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Der Amerikaner - The American

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Titel: Der Amerikaner - The American Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrew Britton
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Recht. Ich hätte auf ihn hören sollen. Im Herbst 1997 schickte ich seine Einheit schließlich in einen Einsatz. Wir mussten auf den Bombenanschlag des Jahres 1996 auf die Khobar Towers in Dhabran reagieren, zu dem sich die Hisbollah bekannt hatte und dem neunzehn amerikanische Flieger zum Opfer gefallen waren. Es dauerte Monate, die erforderlichen Informationen zu sammeln, aber schließlich wussten wir, wer den Anschlag geplant hatte: Mohammed Khalil. Man hatte ihm politisches Asyl in Syrien gewährt, wo er in einem Haus am Mittelmeer lebte. Ich musste meine besten Leute schicken, weil die Operation beim ersten Versuch Erfolg haben musste. Also habe ich Kealeys Einheit genommen. Solche Einsätze laufen unter der Bezeichnung ›direkte Aktion‹, weil die feindlichen
Kämpfer, wenn sie sich einer Gefangennahme widersetzen, sofort getötet werden. Eigentlich wird dabei fast nie auf die Special Forces zurückgegriffen, aber diese Aktion war sehr wichtig. March hatte eine Art Überwachungsfunktion. Da er als Einziger aus der Einheit den Scharfschützenkurs in Fort Benning absolviert hatte, hat er mit dem zweitbesten Schützen auf einer Anhöhe Position bezogen. March sollte den Wagen ausschalten, in dem Khalil saß, und dann den Rest des Teams benachrichtigen. Stattdessen hat er zuerst den zweiten Scharfschützen erschossen und dann auf seine Kameraden gefeuert, die auf der gegenüberliegenden Seite den Hügel hinabliefen.«
    Kharmai wollte ihren Ohren nicht trauen. »Er hat sie alle getötet?«
    »Alle außer dem Captain. Die andere Hälfte des insgesamt zwölfköpfigen Kommandos war, nachdem der Funkkontakt abgebrochen war, zwanzig Minuten später vor Ort. Zuerst wussten die Soldaten nicht, was schief gegangen war, aber sie haben Kealey gerettet, der eine Schusswunde in der Brust und einen Lungendurchschuss davongetragen hatte. Es grenzte an ein Wunder, dass er überhaupt so lange überlebt hatte. An der Stelle, wo March Position bezogen hatte, sahen sie jede Menge Blut. Sie glaubten, dass er verbluten würde, und das war’s.«
    »Und Sie haben angenommen, er wäre tot.«
    »Wir standen unter Druck, die Sache so zu behandeln. Da es keine Zeugen gab, die unsere Darstellung der Ereignisse anzweifeln konnten, hatten wir die Möglichkeit, uns so ein potenziell riesiges Problem vom Hals schaffen. Zumindest bis jetzt.«
    »Bis jetzt.«
    Es war so dunkel geworden, dass Kharmai den General kaum noch sehen konnte. Seine geisterhafte Stimme wurde vom Zirpen der Grillen untermalt.

    »Wenn Harper Sie und Kealey auf March angesetzt hat, dann hoffe ich, dass Sie gerüstet sind. Falls Sie ihn nicht beim ersten Versuch erwischen, werden Sie keine zweite Chance bekommen. Sie sollten sich glücklich schätzen, Kealey an Ihrer Seite zu haben, aber denken Sie immer daran, mit wem Sie es zu tun haben … Niemand kann das geringste Interesse daran haben, diesem Mann in die Hände zu fallen.«
    Diese letzten Worte des Generals ließen es Kharmai jetzt wirklich kalt den Rücken hinablaufen. Angst packte sie und ließ ihre stoische Fassade bröckeln. Und für Naomi Kharmai war diese Angst eine neue und unwillkommene Erfahrung.
    Sie dankte Hale leise für das Bier und seine Auskünfte, stand auf und stieß die quietschende Fliegentür auf. Dann verschwand sie in der Dunkelheit.

11
    Washington, D. C.
    Jonathan Harpers Haus war aus rötlich-braunem Sandstein und stand in Dupont Circle an der historischen General’s Row. Die eleganten Stadthäuser in dieser Straße waren im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts erbaut und anstelle einer Pension an unionistische Bürgerkriegsgeneräle vergeben worden, da der Staat damals knapp bei Kasse gewesen war. Die Häuser hatten dem Zahn der Zeit bewundernswert gut widerstanden und säumten die enge Straße fast wie vor über hundert Jahren.
    Zu seiner großen Überraschung hatte Kealey kein Problem, einen Parkplatz vor Harpers Haus zu finden, und als er mit Katie die Stufen vor dem Eingang hinaufging, fragte er sich, ob der stellvertretende Direktor seinen Einfluss bei der Washingtoner Polizei nutzte, damit diese vor seinem Haus einen Platz freihielt. Er an seiner Stelle hätte es getan.
    Sie wurden von Julie Harper herzlich empfangen, einer kleinen, etwas übergewichtigen Frau, die Kealey schon genauso lange kannte und schätzte wie ihren Mann. Er stellte die beiden Frauen einander vor und trat dankbar in das gut geheizte Haus. Harper erwartete sie im Esszimmer.
    »Ihr Gesicht sieht furchtbar aus,

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