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Der Alte, dem Kugeln nichts anhaben konnten - Roman

Der Alte, dem Kugeln nichts anhaben konnten - Roman

Titel: Der Alte, dem Kugeln nichts anhaben konnten - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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fragte ich ihn. »Das war nicht Teil des Plans.«
    »Deus ex machina«, sagte Tequila lachend. »Gott aus der Maschine.« Er winkte mir mit dem Internettelefon zu.
    »Halte mich bitte nicht zum Narren«, knurrte ich.
    »Das war Pete, mein Zimmergenosse. Ich dachte, wir brauchen unbedingt einen Plan B.«
    »Wir wollten aber ›guter Cop, böser Cop‹ spielen«, sagte ich. »Wir hatten unseren Plan.«
    »Und ich hab uns abgesichert für den Fall, dass dein Plan nicht funktioniert«, sagte er zu mir.
    Ich sah ihn giftig an. »Weiß Petes Mutter, was für ein Schandmaul er hat?«
    »Mach schon die Kassette auf, Grandpa.«
    »Schlauberger«, sagte ich und drehte meinen Schlüssel im Schloss. Der Deckel der Kassette sprang auf. Acht Goldbarrenlagen da, jeder ungefähr 20 mal 8 Zentimeter groß und mit eingestanzten Hakenkreuzen markiert.
    Ich pfiff leise. Tequila stand nur da und staunte Bauklötzer.
    »Ich fasse es nicht, dass da wirklich ein Schatz drin liegt«, sagte Tequila. »Ich wollte ihn finden, klar, aber irgendwo im Hinterkopf war ich schon darauf vorbereitet, dass sich am Ende alles als ein McGuffin entpuppt.«
    »Da hättest du früher kommen müssen«, sagte ich. »Frühstück servieren die nur bis zehn.«
    »Kein McMuffin, Grandpa. Ich dachte, das Gold wäre vielleicht nur etwas Psychologisches oder Symbolisches, oder so.«
    »Du denkst, ich quäle mich durchs halbe Land wegen Gold, das ich mir nur einbilde?«
    »Ich wusste ja, dass du an die Existenz des Goldes geglaubt hast. Doch ich habe vermutet, das Gold stünde eher für deinen Wunsch nach einem höheren Sinn, etwas, das du in dieser Lebensphase suchst, jetzt, da du mit Altersschwäche konfrontiert bist, aber gleichzeitig noch immer damit beschäftigt, wirklich zu verarbeiten, was du im Krieg erlebt hast und noch immer auf der Suche nach einer rationalen Erklärung für das, was mit Dad geschehen ist.«
    Ich hob eine Augenbraue. »Wie bitte?«
    »Was ich sagen will: Du bist tief in deinem Innern ein Romantiker. Ich aber dachte, wir würden niemals etwas finden, weil all das letztlich gar keinen Sinn ergibt.«
    Ich schnaubte. »So was Dämliches hab ich mein Lebtag nicht gehört. Gold ist Gold. Und da liegt es.«
    Er verschränkte die Arme, und Ärger verdüsterte seine Züge.
    »Ich denke, ich hab ungefähr das Gleiche gedacht wie du«, sagte ich. »Ich habe nicht geglaubt, dass bei der ganzen Sache tatsächlich etwas für uns herausspringen würde.«
    Ich nahm einen Goldbarren heraus. Er war klein, nicht viel größer als ein Schokoriegel, und lag gut in meiner Hand. Aber er war schwer, bestimmt zwölf Kilo, schätzte ich.
    »Aber das Gold ist real und es ist hier. Und jetzt gehört es uns«, sagte ich. »Also packen wir es ein und sehen zu, dass wir es hier rausschaffen, ohne festgenommen zu werden.«

32
    Im Film sahen Goldbarren nie besonders schwer aus. Und im Fernsehen schienen sich die Leute diese Dinger ständig gegenseitig zuzuwerfen oder sie in die Jackentaschen zu stopfen.
    Aber das echte Gold durch die Gegend zu schleppen war ein bisschen mühsamer. Vier Barren, die Hälfte unserer Beute, nahmen gestapelt kaum mehr Raum ein als ein gebundenes Buch, wogen aber so viel wie eine zwölfbändige Enzyklopädie. Deswegen waren die Rolltaschen eine sehr gute Idee.
    Wir leerten die Kassette – ich keuchte jedes Mal vor Anstrengung, wenn ich einen Barren hob – und händigten sie verschlossen dem Kassierer aus. Er dürfte bemerkt haben, dass sie inzwischen hundert Kilo leichter war, aber es ging ihn nichts an.
    Ich war beruhigt, aber nicht überrascht, dass er keine Bemerkung machte. Die Dienstleistung der Bank für den Mieter eines Schließfachs besteht ja darin, andere Menschen daran zu hindern, je einen Blick auf den Inhalt der Kassetten zu werfen. Was ins Fach gelegt oder aus ihm herausgenommen wurde, war einzig Sache des Schließfachinhabers und ging die Bank nichts an. Man hatte mich als Eigentümer akzeptiert, und jetzt würden sie über alles hinwegsehen.
    Tequila musste zweimal gehen, um die Rolltaschen durch die Lobby zu ziehen. Die kleinen Räder ächzten quietschend unter dem Gewicht der Last. Auf dem Parkplatz half ich ihm, die Taschen in den Kofferraum meines Buick zu hieven. Erschöpft und nach Atem ringend lehnte er sich ans Auto.
    »Was meinst du, wie viel das Zeug wiegt?«, fragte er.
    »Vielleicht hundert Kilo«, antwortete ich ihm. »Vielleicht auch mehr.«
    Er sah mich an, zuckte mit den Augenbrauen und rutschte stöhnend auf

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