Der Amerikaner - The American
Namen Claude Bidault lauten. Der Pass ist echt, aber sein Besitzer hat ihn vor sechs Monaten, während eines Urlaubs auf Kreta, als verloren gemeldet.«
»Reden Sie weiter.«
»Susskind ist endlich zu diesem Thompson in Norfolk durchgedrungen. Vanderveen hat unter dem Namen Timothy Nichols tausenddreihundertsechzig Kilogramm eines unbekannten Materials abgeholt, zum zweiten Mal im gleichen Hafen, praktisch direkt unter unseren Augen … Dieser arrogante Bastard … Wie auch immer, er hat ein Fahrzeug, einen Ford-Econoline-Lieferwagen, weiß, vielleicht mit Dachgepäckträger.«
Kealey rannte bereits. Als das Telefon geklingelt hatte, hatte er in der 12th Street gestanden. Er hatte rasch nach links und rechts gesehen, sich dann ohne konkreten Grund entschieden, in Richtung Norden zu laufen. Nun drängte er sich zwischen den Passanten hindurch, die größtenteils Mittagspause hatten und irgendwo hastig eine Mahlzeit hinunterschlingen wollten. Einige warfen ihm wütende Blicke zu oder fluchten, wenn er sie anrempelte, und die ganze Zeit über hörte er Harpers Worte, die ihn mit der Wucht von Hammerschlägen trafen. »… Kennzeichen aus Virginia, RND-1911. Die Jungs vom HRT-Team rückten teilweise in Zivil aus, aber sie …«
»Sagen Sie ihnen, sie sollen nördlich der Mall bleiben.« Kealeys Gehirn arbeitete fieberhaft, versuchte, sich an einen weißen Ford-Lieferwagen zu erinnern, aber … Nein, er hatte keinen gesehen. »Nördlich der Mall, John«, wiederholte er. »Da muss er irgendwo sein. Wie sieht’s am Jachthafen aus?«
»Die ganze Gegend ist völlig abgeriegelt. Die Zahl der Absperrungen wurde verdoppelt, und das CAT-Team bezieht Position.« Damit war das Counter Assault Team vom Secret Service gemeint, eine kleine Spezialeinheit, die sich geschickt im Hintergrund hielt, den Präsidenten aber überall hin begleitete. »Bisher haben sie es geschafft, überhaupt nicht aufzufallen.«
»Das wird sich ja jetzt ändern«, antwortete Kealey, schon au ßer Atem von seinem Sprint. Die Autos glitten vorüber, und da stand ein weißer Lieferwagen … Aber nein, es war ein Chevy. Er rannte weiter, an gaffenden Fußgängern vorbei, nach Männern Ausschau haltend, auf die Harpers Beschreibung passte.
Er traf eine Entscheidung. »Ich kann nicht gleichzeitig rennen und reden, John. Ich muss Schluss machen.«
»Nein, Ryan, halt …«
Er trennte die Verbindung, steckte das Handy in die Tasche und lief einen Augenblick langsamer, um nach der Beretta zu tasten und in beide Richtungen die Connecticut Avenue hinabzublicken.
Nichts. Er blieb in der 12th Street und rannte weiter.
Jeff Storey, der für das Personenschutzkommando des Präsidenten verantwortliche Agent, war niedergeschmettert von der Nachricht, die er gerade erhalten hatte. Ein Terrorist, in Washington, in einem mit Sprengstoff voll gepackten Lieferwagen, und man wollte, dass er sich nicht von der Stelle rührte ? Es war nicht zu fassen.
Storey war seit sechzehn Jahren beim Secret Service, seit vier Jahren beim Personenschutzkommando des Präsidenten und seit zweien dessen Chef. Nervös blickte er sich um. Guter Gott, der stellvertretende Direktor hatte etwas von tausenddreihundertsechzig Kilogramm gesagt. Die Sperrpfosten aus Beton würden den Lieferwagen aufhalten, aber bei einer solchen Menge Sprengstoff würde die Explosion verheerende Folgen haben in einem Umkreis von … Er versuchte, sich zu erinnern. Von mindestens fünfhundert Metern, und von seinem Standpunkt auf der Bühne aus konnte er ohne Mühe die Schrift auf den Barrieren lesen, die dort standen, wo die 6th Street in die Main Avenue mündete. Nicht von der Stelle rühren, was für ein Schwachsinn, dachte er. Hier sind wir zum Abschuss freigegeben.
Er lauschte dem französischen Botschafter, der den Auftritt von Präsident Chirac ankündigte, und dachte daran, wie leicht es war, in einem Lieferwagen mit vollem Tempo die Straße hinabzurasen. Jeff Storey fällte eine Entscheidung. Er war für das Personenschutzkommando des Präsidenten zuständig, nicht dieser elende Joshua McCabe, und er würde es nicht zulassen, dass Brenneman ums Leben kam, während er für dessen Sicherheit verantwortlich war. In sechzehn Jahren beim Secret Service hatte er nie seine Waffe ziehen müssen, doch jetzt tat er es. Um ihn herum standen Diplomaten und Berater, ganz zu schweigen von den drei Staatsmännern. Er war überzeugt davon, dass der Moment des Handelns gekommen war. Als er die Sig 228 aus dem
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