Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Algorithmus der Liebe: Roman (German Edition)

Der Algorithmus der Liebe: Roman (German Edition)

Titel: Der Algorithmus der Liebe: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laurie Frankel
Vom Netzwerk:
Meredith.
    »Wie ist es?«, fragte sie.
    »Unverändert.«
    »Schlimm?«
    »Ja.«
    Dem war nichts hinzuzufügen, deshalb saßen sie nur da und sahen sich an.
    »Mir ist klar , dass es nicht deine Schuld ist«, sagte sie nach einer Weile.
    »Ich weiß.«
    »Es tut mir leid.«
    »Mir auch.«
    »Wir können RePrise nicht einfach stilllegen «, sagte sie.
    »Ich weiß.«
    »Aber wir müssen etwas tun.«
    »Ich weiß.«
    Sie legte ihre Finger erst an ihr Herz, dann an die Lippen und schließlich an die Kamera. Er tat dasselbe. Dann ging er zurück in den Aufenthaltsraum, um dort noch ein wenig zu warten.
    Nach einer Weile kam Dash herein und setzte sich neben ihn. Sie blickten sich finster an, sagten jedoch nichts. »Hast du jemanden gefunden, mit dem du sprechen konntest?«, fragte Dash schließlich.
    Sam schüttelte den Kopf. »Du?«
    Dash antwortete nicht. »Als ich in der dritten Klasse war, haben mein Freund Kevin und ich hinter dem Haus am Bach gespielt. Seine kleine Schwester Lena ist uns gefolgt, und wir haben sie immer wieder angeschrien, dass sie nach Hause gehen und uns in Ruhe lassen soll, mädchenfreie Zone und so. Man musste über einen Baumstamm balancieren, wenn man über den Bach kommen wollte, aber Lena hatte Angst, sie war erst fünf. Also stand sie auf der anderen Seite und hat um Hilfe gerufen, aber wir waren froh, dass wir sie los waren. Irgendwann hat sie wohl doch allen Mut zusammengenommen, oder vielleicht war es auch die reine Verzweiflung. Jedenfalls kam sie den Baumstamm entlangbalanciert, aber dann ist sie abgerutscht und ins Wasser gefallen. Bei ihrem Sturz hat sie sich den Kopf am Baumstamm angeschlagen, und obwohl ihr der Bach nicht mal bis zu den Knien ging, blieb sie zitternd und zuckend liegen, mit dem Gesicht nach unten. Sie hat Wasser geschluckt und gehustet, aber sie kam nicht nach oben. Wir waren sofort bei ihr und haben sie an den Haaren nach oben gezogen, bis sie wieder Luft gekriegt hat, und sie dann ans Ufer gebracht. Kevin ist bei ihr geblieben, und ich habe ihre Mutter geholt. Es stellte sich heraus, dass sie einen Krampfanfall hatte. Anfangs glaubte man, er sei vom Aufprall auf den Baumstamm ausgelöst worden. Irrtum: Sie war vom Baumstamm gefallen, weil sie einen Krampfanfall bekommen hatte. Hirntumor. Es ging alles rasend schnell. Sechs Wochen später war sie tot. Als sie im Krankenhaus lag, wusste ich mit meinen acht Jahren schon ganz genau, dass es zwar schrecklich für sie war, aber noch viel schrecklicher für Kevin. Er hat den ganzen Sommer nicht mehr draußen gespielt. Und dann starb sie, und im Herbst kam er zurück in die Schule und saß einfach nur auf seinem Platz und starrte ins Leere. Die Lehrerin hat ihn einfach in Ruhe gelassen. Ich bin trotzdem weiterhin zu ihm nach Hause gegangen, aber wir saßen nur in seinem Zimmer und hielten Legosteine in der Hand. Wir haben nicht damit gespielt, sondern sie nur von einer Hand in die andere geschoben. Also bin ich irgendwann nicht mehr hingegangen. Kurz vor Weihnachten sind sie weggezogen. Um den Erinnerungen zu entfliehen, sagte mein Vater, aber meine Mutter hat nur gefragt: ›Wo auf Erden sollten sie so etwas Schreckliches wohl vergessen können ?‹«
    Sam nickte stumm. Nach einer Weile sagte er: »Da leidet man rund um die Uhr mit seinen Kunden mit, jeden Tag aufs Neue, bis einem irgendwann aufgeht, dass sie die Glücklichen sind, weil sie wenigstens Erinnerungen haben, die wir für RePrise nutzen können. Und was noch besser ist: Sie haben Erinnerungen, die sie einigermaßen ertragen k önnen. Ich habe es immer als unfair empfunden, dass ich überhaupt keine Erinnerungen an meine Mutter habe, aber manchmal sind fehlende Erinnerungen auch ein Segen.«
    In diesem Moment kam völlig unerwartet David Elliot in den Aufenthaltsraum marschiert. Er freute sich riesig. »Dash! Sam! Was macht ihr denn hier?«
    Sams Herzschlag setzte einen Moment aus. »Oh, mein Gott, David. Scheiße. Was machst du hier? Was ist passiert?«
    »Nichts. Warum?«
    »Alles in Ordnung bei dir?« Sam packte ihn b ei den Schultern und drückte ihn viel zu fest.
    »Mir geht’s gut. Dir auch?«
    »Gott sei Dank. Warum bist du hier?« Sam musste sich zwingen, David nicht zu umarmen. Irgendwann gab er es auf und umarmte ihn trotzdem.
    »Äh, Sam«, hörte er Dash sagen. »Guck mal, was David in der Hand hat.«
    Sam ließ David los und erblickte den Stapel Flyer. Sie sahen genau aus wie der Anschlag, den Meredith am Vortag vom Schwarzen Brett gerissen

Weitere Kostenlose Bücher