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Der amerikanische Architekt

Der amerikanische Architekt

Titel: Der amerikanische Architekt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amy Waldman
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und hat nicht das Geringste getan. Wahrscheinlich hat er die Menschen, die ihm geholfen haben, ein so hohes Tier in Brooklyn zu werden, inzwischen einfach vergessen.«
    » Ihm geholfen?«, rief Asma empört und ging zur Couch zurück. » Er ist derjenige, der allen anderen hilft. Er hat nicht einen Augenblick Zeit für sich selbst. Wie können Sie nur so reden?« Am liebsten hätte sie geschrien: »Halt bloß die Klappe, du dicke fette Wasserbüffelkuh. Du tust doch nichts anderes, als dich im Leben anderer Leute zu suhlen, als wäre es Matsch!« Aber sie biss sich auf die Zunge und rief sich in Erinnerung, dass Mrs Mahmoud während Abduls Geburt ihre Hand gehalten hatte. Wenn sie damals die Kraft gehabt hatte, Abdul aus sich herauszupressen, würde sie es jetzt doch wohl fertigbringen, ihre giftigsten Bemerkungen in ihrem Inneren zurückzuhalten. In diesem Augenblick kam es ihr schwerer vor.
    Obwohl sie sich so um Beherrschung bemühte, hatte ihre Heftigkeit Mrs Mahmoud überrascht. Ihr Ausbruch würde garantiert im Gespräch mit zahllosen anderen durchgekaut, heruntergeschluckt und wieder hochgewürgt werden. Nun gut, dann sollte es eben so sein. Einen Augenblick saßen sie schweigend nebeneinander.
    Dann sagte Mrs Mahmoud: »Nun, vielleicht ist keiner von uns noch lange hier, um irgendwem zu helfen.«
    »Was soll das heißen?«, fragte Asma, immer noch kurz angebunden.
    »Nun, sie – die englischen Zeitungen, das Radio –, sie sagen, dass Muslime nicht hierher gehören!« Mrs Mahmoud hatte zu ihrer üblichen Form zurückgefunden und wiegte sich leise hin und her, was aussah, als hätte sie Rollen unter sich. Auf diese Weise wiegte sie sich immer, wenn sie aufgeregt war. »Aber wer soll dann ihre Häuser sauberhalten und ihre Taxis fahren, das möchte ich wissen? Und wer soll ihnen dann Fleisch verkaufen, das halal ist?«
    »Wenn es keine Muslime mehr gibt, braucht auch niemand mehr Fleisch, das halal ist«, sagte Asma ernst. Ihr war plötzlich warm, sie zog ihre Strickjacke aus.
    »Sie sagen«, fuhr Mrs Mahmoud verschwörerisch fort, »wenn wir unsere Loyalität unter Beweis stellen wollen, sollen wir diesem Mohammad Khan sagen, dass er aufhören soll, seine Gedenkstätte bauen zu wollen. Ich finde, sie haben recht«, fügte sie hinzu, während sie versuchte, mit der Zunge einen Essensrest zwischen ihren Zähnen hervorzupulen. »Ich würde es ihm sofort sagen, wenn ich ihn kennen würde.«
    »Nein!«, rief Asma. Wieder diese Heftigkeit. Dieses Mal war sie selbst darüber überrascht. Vielleicht hätte sie Mrs Mahmoud an diesem Tag in allem widersprochen. »Er sollte überhaupt nicht damit aufhören. Sie können ihm seinen Sieg doch nicht einfach wegnehmen. Es wäre genau dasselbe wie damals, als Pakistan uns die Wahl weggenommen hat.«
    »Hast du wieder gelauscht, als die Männer sich unterhalten haben?«, kam es mit einem missbilligenden Glucksen von Mrs Mahmoud.
    Ihre Herablassung erboste Asma. Sie rückte ein gutes Stück von ihr weg. »Selbst wenn wir sagen würden, dass wir ihn nicht unterstützen, würden sie uns nicht glauben, weil sie denken, dass wir sowieso lügen«, sagte Asma.
    »Und was habe ich davon, wenn ich ihn unterstütze? Was hat er denn je für uns getan, dieser Mohammad Khan? Sollen sie mit ihrer Gedenkstätte doch machen, was sie wollen.«
    Asma knirschte mit den Zähnen. »Es ist auch meine Gedenkstätte, Tantchen.«
    »Ich weiß, ich weiß.« Mrs Mahmoud tätschelte ihr Knie. »Aber sie ist diesen ganzen Ärger nicht wert.«
    »Doch, das ist sie«, rief Asma, aber bevor sie erklären konnte, wieso sie das meinte, erhob sich Mrs Mahmoud, die nach vier Tassen Tee den Forderungen der Natur Folge leisten musste, und wankte wie ein zu hoch beladener Lastwagen durch den Flur. »Aber wenn wir tatsächlich weggehen müssen«, warf sie über die Schulter zurück, »soll Salima Ahmed lieber nicht versuchen, sich in der Schlange vor mich zu drängeln.«
    Paul wollte unbedingt erreichen, dass Khan seinen Entwurf zurückzog. Das wurde ihm wieder einmal klar, als er einen weiteren Anruf eines Juroren hinter sich gebracht hatte, der sich darüber ereiferte, dass die Gouverneurin sie alle schon wieder als elitär bezeichnet hatte. Bei jeder sich nur bietenden Gelegenheit wies Geraldine auf die Bedeutung der öffentlichen Anhörung hin und betonte, dass sie selbst das Recht hatte, ihr Veto gegen die Entscheidung der Jury einzulegen. Paul, der sich als so etwas wie den Paterfamilias seiner

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