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Der Altman-Code

Der Altman-Code

Titel: Der Altman-Code Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Ludlum , Gayle Lynds
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vollständig angezogen. Derjenige von ihnen, der die normale Lagerkluft trug, war jünger – muskulös, mit grauem Bürstenschnitt und grauen Stoppeln im Gesicht. Er ging sofort in eine Ecke der Zelle und schob die Pritsche, die dort stand, beiseite.
    Der ältere Mann erhob sich. Jetzt konnte man sehen, dass er groß und hager war, mit eingefallenen Wangen und knochigen Schultern. Er trug eine zerknitterte Mao-Jacke, eine weite Bauernhose und eine Mao-Mütze. Darunter hatte er dichtes weißes Haar und ein aristokratisches Gesicht, dessen tiefe Falten nicht von der Sonne, sondern von über achtzig Lebensjahren herrührten. Um den Bauch hatte er einen kleinen Hüftbeutel geschnallt. Er war reisefertig. David Thayer.
    Aus der Ecke sagte Chiavelli: »Asgar?« Er kniete da, wo die Pritsche gestanden hatte, auf dem Boden. »Könnten Sie mir vielleicht helfen?«
»Klar, alter Mann.« Mahmout kauerte neben Chiavelli nieder, während dieser ihm erklärte, was zu tun war. Mit den Fingern lösten und entfernten sie da, wo Thayers Pritsche gestanden hatte, mehrere Nägel aus dem Boden.
    Über David Thayers faltiges Gesicht legte sich ein warmes Lächeln, und er streckte die Hand aus. »Colonel Smith, auf diesen Moment habe ich lange gewartet. Ich würde gern etwas Tiefsinnigeres sagen, aber mir fällt leider nichts Besseres ein. Dafür sind mein Herz und mein Kopf einfach zu voll mit anderen Dingen.«
»Genauso geht es mir, Dr. Thayer.« Smith schüttelte ihm die Hand. Sie war trocken, warm, ohne das geringste Zittern. »Es ist mir eine Ehre, Sie kennen zu lernen, Sir.
    Und das ist nicht nur so dahingesagt. Wir schaffen Sie hier raus. Betrachten Sie sich von diesem Moment an als freien Mann.«
»Wenn es nicht zu viele Umstände macht, würde ich gern meinen Sohn kennen lernen.«
»Selbstverständlich. Der Präsident lässt Ihnen seine Grüße übermitteln. Er möchte Sie unbedingt so bald wie möglich sehen.« Thayers Lächeln wurde breiter, und seine Augen leuchteten. »Darauf habe ich über fünfzig Jahre lang gehofft. Geht es ihm gut?«
»Soviel ich weiß, ja. Sie haben zwei Enkel. Beide auf dem College. Einen Jungen und ein Mädchen. Patrick und Amy. Sie werden zu einer intakten Familie nach Hause kommen.« Smith bildete sich ein, ein unterdrücktes Schluchzen in Thayers Kehle zu hören.
    »Dann mal los!«, rief Dennis Chiavelli aus der Ecke leise.
    Eine Diele des Holzfußbodens fehlte. Sie war in dem Loch darunter verschwunden. David Thayer erklärte den anderen, die Uiguren hätten den unterirdischen Gang schon vor Jahren gegraben, um sich ungehindert zwischen den Baracken bewegen zu können.
    Smith und Thayer kauerten neben Mahmout und Chiavelli nieder. »Wir versuchen, möglichst schnell und leise von hier wegzukommen«, sagte Chiavelli hastig. »Wie es aussieht, hat der Kommandant die Wachen zu erhöhter Wachsamkeit angehalten. Wir müssen also sehr vorsichtig sein. Wenn eine der Wachen nicht bestochen worden ist und uns aufzuhalten versucht, schalten wir den Betreffenden lautlos aus – ohne tödliche Gewalt, wenn es geht.
    Wir verstauen ihn, ob tot oder lebendig, in der Kantine, wo er frühestens nach dem Morgenappell entdeckt wird.
    Bleibt uns das Glück treu, bemerken sie unser Fehlen erst, wenn wir weg sind.«
»Bis dahin sollten wir besser über alle Berge sein«, sagte Smith. Er sah Mahmout an. »Ist das für Sie in Ordnung, Asgar?«
»Mit besonderer Betonung auf ›ohne tödliche Gewalt‹.
    Meine Leute bleiben nämlich hier zurück.« Chiavelli runzelte die Stirn. »Warum sind sie überhaupt noch hier?« Ungehalten zwängte sich Mahmout durch das Loch im Fußboden und holte eine kleine Taschenlampe heraus.
    »Wenn wir einen Ausbruch im großen Stil versuchen würden, ließen das die Han nicht nur uns, sondern ganz Xinjiang büßen. Deshalb bleiben wir lieber ein Stachel in ihrem Fleisch und entscheiden selbst , wann und wo wir zuschlagen. Außerdem schleusen wir, wenn nötig, Leute ins Lager und auch heraus. Das Netzwerk hier ist sehr nützlich. Aber jetzt los, und zwar schnell – als wäre uns der Teufel persönlich auf den Fersen.« Smith half Thayer durch die Öffnung. Die feuchte Erde war zu einem über einen Meter hohen Tunnel ausgehoben worden. Sie mussten sich zwar tief bücken, aber im Vergleich zu Mahmouts Fluchtweg aus den longtangs in Shanghai war es ein richtig komfortabler Durchgang.
    Chiavelli, der als Letzter nach unten gekommen war, fasste nach oben und zog die Pritsche wieder über die

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