Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der amerikanische Architekt

Der amerikanische Architekt

Titel: Der amerikanische Architekt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amy Waldman
Vom Netzwerk:
zählte praktisch nicht, wenn das Was – seine Gedenkstätte, alles, was als Reaktion darauf geschehen war – so klar auf der Hand lag.
    »Ehrlich gesagt fällt es mir deswegen besonders schwer, Ihnen Fragen zu stellen«, sagte sie. »Ich möchte – möchte der Tatsache, dass Asma Anwar für Sie eingetreten ist, gerecht werden. Aber ich kann den Garten nicht länger unterstützen, wenn ich nicht mehr darüber weiß. Ich frage also auch aus Respekt vor ihr.«
    »Respekt vor ihr schließt gerade aus, sie als Grund für das Stellen oder Nicht-Stellen von Fragen anzuführen, Mrs Burwell. Fragen Sie doch einfach, weil Sie etwas wissen wollen – oder müssen.«
    »Aber es geht nicht nur um mich«, protestierte Claire, ihren eigenen Kummer bekämpfend. »Ich muss meine Entscheidung den Familien gegenüber rechtfertigen.«
    »Dann sollten wir uns jetzt vielleicht besser mit Ihren Fragen befassen.«
    »Fangen wir mit der Anhörung an. Mit dem, was Betsy Stanton über die Gebäude sagte, nämlich dass sie islamische Elemente enthielten. Heißt das, dass Ihr Garten – beispielsweise in der filigranen Anordnung der Namen – das auch tut?«
    »Die Anordnung der Namen ist der Form der Gebäude nachempfunden, wie ich schon in der Erläuterung zu meiner Bewerbung ausgeführt habe. Ich war ebenso überrascht wie Sie und alle anderen zu erfahren, dass die Türme islamische Vorbilder haben könnten. Fasziniert, aber überrascht. Trotzdem scheint es mir relativ weit hergeholt.«
    »Aber der Architekt, der die Türme entwarf, hatte Zeit in islamischen Ländern verbracht, richtig?«
    »Ich glaube schon, aber ich weiß nicht besonders viel über ihn.«
    »Haben Sie?«
    »Habe ich was?« Eine Seite seines Mundes verzog sich zu einem Lächeln, als ahne er, dass sie versuchte, ihm eine Falle zu stellen.
    »Zeit in islamischen Ländern verbracht.«
    »Nur sehr wenig«, sagte er.
    »In welchen?«
    »In Afghanistan. Und in Dubai, falls fünf Stunden in einem Flughafen als ›Zeit verbringen‹ zählen.«
    »Was haben Sie in Afghanistan gewollt?«
    Er schob seinen Stuhl ein Stück vom Tisch zurück, damit er die Beine übereinanderschlagen konnte, vielleicht aber auch, um einen besseren Blick auf sie zu haben. »Ich war für meine Firma da. Es ging um den Auftrag für die neue amerikanische Botschaft in Kabul«, sagte er. »Ich bin mir allerdings nicht sicher, was das mit der Gedenkstätte zu tun haben soll. Übrigens haben wir den Auftrag nicht bekommen.«
    Ihr Hirn schien eine Pause einzulegen. Sie wusste nicht recht, wie sie weitermachen sollte.
    »Woher kam Ihre Idee? Für den Garten?«
    »Aus meiner Fantasie.« Der Satz war wie eine Mauer, die ihr die Sicht versperrte.
    »Natürlich«, sagte sie nach kurzem Zögern. »Natürlich. Aber sicher müssen Sie Ihrer Fantasie gelegentlich Nahrung geben.«
    »Ständig«, sagte er ganz ruhig. Sie konnte nicht sagen, ob er es ironisch meinte.
    »Auf der Anhörung haben Sie gesagt – bevor Sie unterbrochen wurden, und ich möchte Ihnen noch sagen, dass mir auch das sehr leidtut. Es war sehr beunruhigend, das mitzuerleben. Ich kann mir vorstellen, wie Sie sich dabei gefühlt haben müssen.«
    Da er nicht antwortete, sprach sie weiter. »Sie sagten, im Fall Ihres Entwurfs hätten Sie Ihre Fantasie mit islamischen Gärten genährt. Das haben Sie auf der Anhörung gesagt.«
    »Nein. Ich sagte, die Gärten, die wir heutzutage als islamisch bezeichnen, seien einer der Einflüsse gewesen. Architekten – wenigstens die guten – kupfern nicht ab. Sie zitieren.«
    »Und was haben Sie ›zitiert‹? Gärten, die Sie in Afghanistan gesehen haben?«
    »Ich habe dort einen Garten gesehen, ja.«
    »Und was für ein Garten war das? Ich meine, welchen Zweck hatte er? Ich meine – Afghanistan muss voller Märtyrer sein.« Plump, aber sie musste es einfach wissen.
    »Deswegen sind wir also hier«, sagte er. Er sah dabei seltsam traurig aus.
    »Sie haben diese Frage nie beantwortet. Sie haben nie gesagt, ob der Garten ein Paradies für Märtyrer sein soll, oder überhaupt ein Paradies. Seit die Frage von der Times aufgeworfen wurde, haben Sie sich kein einziges Mal dazu geäußert.«
    »Soweit ich mich erinnere, wurde die Frage, ob er ein ›Paradies für Märtyrer‹ ist« – er deutete die Gänsefüßchen um den Ausdruck mit den Fingern an –, »als Erstes von Fox aufgeworfen.«
    Sie empfand dieselbe Verlegenheit wie in dem Moment, als Wilner, der Vertreter der Gouverneurin, zum betreffenden

Weitere Kostenlose Bücher