Der amerikanische Architekt
vielköpfigen, zänkischen Jurorenbrut sah, konnte unmöglich tatenlos zusehen, wenn seine Schützlinge immer wieder auf diese Weise attackiert wurden. Andererseits aber wollte er Geraldine, der er seine Position verdankte, nicht vor den Kopf stoßen. Das beste für die Jury, das Land, ihn selbst und überhaupt für alle, außer vielleicht für Khan, wäre, wenn dieser seinen Entwurf zurückzog.
Eine Fundraising-Party für die Schwulenorganisation seines Sohnes Samuel brachte ihn auf die Strategie, mittels derer sich das vielleicht bewerkstelligen ließ. Da er bereits einen Scheck ausgestellt hatte, hatte er nicht eingesehen, wieso er trotzdem auf die Party gehen sollte, aber Edith hatte darauf bestanden, und zwei Gläser Scotch und drei Hummerhäppchen später fing er an, die Veranstaltung einigermaßen erträglich zu finden. Schauplatz war ein riesiges Downtown-Loft, dessen Einrichtung und dessen Kunstsammlung Paul das Gefühl gaben, ein oder sogar zwei Jahrhunderte hinter seiner Zeit zurück zu sein. Die Gastgeber, zwei berühmte homosexuelle Philanthropen, die in Samuels Vorstand saßen, waren große Bewunderer und Förderer seiner Arbeit und interessierten sich aus diesem Grund auch für Paul. Sie schleppten ihn ins Schlafzimmer, um ihm ein Gemälde von Richard Prince zu zeigen, das sie zu einem horrenden Preis auf einer Sotheby’s-Auktion erstanden hatten. Paul stand lange vor dem Gemälde – es zeigte einen Cowboy, der vor einem wolkenverhangenen Himmel auf einem Pferd saß – und konnte sich nicht darüber klar werden, ob der Preis es gewöhnlicher oder außergewöhnlicher machte.
Nach dieser privaten Besichtigungstour gesellte er sich zu einer Gruppe rund um einen aufgeblasenen Schwätzer, der eine lange Geschichte über einen unfähigen Angestellten zum Besten gab. Da der Schwätzer den Nichtskönner nicht feuern wollte – »sein alter Herr ist einer unserer wichtigsten Sponsoren«, Worte, bei denen Paul, als Samuels Vater, innerlich zusammenzuckte –, hatte er ihm immer sinn- und geistlosere Aufgaben übertragen: das Abgleichen von Berichten, das Erstellen neuer Telefonlisten und so weiter. »Wenn man genügend stupide Anforderungen an jemanden stellt, wirft er irgendwann das Handtuch und geht«, sagte er und erntete verständnisinniges Gelächter. Gab es jemanden, der diese Tour nicht schon einmal bei einem inkompetenten Untergebenen oder auch nur einem irritierenden Hausmädchen angewandt hatte? Jemanden zu feuern war problematisch, manchmal auch kostspielig. Jemandes Stolz zu verletzen war billig.
Edith interpretierte Pauls Schweigen auf dem Heimweg als Kritik. »Manchmal wäre ich wirklich froh, du wärst ein bisschen aufgeschlossener«, sagte sie. »Es würde den Jungs so viel bedeuten. Es war eine wirklich nette Party, und alle haben so nette Dinge über Samuel gesagt –«
»Edith, ich fand die Party auch sehr nett«, sagte er und legte die Hände an ihre pudrig-weichen Wangen, ohne sich darum zu kümmern, ob Vladimir sie im Rückspiegel beobachtete. »Im Ernst. Ich bin froh, dass wir hingegangen sind.«
Am nächsten Morgen informierte er Mo darüber, dass er mit einem Landschaftsarchitekten zusammenarbeiten müsse, da er selbst zu unerfahren sei, um ein so großes Projekt allein durchzuziehen. Er habe die Wahl zwischen mehreren Firmen auf einer Liste, die man ihm zukommen lassen würde. Mo war von Anfang an misstrauisch – »Ist das ein Versuch, das Projekt unter einem anderen Namen zu verkaufen?« – und wollte seinen Augen nicht trauen, als er die Liste sah. »Sie – oder wer auch immer – haben sich die spießigsten, konventionellsten Firmen ausgesucht, die es auf dem Markt gibt. Wir haben keine gemeinsame visuelle Sprache.«
»Finden Sie eine«, sagte Paul.
Als nächstes forderte Paul von den Sicherheitsberatern der Jury eine Beurteilung des Entwurfs unter Sicherheitsaspekten und beorderte Khan zu einem Treffen, um die einzelnen Punkte gemeinsam durchzugehen. Sie saßen an dem runden Tisch, an dem die Jury monatelang getagt hatte. Die Sicherheitsberater sprachen sich dagegen aus, den Garten vollständig mit Mauern einzufassen, da er dadurch ein zu geschlossenes Ziel abgäbe. Stattdessen empfahlen sie niedrige Umgrenzungsmäuerchen, eher in der Art einer kleinen Brüstung. Auch die Kanäle waren ein Sicherheitsrisiko. »Wenn auch nur ein einziges Kind hineinfällt, wird die ganze Gedenkstätte geschlossen.« Sie schlugen vor, sie ganz wegzulassen.
»Das alles ist doch
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