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Der amerikanische Architekt

Der amerikanische Architekt

Titel: Der amerikanische Architekt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amy Waldman
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Zeitpunkt der einzige offene Gegner des Gartens, ihr beim Treffen der Jury so einvernehmlich zugenickt hatte.
    »Wer immer sie aufwarf«, sagte sie, »sie liegt seitdem unbeantwortet auf dem Tisch.«
    »Wo sie liegen bleiben wird«, sagte er.
    »Was?«
    »Wieso sollte ich Ängste beschwichtigen, die ich nicht verursacht habe?«
    »Aber Paul sagte, Sie würden meine Fragen beantworten«, rief sie verwirrt. »Wegen Asma Anwar.«
    »Ich habe gesagt, ich würde alle Fragen beantworten, die ich beantworten kann«, lautete Khans Reaktion. »Anscheinend wollte er nicht hören, was ich sagte. Eben wegen Asma Anwar werde ich Fragen wie die, die Sie mir gerade gestellt haben, nicht beantworten. Haben Sie denn nicht gehört, was sie gesagt hat? Sie sagte, Terroristen sollten nicht mehr zählen als ihr Mann. Aber Ihre Fragen, und die Verdächtigungen, die Sie enthalten, sorgen dafür, dass sie mehr zählen. Sie unterstellen uns allen, dass wir genauso denken wie die Terroristen, es sei denn, wir beweisen das Gegenteil.«
    »Ich unterstelle gar nichts. Eine Frage macht mich noch nicht zur Fanatikerin. Aber wie kann ich eine Gedenkstätte unterstützen, wenn ich nicht weiß, was sie in Wirklichkeit darstellt?«
    »Sie schienen sich mit dem Garten sehr wohl zu fühlen, als Sie ihn das erste Mal sahen«, sagte er sanft. »Sogar noch, als wir uns kennenlernten. Sie schienen ihn zu lieben. Und was Sie damals über den Garten und Ihren Sohn sagten, war sehr bewegend.«
    »Wie alle Kinder entwickelt auch mein Sohn sehr schnell Vorlieben und vergisst sie dann wieder«, sagte sie. Auf Khans überraschten Blick hin versuchte sie, ihre Bemerkung ein wenig abzumildern. »Ich muss einfach wissen, was der Garten ist und sein soll – auch für William, wenn er älter ist. Können Sie denn nicht verstehen –«
    »Vielleicht hilft uns das hier weiter«, unterbrach er sie, zog einen schmalen weißen Notizblock und einen Stift aus der Tasche seines Jacketts, zeichnete zwei sich überschneidende Linien und fragte: »Was ist das?«
    Claire betrachtete die Zeichnung. »Ein Kreuz?«
    Er drehte den Block schräg. »Und das?«
    »Ein X.«
    Er zeichnete ein Quadrat rund um das Kreuz und drehte den Block zu ihr um. »Und jetzt?«
    »Ich bin mir nicht sicher – ein Fenster vielleicht?«
    Weitere Linien. »Ein Schachbrett?«, sagte sie. »Oder vielleicht Manhattan – es sieht wie ein Gitter aus.«
    »Es ist alles, was Sie gesagt haben, oder vielleicht nichts davon. Es sind Linien auf einer Ebene, genau wie der Garten«, fuhr er fort. »Linien auf einer Ebene. Die Geometrie gehört keiner bestimmten Kultur allein. Das Raster ist die modernistische Form an sich, was diesem Kritiker von der Times ganz sicher bewusst ist. In der Kunst kam es vor dem zwanzigsten Jahrhundert kaum vor, und dann plötzlich fand es sich überall. Mondrian war kein Muslim. Mies, Agnes Martin, LeWitt, Ad Reinhardt auch nicht. Ich kann nichts für die Assoziationen, die Sie mit dem Garten verbinden, bloß weil ich einer bin.«
    »Das Problem sind nicht nur die Assoziationen, die ich damit verbinde, sondern auch die, die Ihre Glaubensgenossen damit verbinden. Sie werden den Garten auf eine ganz bestimmte Weise interpretieren –«
    »Haben Ihre vielen muslimischen Freunde Ihnen das gesagt?«
    Claire schluckte. »Ich finde, es wäre hilfreich, wenn Sie einfach sagen würden, dass der Garten nicht für Märtyrer gedacht ist oder was immer das schlimmstmögliche Szenario sein mag. Oder wenn Sie ein paar Veränderungen daran vornehmen würden, um die Ängste zu beschwichtigen. Lassen Sie die Kanäle weg, damit Ihre Gegner nicht sagen können, dass es sich um das Paradies aus dem Koran handelt. ›Gärten, durch die Ströme fließen‹, oder wie immer die Zeile lautet.«
    »Sie wollen, dass ich den Garten verändere?«, sagte er langsam.
    »Nur ein paar symbolische Veränderungen, ebenso sehr um zu zeigen, dass Ihnen daran gelegen ist, eine gemeinsame Grundlage zu finden, dass Sie kooperationsbereit sind, wie aus irgendeinem ursächlichen Grund.«
    »Sie möchten, dass ich die Kanäle weglasse, weil sie Sie an eine Zeile im Koran erinnern?«, wiederholte er, als hätte er sie nicht richtig verstanden.
    »Es wäre eine Idee.«
    »Asma Anwar ist aufgestanden und hat darüber gesprochen, dass das Paradies des Korans für Männer wie ihren Mann gedacht ist – und, so hoffen wir, für Frauen wie sie. Sie können doch nicht sagen, dass Sie ihre Erinnerung ehren wollen, und dann darauf

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