Der Altman-Code
er gerade gekommen war, im Auge behalten konnte. Es war nicht auszuschließen, dass er bemerkt worden war und dass die zwei Männer in die Küche gegangen waren, um mögliche Verfolger abzuschütteln.
Weder der große Amerikaner noch der Chinese kamen nach draußen, aber dafür sah der Hausmeister etwas anderes: Er war nicht der Einzige, der das Hotel observierte.
Zwei Zigaretten glommen und erloschen im Innern eines schwarzen Autos, das so geparkt war, dass es den schmalen Gehsteig gegenüber der Drehtür des Hotels blockierte. Das Ministerium für öffentliche Sicherheit – Chinas gefürchtete Geheimpolizei. Niemand sonst wäre so arrogant.
Er beobachtete das Auto eine Weile, und als er wieder
in die Seitenstraße zurückschaute, sah er den Amerikaner und den Chinesen auf einen VW-Jetta zurennen, der mit der Front zur Straße geparkt war. Der Hausmeister zog sich in die Menschenmenge zurück, die den Gehsteig entlangströmte.
Der Jetta stand mit der rechten Seite direkt an einer Wand. Während der Chinese die Tür öffnete, beobachtete der Amerikaner wie in Erwartung eines Angriffs ihre Umgebung. Dann sprangen die beiden Männer in den Jetta, worauf dieser in Richtung Westen zu der bis zur Französischen Konzession reichenden Fußgängerzone losfuhr, in der keine Fahrzeuge zugelassen waren.
Der Hausmeister verlor keine Zeit. Er stieß einen durchdringenden Pfiff aus; Sekunden später hielt ein verbeulter Land Rover neben ihm. Er warf seinen Werkzeugkasten auf den Rücksitz und setzte sich vorne neben den Fahrer, der eine runde weiße Kappe auf dem Kopf trug und die gleiche wettergegerbte Haut und die gleichen runden Augen hatte wie er.
Als der Fahrer in einer Sprache zu reden begann, die weder chinesisch noch europäisch war, antwortete der Hausmeister in derselben Sprache und deutete mit dem Daumen auf den Jetta, der nicht einmal einen halben Straßenzug vor ihnen im dichten Verkehr steckte.
Der Fahrer nickte und drängte sich mit dem Land Rover durch den Stau. Abrupt bog der Jetta links ab.
Unter wütenden Flüchen schlängelte, holperte und boxte sich der Fahrer des Land Rover ebenfalls nach links und folgte dem Jetta, der auf der Jiujiang Lu wieder nach Westen fuhr. Und rasch noch einmal nach Norden abbog, zurück zur Nanjing Dong Lu.
Unter neuerlichen Flüchen versuchte ihm der Fahrer des Land Rover zu folgen, wurde aber vorübergehend aufgehalten. Mühsam drängelte er sich in dieselbe Straße, und der Hausmeister erhaschte noch einen kurzen Blick auf ihre Beute, die inzwischen einen großen Vorsprung hatte – dann verschwand der Jetta.
So schnell es ging, folgte ihm der Fahrer des Land Rover und hielt unmittelbar vor der Nanjing Dong Lu an, wo eine versteckte Seitenstraße nach Süden abging. Der Hausmeister fluchte. Der chinesische Fahrer und der Amerikaner mit dem militärischen Habitus mussten ihn entdeckt haben. Der Jetta war in die Seitenstraße gebogen und konnte jetzt in diesem von Menschen und Autos wimmelnden Teil der Stadt überall sein.
Zwei Stunden später ließ Andy Colonel Smith vor dem zweiten Starbucks aussteigen, während er selbst weiterfuhr, um einen Parkplatz zu suchen. Das Café befand sich in Shanghais Altstadt Nanshi, nicht weit vom Fluss, in der Fixing Dong Lu, einer anderen belebten Straße.
Das erste Starbucks hatten sie in der Lippo Plaza in der Huaihai Zhong Lu gefunden. Es war von Einheimischen und Ausländern gleichermaßen besucht gewesen, und Smith und Andy hatten weder dort eine Verbindung zur Empress entdecken können noch auf den Straßen in der Umgebung, wo sie sich die Namensschilder an den Türen der Bürohäuser sowie die zahlreichen Geschäfte und Agenturen angesehen hatten.
Das zweite Starbucks war weniger voll. Nur Chinesen saßen an den Tischen oder bestellten Kaffee zum Mitnehmen. Die meisten waren gut angezogen, in westlicher oder chinesischer Kleidung, und erweckten den Eindruck, als wären sie auf dem Weg zurück zu ihren Schreibtischjobs.
Smith setzte sich mit seinem zweiten Latte macchiato dieses Tages an einen Tisch am Vorderfenster. Dass in diesem Starbucks keine Ausländer verkehrten, war darauf zurückzuführen, dass es in einem reinen Büroviertel lag.
Neben vier-, fünf-und sechsgeschossigen Gebäuden, die aus dem Ende der Kolonialzeit stammten, gab es hier auch moderne Hochbauten und ein paar blitzende Wolkenkratzer aus Glas und Stahl. Einer der neuesten stand direkt gegenüber. Smith richtete den Blick auf die vertikale Reihe von
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