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Der amerikanische Architekt

Der amerikanische Architekt

Titel: Der amerikanische Architekt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amy Waldman
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sich nur selbst schaden?«, fragte sie. »Wenn Sie wollen, dass ich für Sie kämpfe – Sie können das nicht wissen, aber ich war die einzige in der Jury, die nicht ins Wanken geriet, als wir Ihren Namen erfuhren –, muss ich mehr wissen. Ich muss wissen, dass Sie sich von diesen Ideen distanzieren, wenn Sie sie schon nicht verurteilen wollen. Oder zumindest irgendeine Änderung an Ihrem Entwurf vornehmen. Es hat nichts mit Ihnen zu tun, sondern mit Ihrer Religion.«
    Selbst im Profil sah sie, wie schockiert er war. Er drehte seinen Stuhl zurück, wobei sich die Stuhlbeine in dem zerschlissenen Teppich verhakten, sah sie voll an und fragte: »Wie würden Sie sich fühlen, wenn ich das, was Ihrem Mann zustieß, dadurch rechtfertigen würde, dass ich sage, es hatte nichts mit ihm zu tun, sondern mit seinem Land und dessen Politik – Pech für ihn, dass er zufällig hineingezogen wurde, mehr nicht –, aber im Grund genommen hat er eigentlich bekommen, was er verdient, weil er die amerikanische Regierung ja mit seinen Steuern finanziert hat. Und ich bekomme, was ich verdiene, weil ich zufällig derselben Religion angehöre wie ein paar Verrückte?«
    Claire verkrampfte sich. »Pech für ihn.« »Was er verdient.« Die Worte prallten gegen die Knöchelchen ihres Innenohrs, obwohl sie sich nicht einmal ganz sicher war, was genau er gesagt hatte. Sie hatte versucht, gleichzeitig nachzudenken und zuzuhören, was das Zuhören erschwerte. Aber das eben, das musste endlich das sein, was er in Wirklichkeit dachte. Es schmerzte sie, machte sie geradezu krank, dass diese unsägliche Alyssa Spier vielleicht recht gehabt hatte, dass Khan in Cal nichts weiter sah als einen Kollateralschaden in einem Krieg, den Amerika selbst verschuldet hatte, dass er glaubte, Cal, der großzügige, gutmütige Cal, trüge Verantwortung, Schuld, einfach weil er Amerikaner war. Sie sprang so ruckhaft auf die Beine wie eine Marionette, bei der man an den falschen Fäden gezogen hat, riss ihre Tasche an sich, war in einer einzigen, ungebrochenen Bewegung an der Tür, zog sie auf, stürzte hindurch und knallte sie hinter sich zu. Im Flur konnte sie den Lift nicht finden und lief durch Gänge und vorbei an Büros, bis sie endlich ein Ausgangsschild entdeckte – die Treppe, na gut – und darauf zustürmte, als wolle sie sie mit dem Kopf auframmen. Hinter der Tür lag ein dunkles Treppenhaus. Mechanisch machte sie sich an den Abstieg.
    Auf dem Weg nach unten versetzte sie sich zurück in die Vergangenheit, sah sich selbst und Cal in der Tate Gallery in London vor Picassos Weinender Frau . Claire sah das Bild immer noch vor sich – das Blau in den Haaren der Frau, das Rot in ihrem Hut, den schrecklichen, an einen Schädel gemahnenden Bereich rund um ihren Mund. Sah es deutlicher, als sie ihren Mann sehen konnte, der neben ihr gestanden hatte.
    »Irgendwie wird es dadurch ruiniert, dass Picasso ein so schrecklicher Mensch war, findest du nicht auch?«, hatte Claire gesagt. »Wahrscheinlich hat er die arme Dora Maar zum Weinen gebracht, damit er sie malen konnte.«
    »Große Kunst verlangt also einen Künstler, an dem moralisch nichts auszusetzen ist?«, hatte Cal gefragt. »Hier geht es doch um das Kunstwerk, nicht um den Künstler.«
    »Es spielt also keine Rolle, dass er die arme Dora gequält hat?«
    »Nein. Aber das Gemälde ist das eine, Picasso als Mann etwas völlig anderes. Es ist kein Widerspruch, das Gemälde zu lieben und den Mann zu verabscheuen. Zum Glück trifft auch das Gegenteil zu. Du liebst mich, obwohl ich ein ziemlich miserabler Künstler bin. Vielleicht muss man arrogant sein, um wirklich groß zu sein.«
    Der Ausgang spuckte sie mitten in der Stadt aus. Eine unerklärliche Reihe von Straßensperren zwang sie zu einem Umweg über den Times Square, der mit ahnungslosen Touristen vollgestopft war. Ihr Atem beschleunigte sich mit der chaotischen digitalen Collage – Videos, Reklame, Neon, Nachrichtenticker –, die in ihrem Augenwinkel vorbeiflackerte. Sie drängte sich durch die sich langsam bewegenden Menschenknäuel, ohne auf die indignierten Blicke zu achten, bis sie eine weniger volle Straße erreichte, die nach Osten führte. Es war einer jener unerträglich stickigen Tage, an denen der Luftdruck sich um einen schließt wie Mauern und die ganze Stadt gereizt und nervös darauf wartet, dass das Wetter umschlägt. Als sie den Bryant Park erreichte, fühlte sich ihr ganzer Körper klebrig an.
    Am Rand des Rasens

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