Der Altman-Code
endgültig hellhörig geworden sein.«
»Sehr gut.«
»Es kommt sogar noch besser«, fuhr Feng fort. »Dieser amerikanische Agent, ein Lieutenant Colonel Jon Smith, ist bei USAMRIID als Mikrobiologe tätig.«
»Was soll daran noch besser sein? Wer ist er wirklich?«
»Er gehört keinem der uns bekannten amerikanischen Geheimdienste an.« McDermid nickte nachdenklich. »Seltsam.«
»Egal, für wen er arbeitet, dieser Smith ist jetzt in Shanghai. Das kann nur von Vorteil für uns sein. Ich werde mich um ihn kümmern. Allerdings bringt das ein weiteres ernstes Problem mit sich. Eines, mit dem wir nicht gerechnet haben.«
»Um wen geht es?«
»Yu Yongfu. Er tut, als wäre er ein gerissener Fuchs, aber in Wirklichkeit ist er ein Angsthase. Ein Hase beißt sich selbst zu Tode, wenn er sich in die Enge getrieben fühlt. Und Yu hat Angst. Er wird uns noch allen zum Verhängnis.« Eine nachdenkliche Pause. »Sie haben Recht. Dieses Risiko dürfen wir nicht eingehen. Machen Sie ihn unschädlich.« Als McDermid auflegte, gingen ihm immer noch die Informationen über Smith durch den Kopf. Ein Klopfen riss ihn aus seinen Gedanken. »Ja?«
»Ms. Sun ist im Wohnzimmer, Sir.«
»Danke, Lawrence. Bringen Sie ihr etwas zu trinken.
Und sagen Sie ihr, ich komme gleich.« Er dachte noch ein paar Minuten nach, dann raffte er sich auf und erhob sich. Sun Liuxia war die Tochter eines wichtigen Funktionärs, den zu beleidigen er sich nicht leisten konnte. Außerdem war sie atemberaubend schön und jung.
Lächelnd machte er sich kurz frisch, wechselte sein Dinnerjackett und verließ das Schlafzimmer. Es war noch früh. Hinter den Fenstern des Penthouse breiteten sich die Lichter Hongkongs vor ihm aus, als gehörte ihm die ganze Welt. Als er das Wohnzimmer betrat, war seine gute Laune wieder zurückgekehrt.
Shanghai Zhao Yanji saß noch immer in Yu Yongfus luxuriösem Sessel im Büro von Flying Dragon. Niedergeschlagen und mutlos blickte er mit einem Seufzer auf die ungeladene Pistole in seinem Schoß herunter. Vielleicht konnte ihm der Amerikaner tatsächlich helfen. Oder vielleicht war die Lösung doch, sich aus Shanghai abzusetzen. Aber er konnte auch das Magazin holen, sich die Pistole an den Kopf halten und abdrücken.
Er betrachtete die Waffe nachdenklich, strich mit dem Finger darüber und stellte sich vor, wie das Geschoss aus der Patronenhülse katapultiert wurde, mit einem Lichtblitz aus dem Lauf schoss und seinen Schädel und die weiche Gehirnmasse durchbohrte. Er schauderte nicht, als er sich das vorstellte. Im Gegenteil, er empfand einen Moment des Friedens. Endlich wäre sein Kampf zu Ende, und er hätte nicht mehr die schreckliche Bürde der Firmenschande zu tragen.
Unruhig blickte er sich in Yu Yongfus Büro um, das ihm so vertraut war. Es schien, als hätte er als Leiter der Finanzabteilung sein ganzes Leben mit nichts anderem verbracht, als den selbstsüchtigen Unternehmer zu beobachten und die Firma vor ihm zu schützen. Tief Luft holend schüttelte er unwillkürlich den Kopf. Ein Schwall Ärger, fast Entschlossenheit durchströmte ihn. Nein, er war noch nicht bereit zu sterben. Er wollte noch kämpfen. Die Firma konnte noch gerettet werden.
Besser, er verschwand von hier, bevor er entdeckt wurde. Mit einem Gefühl der Erleichterung stieß er sich aus dem Sessel hoch. Eine Entscheidung zu treffen, bedeutete, an die Zukunft zu glauben.
In diesem Moment ertönte ein leises Geräusch. Nicht mehr als ein scharfes Klicken.
Verdutzt drehte er sich um. Die Bürotür war offen.
Gegen das Licht im Vorzimmer zeichnete sich eine Gestalt ab. Bevor Zhao etwas sagen konnte, gab es einen dumpfen Knall. Während sich bereits Dunkelheit über seine Augen senkte, wurde ihm noch klar, wovon er herrührte – von einer schallgedämpften Schusswaffe. Von seinem Herzen ausgehend explodierte ein unbeschreiblicher Schmerz durch seinen Körper. Er war so überwältigend, dass er nicht spürte, wie er mit dem Gesicht voran auf den Teppich stürzte.
7 Yu Yongfu und seine Familie hatten in ihrer Villa am Stadtrand von Shanghai unerwartet hohen Besuch bekommen. Der feiste alte Herr mit dem gewaltigen Doppelkinn thronte hinter Yus mächtigem Schreibtisch, als gehörte er ihm. Yu sagte nichts und schluckte seinen Ärger über den Schwiegervater, der sich in alles einmischte, hinunter. Wenigstens befand sich jetzt das Ladeverzeichnis der Empress wieder in seinem Besitz, und alles, was es noch zu erledigen galt, war der amerikanische Spion. Er
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