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Der Altman-Code

Der Altman-Code

Titel: Der Altman-Code Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Ludlum , Gayle Lynds
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seines eigenen Herzens wurden die angespannten Atemzüge der Uiguren zu einem nervösen Rhythmus in seinen Ohren. Ächzend nahm ein Uigure eine andere Haltung ein. Auch Smith bewegte sich, um seine Gelenke zu lockern. Aber im Lager selbst rührte sich nichts. Kein Laut, keine Bewegung.
    Mahmout sah auf seine Uhr. »Die zwei sollten inzwischen längst hier sein. Irgendetwas stimmt da nicht.«
»Sind Sie sicher, dass sie schon so weit waren, ausbrechen zu können?«
»Das hätten sie an sich sein sollen. Wir gehen lieber rein und sehen nach.«
    »Das gibt garantiert Ärger.«
»Sollen wir das Ganze abblasen?« Smith dachte nach. Natürlich wollte er David Thayer aus dem Lager befreien, aber zugleich fürchtete er, zusätzliche Polizei-und Militärkontingente in dem Gebiet zu alarmieren und auf diese Weise Li Kuonyi davon abzubringen, zur Übergabe zu erscheinen. Andererseits erhöhten sich ihre Erfolgsaussichten durch den Umstand, dass mit Mahmout, Chiavelli und ihm drei bewaffnete Spezialisten an der Operation beteiligt waren, ganz erheblich. Andernfalls wären Chiavelli und Thayer ganz auf sich allein gestellt gewesen, wobei Thayer, wenn überhaupt, wahrscheinlich vor einem halben Jahrhundert zum letzten Mal eine Schusswaffe abgefeuert hatte. Die beiden würden jedoch diese Nacht in jedem Fall einen Ausbruchversuch unternehmen, und das hieß, es käme auch dann zu einer verstärkten Konzentration von Militär in der Gegend, wenn ihnen die Flucht zwar gelang, aber nicht unbemerkt blieb.
    Das Sicherste wäre auf jeden Fall, wenn sie Thayer halfen, unbemerkt zu entkommen.
    Deshalb entschied Smith schließlich: »Wir gehen nachsehen.« Darauf erklärte Mahmout seinen Leuten kurz, worum es ging und was sie vorhatten. Er suchte drei Männer aus, die ihn und Smith begleiten sollten, worauf sie zu fünft aufbrachen. Smith hatte immer noch am ganzen Körper Schmerzen, als sie geduckt über die weiche Erde eines frisch bepflanzten Feldes rannten. Auf dem festeren Untergrund eines Obstgartens voller Apfelbäume wurde es aber wieder besser.
    Auf ein Zeichen Mahmouts hielten sie abrupt an und warfen sich zu Boden. Vor ihnen lag der breite gerodete Streifen, der das Lager umgab. Der hohe Maschendraht dahinter war oben zusätzlich durch Stacheldraht gesichert. Der etwa zehn Meter breite Streifen war mit trockener, aufgehackter Erde bedeckt. Sie war nicht bepflanzt, nicht bewässert, nicht festgetrampelt – steriles Niemandsland.
    »Ich gehe jetzt zum Zaun«, flüsterte Mahmout. »Und ich nehme …«
»Sie nehmen mich mit«, unterbrach ihn Smith. »Chiavelli und Thayer sollen wissen, dass ich hier bin. Außerdem kann ich mich mit Ihren Männern sowieso nicht verständigen. Besser, sie bleiben hier und geben uns Deckung.«
»Meinetwegen. Kommen Sie.« Geduckt rannten sie auf den Zaun zu. Smith schwitzte vor Anstrengung. Im selben Moment, in dem sie die Umzäunung erreichten, flammte auf dem Wachturm links von ihnen ein Suchscheinwerfer auf. Dicht an den Zaun gepresst, warfen sie sich auf die trockene Erde. Smith stieg Staub in die Nase, und er konnte den Niesreiz nur mit Mühe unterdrücken.
    Mahmouts Flüstern war kaum mehr als ein Hauchen, als der Scheinwerferstrahl sich näher tastete, über sie hinwegstreifte und weiter wanderte. »Was ist da los? So wachsam sind sie sonst doch nie.«
»Irgendetwas muss sie nervös gemacht haben.«
»Allerdings. Wenn sie den Scheinwerfer wieder ausmachen, kriechen wir in westlicher Richtung.«
    David Thayer saß in seiner dunklen Zelle am Tisch und packte im Schein der kleinen Taschenlampe, die Dennis Chiavelli für ihn hielt, ein paar Erinnerungsstücke und Papiere in einen Hüftbeutel. Das Licht ließ Thayers wei
    ßes Haar flimmern wie frischen Schnee.
    »Sind Sie immer noch fest entschlossen?«, fragte Chiavelli. »Es könnte wesentlich gefährlicher werden als gedacht. Sie könnten verletzt oder getötet werden. Es ist noch nicht zu spät, um es sich noch einmal anders zu überlegen.« Thayer blickte auf. Seine fahlen Augen leuchteten.
    »Sind Sie verrückt? Darauf habe ich mein Leben lang gewartet. Im wahrsten Sinn des Wortes. Ich werde Amerika wieder sehen. Ich werde meinen Sohn wieder sehen. Kaum zu fassen! Ich komme mir vor wie ein alter Narr, aber ich kann kaum glauben, dass das wirklich passiert.« Sein faltiges Gesicht strahlte vor unbändiger Freude.
    Chiavelli wirbelte zum Fenster herum. »Was war das eben?«
»Ich habe nichts gehört.« Aber der alte Mann hörte nicht mehr gut.

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