Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Altman-Code

Der Altman-Code

Titel: Der Altman-Code Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Ludlum , Gayle Lynds
Vom Netzwerk:
musste sich darauf verlassen, dass Feng ihn unschädlich machte.
    Voller Stolz beobachtete er, wie sich der alte Mann über den kleinen Jungen freute, der schüchtern neben ihm stand. Er drehte sich zur Seite, um den Jungen anzusehen, der einen westlichen Schlafanzug mit dem Gesicht Batmans auf der schmalen Brust trug. Er war klein für sein Alter und roch nach amerikanischer Erdnussbutter.
    Der alte Mann – Li Aorong – tätschelte ihm liebevoll den Kopf. »Du bist jetzt wie alt, Peiheng?«
»Sieben, verehrter Großvater.« Mit einem Blick auf seine Mutter fügte er hinzu: »Jedenfalls werde ich es in einem Monat.« Und stolz fuhr er fort: »Ich gehe auf die amerikanische Schule.« Li lachte. »Gehst du gern mit Kindern von Ausländern in die Schule?«
»Vater sagt, es wird mich in der Welt voranbringen.« Li sah seinen Schwiegersohn Yu Yongfu an, der steif in einem seiner Wildledersessel saß. Aber trotz seiner offensichtlichen Anspannung lächelte Yu seinen Sohn an.
    »Dein Vater ist ein kluger Mann, Peiheng«, sagte Li.
    Li Kuonyi, die an der Tür des Arbeitszimmers stand, unterbrach ihren Vater: »Du hast auch eine Enkelin, Vater.«
»Und ob, meine Tochter. Und ob. Und eine ausgesprochen hübsche noch dazu.« Li lächelte wieder.
    »Komm, Kind. Stell dich neben deinen Bruder. Und sag, gehst du auch auf die amerikanische Schule?«
»Ja, Großvater. Ich bin zwei Klassen über Peiheng.« Li spielte den Erstaunten. »Nur ein Jahr älter und zwei Klassen über ihm? Du gerätst nach deiner Mutter. Sie war auch immer klüger als meine Söhne.« Yu Yongfu sagte scharf: »Peiheng ist im Rechnen sehr gut.«
»Ein geborener Geschäftsmann.« Li gluckste vor Vergnügen. Er streichelte beiden Kindern die Gesichter, als berührte er kostbare und empfindliche Vasen. »Sie werden es in der neuen Welt weit bringen. Aber eigentlich müssten sie längst im Bett sein, oder nicht?« Er nickte Yu und seiner Tochter ernst zu. »Es war nett von euch, sie so lange aufbleiben zu lassen.«
»Du besuchst uns nicht oft genug, Vater«, sagte Kuonyi mit einem Anflug von Schärfe in der Stimme.
    »Die Belange Shanghais lassen einem alten Mann nicht viel Zeit.«
»Aber heute Abend bist du hier«, sagte Kuonyi herausfordernd. »Und das noch so spät.« Vater und Tochter sahen sich gegenseitig an. Kuonyis Blick war so hart und unerschrocken wie der ihres mächtigen Vaters und forderte eine Erklärung.
    Er sagte: »Die Kinder gehören ins Bett, Tochter.«
    Kuonyi nahm sie an der Hand und wandte sich zum Gehen. »Mein Mann und ich sind gleich zurück.«
»Yongfu bleibt. Er und ich werden miteinander sprechen.« Jetzt war die Schärfe in Lis Stimme spürbar. »Allein.« Kuonyi zögerte. Sie straffte die Schultern und brachte die Kinder hinaus.
    Die Viktorianische Uhr auf dem Kaminsims in Yus westlich eingerichtetem Büro tickte leise. Mehrere Minuten saßen die zwei Männer schweigend da. Der ältere Mann sah seinen Schwiegersohn an, bis Yu Yongfu höflich sagte: »Dein letzter Besuch liegt lange zurück, verehrter Schwiegervater. Uns allen hat dein weiser Rat gefehlt.«
»Zuallererst muss sich ein Mann seiner Familie gegen
    über verantwortlich fühlen«, erwiderte Li. »Ist es nicht so, Schwiegersohn?«
»So steht es seit langem geschrieben.« Li verstummte wieder.
    Yu wartete. Der alte Mann wollte auf etwas ganz Bestimmtes hinaus, vielleicht einen wichtigen Posten für Yu, dessentwegen man ihm möglicherweise vorwerfen würde, er begünstige seine Familie zu sehr. Jetzt hatte er wohl vor sich zu vergewissern, dass Yu der Aufgabe gewachsen war. Yu wollte an diesem Abend nur gute Nachrichten hören. Die Probleme mit der Empress zehrten an seinen Nerven.
    Schließlich erklärte Yu im gleichen Ton wie sein Schwiegervater. »Ein Mann darf seine Familie nie in Verruf bringen.«
»In Verruf?« Der ältere Mann hob den Kopf und wiederholte die zwei Wörter in fast erstauntem Ton. »Du hast eine Frau und zwei Kinder.«
»Ich bin vom Glück begünstigt, und sie sind mein Ein und Alles.« Yu lächelte.
    »Ich habe eine Tochter und zwei Enkel.« Yu blinzelte. Was war passiert? Was sollte er darauf erwidern? Sein Mund wurde so trocken wie die Wüsten von Xinjiang, denn die Stimmung im Raum war plötzlich umgeschlagen. Ihn packte Angst. Plötzlich sah er nicht mehr in die Augen des liebevollen Großvaters seines Sohnes und seiner Tochter. Stattdessen war das der harte, erbarmungslose Blick eines Funktionärs der Sonderverwaltungszone Shanghai, eines

Weitere Kostenlose Bücher