Der Altman-Code
Koffer?«
»Natürlich«, antwortete McDermid. »Und das Dokument – ist es in Ihrem Aktenkoffer?« Li Kuonyi stieß mit der Schuhspitze gegen den Diplomatenkoffer. »Ja. Aber bevor Sie auf die Idee kommen, Sie könnten es uns mithilfe der Männer, die sich da oben versteckt halten, gewaltsam entwenden, möchte ich Sie darauf hinweisen, dass der Koffer über einen Selbstzerstörungsmechanismus verfügt, den ich auslöse, sobald Sie auch nur eine falsche Bewegung machen. Ist das klar?« McDermid lächelte Li Kuonyi an, als wäre sie die bezauberndste Frau, die er jemals gesehen hatte, und als wäre es das reinste Vergnügen, Geschäfte mit ihr zu machen. Zum ersten Mal wurde Smith klar, das falsche Gesicht, das McDermid der Welt zeigte, war für ihn lediglich geschäftsbedingt. Sogar wenn er Spaß dabei hatte, war es zweifellos geschäftsbedingt. Und umgekehrt machte ihm natürlich alles Geschäftliche Spaß, ein Spiel, das es zu gewinnen galt, und je höher der Einsatz, umso besser. Leben als Transaktion. Das schien bei ihm etwas ganz Automatisches, wie das Atmen.
»Selbstverständlich«, versicherte er ihr mit seiner freundlichen Stimme. »Sie werden das Geld doch sicher zählen wollen.«
»Natürlich. Bringen Sie es hier herunter, und dann kehren Sie wieder dorthin zurück, wo Sie jetzt sind.« McDermid stieg die letzten paar Stufen hinunter, legte den Koffer flach auf den Boden und ging wieder zurück, alles, ohne den Blick ein einziges Mal von Li Kuonyi und den drei Männern abzuwenden. Währenddessen lagen ein Stück weiter oben seine Begleiter mit den Gewehren im Anschlag auf der Lauer.
Selbst von ihrem Versteck auf dem Hügel konnten Smith, Mahmout und die Uiguren die gespannte Erwartung spüren, die sich des chinesischen Ehepaares bemächtigte. Mann und Frau sahen sich mit leuchtenden Augen an.
»Sieh nach, mein Gemahl«, sagte Li Kuonyi zu Yu.
Aufgeregt kauerte Yu Yongfu nieder und öffnete die Verschlüsse des Koffers. Um zu beobachten, wie er ihn aufklappte, achteten Li Kuonyi und ihre zwei Begleiter einen Moment nicht mehr auf ihre Umgebung. Das war ein Fehler.
Wie auf ein geheimes Zeichen hin tauchte in dem dichten Gestrüpp über der Stelle, wo McDermids fünf Männer auf der Lauer lagen, plötzlich Feng Dun auf und eröffnete mit seinem Sturmgewehr das Feuer. Die lange Wand gegenüber dem Schlafenden Buddha explodierte in einer ratternden Salve. Der Lärm war ungeheuer und zerfetzte die Stille der Nacht, als Li Kuonyi, ihr Mann und die zwei Bodyguards im pfeifenden Kugelhagel niedergemäht wurden. Sie hatten keine Chance.
Aus Li Kuonyis Hals spritzte das Blut, als sie zu Boden sank. Yu Yongfu zuckte noch einmal kurz hoch, bevor er, die Brust von Kugeln zerfetzt, auf den Koffer fiel. Der stämmige Bodyguard wurde niedergemäht, ohne überhaupt zu begreifen, wie ihm geschah. Nur der zweite Mann schaffte es, zumindest seine Pistole zu ziehen, bevor sein durchlöcherter Körper nach hinten geschleudert wurde und wie in Zeitlupe blutspritzend über die niedrige Abzäunung vor dem Schlafenden Buddha flog.
Auch die fünf Männer, die zusammen mit McDermid gekommen waren, sanken in ihrem Versteck im Unterholz tot zusammen.
In der schockierten Stille, die darauf in der Schlucht plötzlich wieder eintrat, stand McDermid mit offenem Mund reglos da. Feng und ein Dutzend Männer brachen aus dem Gebüsch hervor und eilten die Treppe hinunter.
Ralph McDermids Gesicht hatte sich zu einem cholerischen Rot verfärbt, als er, außer sich vor Wut, losbrüllte: »Ich habe Ihnen doch gesagt, sich da rauszuhalten! Ich habe Ihnen gesagt, darum kümmere ich mich! Was haben Sie nur getan, Sie Idiot !«
»Was ich getan habe, Taipan?«, sagte Feng, als er die Leichen erreichte. »Ich habe dafür gesorgt, dass das Ladeverzeichnis nicht in amerikanische oder chinesische Hände fällt. Ich habe zwei Millionen Dollar verdient.
Und was für mich persönlich vielleicht das Wichtigste ist, ich habe einen unverschämten, nichtsnutzigen, reichen Amerikaner beseitigt.« Ein kurzer Feuerstoß aus seinem Gewehr folgte, und McDermid bekam große Augen, als verstünde er auf einmal. Die Kugeln durchlöcherten seine Brust und schleuderten ihn nach hinten, sodass er, alle viere von sich gestreckt, auf den gepflasterten Weg schlug. Feng stieß Li Kuonyis Leiche lachend beiseite und griff nach dem Diplomatenkoffer.
Alles war so schnell gegangen, dass Smith und seine Uiguren das Blutbad nicht hatten verhindern können. Aufgebracht gab
Weitere Kostenlose Bücher