Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Altman-Code

Der Altman-Code

Titel: Der Altman-Code Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Ludlum , Gayle Lynds
Vom Netzwerk:
Jahrhunderts, und Yu betrachtete seine Lebenseinstellung, seine Geschäftsmethoden und seine Ambitionen als durch und durch amerikanisch.
    Das alles war ihm jedoch kein großer Trost gewesen, als am Tag zuvor sein Sicherheitschef Feng Dun angerufen hatte, um ihm von Agent Mondragon und dem fehlenden Ladeverzeichnis zu berichten. Die Sache mit der Dowager Empress war riskant, das war ihm von Anfang an klar gewesen, aber dafür war auch der Gewinn exorbitant, und zudem war das Ganze mit enormem guanxi verbunden, weil der renommierte Wei Gaofan, ein langjähriges einflussreiches Mitglied des Ständigen Ausschusses, persönlich daran beteiligt war.
    Aber jetzt ging plötzlich alles schief. Wo war dieser vermaledeite Feng? Wo war das Verzeichnis? Den Tod der zehntausend Schnitte demjenigen, der es dem Amerikaner gegeben hatte! »Bedrückt dich etwas, lieber Mann?« Yu wirbelte herum, um seine Frau wegen ihrer Einmischung anzufahren, konnte sich aber noch rechtzeitig beherrschen. Kuonyi war keine Frau, bei der so etwas angebracht war, und würde es auch nie sein. Sie führten eine moderne Ehe, eine westliche Ehe.
    Es gelang ihm, seine Stimme unter Kontrolle zu bekommen. »Es ist wegen Feng. Er sollte längst aus Taiwan zurück sein.«
»Wegen des Ladeverzeichnisses?«
    Yu nickte.
    »Er wird es beschaffen, Yongfu.« Kopfschüttelnd begann Yu wieder auf und ab zu gehen. »Woher willst du das so sicher wissen?«
»Feng brächte sogar den Teufel aus der Hölle zurück.
    Er ist unersetzlich, aber er ist auch gefährlich. Du darfst ihm nie trauen.«
»Mit Feng werde ich schon fertig.« Seine Frau verkniff sich eine Erwiderung, und Yu verharrte mitten im Schritt. Ein großes Fahrzeug fuhr in ihren ummauerten Garten.
    »Das ist er«, sagte er.
    »Ich warte oben.«
»Ja.« Trotz des Parteierlasses, der Frauen für gleichberechtigt erklärte, wurde es in China als Schwäche angesehen, seine Frau wie einen ebenbürtigen Partner zu behandeln.
    Yu zwang sich, an seinem Schreibtisch Platz zu nehmen.
    Als er das Mädchen die Haustür öffnen hörte, setzte er eine gefasste Miene auf.
    Gemessene Schritte kamen über den Parkettboden auf sein Arbeitszimmer zu, und dann erschien der große Mann so plötzlich in der Türöffnung, als hätte er sich dort materialisiert. Ungewöhnlich hellhäutig, hatte er kurz geschnittenes aschrotes Haar, das von weißen Strähnen durchsetzt war. Er war groß – fast eins neunzig – und kräftig gebaut, aber alles andere als dick – neunzig Kilo nichts als Muskeln. Yu Yongfu, der finster zu ihm hochblickte, wirkte winzig neben ihm.
    Wie es sich für einen bedeutenden Auftraggeber gehörte, fragte Yu schroff: »Haben Sie es?«
    Feng Dun lächelte. Ein verhaltenes Lächeln, wie festgeklebt im Gesicht einer hölzernen Marionette. Er ging zu einem Ledersessel und setzte sich fast ohne einen Laut.
    Sein Stimme war leise und hauchig. »Ich habe es … Boss.« Yu konnte ein erleichtertes Seufzen nicht unterdrücken. Dann streckte er die Hand aus und sagte in strengem Ton: »Geben Sie es mir.« Feng beugte sich vor und reichte ihm den Umschlag.
    Yu riss ihn auf und untersuchte seinen Inhalt.
    Feng entging nicht, dass Yus Hände zitterten. »Es ist das richtige Verzeichnis«, versicherte ihm Feng. Seine hellbraunen Augen waren fast farblos, was ihnen den Anschein der Leere verlieh. Sie verdunkelten sich und richteten sich auf Yus Gesicht. Es war ein Blick, dem wenige standzuhalten geschafft hatten.
    Yu gehörte nicht zu ihnen. Er sah rasch weg. »Ich werde es oben in meinem Safe einschließen. Gute Arbeit, Feng. Damit haben Sie sich eine Prämie verdient.« Er stand auf.
    Auch Feng erhob sich. Er war Ende vierzig, ein ehemaliger Soldat und Karriereoffizier, der im amerikanischen Krieg gegen Nordvietnam und die ehemalige Sowjetunion als »Beobachter« angefangen hatte. Das hatte er aufgegeben, sobald ihm klar geworden war, dass als Söldner in den Möchtegern-Armeen instabiler zentralasiatischer Republiken wesentlich mehr zu verdienen war, vor allem nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion. Er glaubte, ein gutes Gespür für Menschen und Situationen zu haben, und von dem, was er in Yu Yongfu sah, war er nicht gerade überwältigt.
    Als sie zur Tür des Arbeitszimmers gingen, sagte Feng: »Ich rate Ihnen, das Verzeichnis zu verbrennen. So kann es niemand anderer mehr stehlen. Es ist noch nicht vorbei, Boss.« Yu zuckte zurück, als hätte jemand an einer Leine um seinen Hals gerissen. »Was soll das

Weitere Kostenlose Bücher