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Der Altman-Code

Der Altman-Code

Titel: Der Altman-Code Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Ludlum , Gayle Lynds
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weg.«
    Das gefiel Niu ganz und gar nicht. »Was sagt Major Pan dazu?«
»Sein Observierungsteam hat Oberst Smith das Hotel nicht verlassen sehen.« Niu wusste, dass der Chef der öffentlichen Sicherheit sich über Pans peinlichen Fehler freute. Aber darum ging es jetzt nicht. »Smith muss geahnt haben, dass Dr. Liang Verdacht schöpfen würde und dass man ihn observierte.
    Deshalb hat er eine Möglichkeit gefunden, sich unbemerkt aus dem Hotel zu entfernen.«
»Offensichtlich.« Das war hart am Rand von Sarkasmus.
    Niu schluckte seinen Ärger hinunter. »War Smith vorher schon einmal in Shanghai?«
»Unseres Wissens nicht.«
»Spricht er Chinesisch? Hat er hier Freunde oder Bekannte?«
»Seine Militärunterlagen und seine Personalakte enthalten keine derartigen Hinweise.«
»Wie schafft er das dann nur?«, fragte sich Niu und beantwortete seine Frage gleich selbst: »Er muss jemand haben, der ihm hilft.« Der General hatte seinen Spaß gehabt; jetzt wurde er ernst. »Einen Chinesen. Einen Einheimischen, der Englisch spricht oder eine andere Sprache, die Smith beherrscht. Er müsste ein Auto haben und sich sehr gut in der Stadt auskennen. Wir stehen vor allem deshalb vor einem Rätsel, weil Smith ein vollkommen unbeschriebenes Blatt für uns ist. Und trotzdem erhält er eindeutig mitten unter uns Hilfe, vielleicht von jemandem, der schon vor Jahren angeworben wurde, um gegen uns zu spionieren.«
    Niu dachte an seine eigenen Privatspione. Ohne sie wäre er fast blind und taub in der byzantinischen Welt der chinesischen Politik. »Wie dem auch sei, wir müssen diesen Colonel Smith festnehmen und verhören. Beauftragen Sie Major Pan, die nötigen Schritte umgehend zu veranlassen.«
»Pan lässt seine Leute bereits nach ihm suchen.«
»Verständigen Sie mich umgehend, sobald Sie Smith gefunden haben. Ich möchte persönlich mit ihm sprechen.« Mit finsterer Miene legte Niu auf. Die Freude an seinem Familienabend und dem amerikanischen Film war ihm gründlich verdorben.
    Warum entsandten die Amerikaner ausgerechnet jetzt, in einer politisch so prekären Phase, einen solchen Agenten und warum gestatteten sie ihm, weiter zu operieren, obwohl er doch sicher wusste, dass er entdeckt worden war? Warum setzten sie selbst das Zustandekommen des Abkommens aufs Spiel? Er ließ sich in seinen Schreibtischsessel fallen, lehnte sich zurück und schloss die Augen, damit sich sein Geist an jenen stillen Ort zurückziehen konnte, an dem er das Gefühl hatte, zu schweben. Dort waren sein Körper, seine Gedanken frei von allen Einschränkungen … Minuten vergingen. Eine Stunde. Geduld war vonnöten. Endlich, in einem hochfliegenden Ausbruch von Klarheit, kam ihm die Lösung: Das alles war nur möglich, wenn es auch in der amerikanischen Regierung eine Splittergruppe gab, die sich gegen das Abkommen stellte.
    9 Washington, D.C.
    Im Konferenzsaal neben dem Oval Office knisterte die Luft vor gespannter Erwartung. Die Stühle um den langen Tisch waren ebenso vollständig besetzt wie die Stühle an den Wänden, wo Assistenten, Berater und Rechercheure im Sitzen oder Stehen darauf warteten, welche Entscheidungen getroffen wurden, damit sie sich schon daranmachen konnten, Antworten auf die Fragen ihrer Chefs zu finden. Die stark besuchte Sitzung war nur eine Vorbesprechung; es ging um das jährliche Waffenbudget in Milliardenhöhe. Einberufen hatte sie der neue Verteidigungsminister Henry Stanton, der rechts neben dem Präsidenten saß.
    Stanton war ein Mann von mittlerer Größe und hitzigem Temperament. Von seinem kahlen Kopf bis zu seinen ruhelosen Händen strahlte er Energie und Charme aus. Seine scharfen Gesichtszüge waren mit dem Alter weicher geworden und ließen ihn fast onkelhaft erscheinen. Mitte fünfzig, machte er sich diesen Vertrauen erweckenden Eindruck bei Pressekonferenzen sehr geschickt zu Nutze. Aber jetzt, wo er sich nicht im Visier der Medien befand, war er die Sachlichkeit in Person.
    Er begann in seiner schnörkellosen Art: »Mr. President, meine Herren, meine Dame.« Er neigte den Kopf der einzigen Frau an dem langen Tisch zu, der ehemaligen Brigadiere General Emily Powell-Hill, inzwischen nationale Sicherheitsberaterin des Präsidenten. »Betrachten Sie unser Militär als einen Alkoholiker. Wie ein Alkoholiker muss es, wenn es selbst – und unsere Nation – überleben will, mit der Vergangenheit brechen.« Die Verärgerung auf der anderen Seite des Tisches wurde in den angespannten Backenmuskeln der hochrangigen

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