihnen mit einer Mischung aus Scham und Dankbarkeit entgegen. Meredith kam sofort zur Sache.
»Wir könnten heute zusammen die Stapel durchgehen, um zu sehen, was du noch brauchst oder behalten willst und was wir wegbringen können. Von Omas Sachen haben wir einiges einem Obdachlosenwohnheim in der Stadt gespendet. Damit würdest du erstens etwas Gutes tun und hättest zweitens wieder mehr Platz. Und danach könnten wir anfangen, ein bisschen Ordnung zu machen. Was ist in dem dritten Zimmer?«
Genau wie in Livvies Wohnung gab es auch in Pennys Wohnung drei Zimmer, von denen eins am Vortag abgeschlossen gewesen war.
»Oh, da steht der Computer «, antwortete Penny. »Da könnte man sicher noch ein paar Sachen unterbringen.«
»Du hast einen Computer?«, fragten Sam und Meredith gleichzeitig.
»Natürlich. Jeder hat doch einen Computer. So alt bin ich nun auch wieder nicht.«
»Und wozu benutzt du den?«, fragte Sam skeptisch.
» Na, ihr wisst schon: um den Enkeln E-Mails zu schreiben, um mit Livvie zu sprechen, wenn sie mal wieder in Florida war, um Lebensmittel, Kleider, Bücher oder Geschenke im Internet zu bestellen. Online-Banking. Facebook. Das Übliche.«
»Aber du …«, begann Meredith .
»Bist doch uralt?«, ergänzte Penny.
»Nein, das wollte ich nicht sagen. Ich wollte sagen, dass du so … einsa m und verlassen wirkst.«
» Ja. Vielleicht gerade deshalb«, gab Penny zu. »Meine Kinder schreiben mir E-Mails oder erkundigen sich per Video-Chat nach mir. Und hinter der Kamera sieht eben alles sauber und aufgeräumt aus. Ich versichere ihnen immer, dass alles gut ist und sorge dafür, dass ich gut aussehe, wenn ich mit ihnen rede. Weil ich nicht will, dass sie sich Sorgen machen. Und sie haben natürlich auch keine Lust, sich Sorgen zu machen …« Sie brach ab.
»Wie viele Kinder hast du denn, und wo leben sie?«, fragte Meredith. Ihre Großmutter hatte immer von einer ganzen Horde gesprochen, aber nie Genaueres erzählt.
»Katie lebt in San Francisco, und Ken t in New Jersey. Kaleb wohnt in Chicago, Kendra in Vermont und Kyra in der Nähe von Atlanta. Wenn wir ihnen nicht allen Vornamen mit K gegeben hätten, wären sie vielleicht in der Nähe geblieben.« Sie lächelte, um deutlich zu machen, dass sie nur scherzte und nicht wieder den Verstand verloren hatte.
»Ich rufe sie an«, sagte Meredith. »Oder schreibe ihnen eine E-Mail, wenn dir das lieber ist. Nur als vorsichtige Warnung, nicht, um sie zu erschrecken. Aber ich glaube, deine Kinder wüssten gerne, was hier los ist.«
»Hat Albert den Computer auch benutzt?«, fragte Sam. Meredith gab ihm mit einem funkelnden Blick zu verstehen, dass die Frage zu früh kam.
»Nicht wirklich. Nicht so oft wie ich jedenfall s. Aber manchmal schon …«, antwortete Penny nachdenklich. »Warum?«
»Nur so«, sagte Sam. »Kann ich den Computer mal sehen?«
Penny holte den Schlüssel und schloss das Computerzimmer auf. Der Kontrast war so atemberaubend, dass Meredith nach Luft schnappte. Geöffnete Jalousien, die den Blick auf die Meerenge freigaben, Bücherregale aus hellem, glänzend lackiertem Holz, auf denen sorgsam sortierte und auf Linie gebrachte Bücher standen, makellos weiße Wände, glänzendes Zedernholzparkett, ein antikes Fernglas an einem Haken an der Wand und ein toller schimmernder Schreibtisch, der leer war bis auf den
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