Der Altman-Code
Kott ging zu seinem Büro weiter, bis General Guerrero verschwunden war.
Dann änderte der Minister die Richtung und verdrückte sich auf die Toilette. Nachdem er sich vergewissert hatte, dass sie leer war, schlüpfte er in ein Abteil, schloss die Tür ab und setzte sich. Er wählte auf seinem Handy eine Nummer und wartete, bis der Anruf durch ein elektronisches Labyrinth von Schaltungen weitergeleitet wurde.
Die energische Stimme, die sich schließlich meldete, fragte: »Und?«
»Ich glaube, es hat hingehauen. Der Präsident ist am Schwanken.«
»Das hört sich aber gar nicht nach unserem Leithammel an. Was genau tut er?«
»Du weißt doch, wie stur er ist. Also, er hat sich so gut wie gar nicht in die Diskussion eingeschaltet. Stanton hat sich mächtig ins Zeug gelegt, aber er stand ziemlich allein auf weiter Flur. Mit Ausnahme von Brose und Oda natürlich. Aber damit haben wir gerechnet.«
»Einzelheiten.« Kott schilderte die entscheidenden Punkte der Budgetbesprechung. »Niemand wusste, warum der Präsident so schlecht gelaunt, abwesend und unentschieden war. Au
ßer Brose vielleicht. Ich habe gesehen, wie sie ab und zu Blicke austauschten.« Aus dem Hörer kam ein bitteres Lachen. »Das kann ich mir denken. Darüber müssen wir uns noch ausführlicher unterhalten.«
»Jederzeit, gern. Wir telefonieren später noch mal.«
»Nein. Wir müssen uns treffen. Nur wir zwei. Es gibt zu vieles zu besprechen, und es ist zu wichtig.« Kott überlegte. »Ich muss sowieso unsere Stützpunkte in Asien besuchen.«
»Gut. Ich erwarte dich.« Die Verbindung wurde unterbrochen.
Kott steckte das Handy ein, betätigte die Spülung und verließ die Toilette.
Präsident Castilla hatte oft den Eindruck, dass Fred Klein in permanenter Mitternacht lebte. Schwere Vorhänge schirmten in dem im ANACOSTIA SEAGOING YACHT CLUB versteckten Covert-One-Büro die Fenster gegen das spätmorgendliche Sonnenlicht, den Lärm des Jachthafens und die Geräusche der Boote und Tiere auf dem Fluss ab. Der Präsident saß Klein an seinem Schreibtisch gegenüber. Der Leiter von Covert-One hatte sich so weit zurückgelehnt, dass sich zwar seine Hände noch im Lichtschein der Lampe befanden, nicht mehr jedoch sein Kopf.
Klein wiederholte, was er gerade von Jon Smith erfahren hatte. »Und unter Umständen müssen wir ihn rasch aus China rausholen.« Klein schilderte das abrupt beendete Telefonat aus Shanghai, in dem die Codewörter Potus – Präsident – Zahnarzttermin – Herausholen – gefallen waren.
»Wir dürfen auf keinen Fall auch noch Smith verlieren.« Der Präsident schüttelte besorgt den Kopf. »Leider haben wir das Ladeverzeichnis noch immer nicht. Und wir wissen nicht, wer es hat oder wo es ist.«
»Smith meint, die belgische Firma könnte ein Exemplar haben.« »Könnte?«
»In China habe ich bereits mehrere Leute darauf angesetzt, herauszufinden, wer Smith angegriffen hat, und im Irak lasse ich nach der zweiten Ausfertigung des Dokuments suchen. In Antwerpen leite ich umgehend die nötigen Schritte ein, um herauszufinden, ob sich dort ein drittes Exemplar befindet. Wenn wir allerdings in Shanghai, Basra und Antwerpen nicht fündig werden, bleibt nur noch Hongkong.« Der Präsident nickte. »Also gut. Ich verlasse mich auf dein Urteil. Wir haben noch ein paar Tage Galgenfrist, bevor der Frachter im Irak eintrifft.« Er überlegte, dann verzog er das Gesicht. »Ich sollte mir besser jetzt schon Gedanken machen, was wir unternehmen, wenn wir das Verzeichnis nicht beschaffen können. Auf keinen Fall darf ich zulassen, dass die Ladung dieses Schiffs in den Irak gelangt. Angesichts der Umstände bleibt uns keine Wahl, als den Transport aufzuhalten, und das heißt, ich muss mir über die möglichen Konsequenzen klar werden und mich entsprechend darauf vorbereiten.«
»Ein militärischer Konflikt mit China?«
»Ein solcher Konflikt ist eine sehr reale – und sehr be
ängstigende – Möglichkeit.«
»Würden wir uns auch allein auf einen solchen Konflikt einlassen, ohne unsere Verbündeten?«
»Wenn nötig, ja. Sie werden konkrete Beweise verlangen, wenn wir sie um Unterstützung bitten. Und wenn wir ihnen die entsprechenden Dokumente nicht vorlegen können …«
»Ich weiß, was du meinst. Wir müssen das Verzeichnis unbedingt beschaffen.«
»Ich möchte lieber gar nicht daran denken, was wir unter Umständen tun müssen, wenn die Chinesen dumm genug sind, es auf einen militärischen Konflikt ankommen zu lassen.« Castillas breites
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