Der Amerikaner - The American
Lauf der Pistole ins Genick. Die wenigen Gäste sprangen auf und rannten zur Tür. Als Kealey aufstand und über die Theke blickte, sah er den Barkeeper inmitten blutiger Scherben am Boden liegen, mit einer klaffenden Schusswunde in der Brust. Er wandte sich um und sah erleichtert, dass North unverletzt war.
»Hat er geschossen?«
»Vermutlich in die Theke«, antwortete North. »Er war nicht schnell genug, die Waffe richtig hochzureißen.« Kealey wandte sich Kharmai zu, die Elgin weiterhin die Pistole an den Kopf hielt. Ihr Gesicht war bleich, die Augen wirkten glasig.
»Es ist vorbei«, sagte er leise, während er ihr behutsam die Glock aus der Hand nahm. Ihr Oberschenkel blutete stark, aber sie schien den Schmerz nicht zu bemerken.
»Versuchen Sie, die Blutung zu stillen, North. Vermutlich steht sie unter Schock. Ich muss mit diesem Dreckskerl reden.« Er packte Elgins Hemdkragen und schleifte ihn über den mit Scherben übersäten Boden in Richtung Lagerraum, ohne sich um die Schmerzensschreie des Verletzten zu kümmern.
In dem großen, dunklen Raum waren vom Boden bis zur Decke Kisten gestapelt. Kealey stieß Elgin gegen die kalte Wand neben der Tür und filzte ihn schnell, aber gründlich. Befriedigt, dass er keine weiteren Waffen gefunden hatte, ging er in die Bar zurück, um Elgins Messer zu holen.
»Was zum Teufel haben Sie vor?«, fragte North, der einen Verbandskasten entdeckt hatte und mit Kharmais Bein beschäftigt war.
Dann sah er das Messer in Kealeys Hand. Er schaute ihm in die Augen, sagte aber nichts und wandte den Blick ab. Kealey ging in den Lagerraum zurück, krampfhaft den Hartgummigriff des Messers umklammernd.
Thomas Elgin lehnte sitzend an der Wand, sein Atem ging schnell und abgehackt. Er schaute Kealey trotzig an, mit einer Hand sein verletztes Knie haltend. »Was willst du, Arschloch?«, knurrte er.
Kealey kauerte sich wortlos nieder, bohrte Elgin die Spitze des Messers in die Brust und drehte die Klinge, um den anderen, der vor Schmerz aufschrie, gesprächiger zu machen. Ihm blieb nicht viel Zeit, da konnte etwas zusätzliche Motivation nicht schaden. »Ich brauche Antworten, und zwar schnell«, sagte er drohend.
»Was willst du, mieses Arschloch?«, schrie Elgin, sich verzweifelt windend. Kealey tat ihm den Gefallen und zog die Klinge aus
seiner Brust, aber die Worte des Verletzten schienen keinerlei Eindruck auf ihn gemacht zu haben. Er zog die gezackte Klinge über Elgins bloßliegende, zerschossene Kniescheibe.
Adam North, Special Agent der DEA, zuckte im Nachbarraum zusammen, als erneut entsetzliche Schmerzensschreie durch die Bar hallten, die das näher kommende Sirenengeheul fast übertönten. North hatte gerade den improvisierten Druckverband an Kharmais Oberschenkel angelegt, und sie kam langsam wieder zu sich. In ihren großen grünen Augen regte sich Leben, und ihre Lippen bewegten sich stumm.
»Ganz ruhig«, sagte er. »Jetzt ist alles gut. Sie haben sich großartig geschlagen.« Das Kompliment war aufrichtig gemeint. Für eine Analystin, die in eine völlig ungewohnte Situation geraten war, hatte sie erstaunlich professionell reagiert. Das Sirenengeheul wurde lauter, und dann stürmten Sanitäter durch die Tür, gefolgt von Polizisten aus Norfolk und Portsmouth und einigen ihrer Kollegen von der Polizei des Bundesstaates Virginia. Kaum hatten sie die Bar betreten, da kam Kealey aus dem Lagerraum. Sein Gesicht glich einer reglosen Maske.
Das Gebäude wurde gesichert, und einige Polizisten kamen mit bleichen Gesichtern aus dem Lagerraum und blickten in Kealeys Richtung. Sie schienen verwirrt, doch es dauerte nicht lange, bis sie sich geeinigt hatten. Zuständig war jetzt Captain Gina Nolan vom Norfolk Police Department, und einer ihrer Untergebenen legte in ihrem Auftrag Ryan Kealey Handschellen an.
13
Norfolk
»Was zum Teufel haben Sie sich dabei gedacht, Ryan?«
Kealey und Harper saßen sich in einem asketisch eingerichteten Verhörzimmer des Norfolk Police Department an einem Metalltisch gegenüber. Kealey war sich der Absurdität der Situation bewusst, hier von seinem eigenen Boss vernommen zu werden.
»Ich musste jede Menge Strippen ziehen, um Sie rauszuholen«, sagte Harper. »Ich dachte, ich hätte Sie darauf hingewiesen, in diesem Fall mit Samthandschuhen vorzugehen. Sagt Ihnen der Ausdruck etwas?«
Kealey wich dem verärgerten Blick des stellvertretenden CIA-Direktors aus und starrte die nackten Wände an. »Mir ist klar, dass sich die
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