Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der amerikanische Buergerkrieg

Der amerikanische Buergerkrieg

Titel: Der amerikanische Buergerkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Hochgeschwender
Vom Netzwerk:
billigte die Verfassungsänderung im April 1864 mit 38:6 Stimmen. Erst jetzt griff der Präsident aktiv ein, nachdem klar geworden war, daß das
amendment
eine echte Chance hatte, ratifiziert zu werden. Lincoln nahm, trotz des heftigen Widerstandes, den dies unter den Friedensdemokraten provozieren mußte, das
amendment
in sein Wahlprogramm auf. Nachdem er einmal an Bord war, zeigte sich Lincoln freilich sehr aktiv und wirkte entscheidend daran mit, den Vorschlag durch das Repräsentantenhaus zu bringen, wo er mit 119:56 Stimmen gebilligt wurde. Nun war es an den Einzelstaaten, gleichfalls einzuwilligen. Dies zog verfassungsrechtliche Bedenken nach sich, da in der Kriegs- und unmittelbaren Nachkriegssituation überhaupt nicht eindeutig geklärt war, welche Staaten mit welchen Regierungen das Recht hatten, an diesem Prozeß teilzunehmen. Die Tragweite des Problems zeigt sich, wenn man auf die Ergebnisse in den Südstaaten blickt. Bis Dezember 1865, dem Termin, an dem die notwendige Zweidrittelmehrheit zustande kam, hatten die unter Militäraufsicht stehenden Staaten Arkansas und South Carolina sowie das bereits rekonstruierte Louisiana für den Verfassungszusatz gestimmt. Danach lehnten allerdings die in der Union verbliebenen Grenzstaaten des oberen Südens mitAusnahme Missouris das
amendment
ebenso ab wie New Jersey und Mississippi. Nur am Rande sei vermerkt, daß Kentucky dem 13. Verfassungszusatz 1976 und Mississippi erst in einem symbolischen Akt 1995 zustimmten. Insgesamt jedoch vollzog sich die Abschaffung der letzten Relikte der Sklaverei – betroffen waren nur noch die Sklaven in den Unionsgebieten, vermutlich etwas über 40.000 – vergleichsweise ruhig und ohne echten Widerstand. Der sozioökonomische Anachronismus der
peculiar institution
war selbst den meisten Plantagenbesitzern inzwischen deutlich geworden. Mehr aber auch nicht.
    Mit einer geänderten Verfassung war es daher nicht getan. Das
amendment
spiegelte gewiß die veränderten gesellschaftlichen Realitäten auf der juristischen Ebene wider, reichte für sich genommen aber kaum, um diese auch in den Griff zu bekommen. Die Schwierigkeiten, vor denen die einstigen Sklavenstaaten standen, waren in jeder Hinsicht diffizil. Entgegen allen Befürchtungen der Sklavenhalter und ihrer politischen Verbündeten blieben gewalttätige Racheakte der befreiten Sklaven auch jetzt weitgehend aus. Weder kam es zu spektakulären Massenmorden noch zu den prophezeiten Massenvergewaltigungen. Ganz im Gegenteil, die meisten Schwarzen waren erst einmal darauf bedacht, ihre zerbrochenen Familienstrukturen wiederaufzubauen. Zahllose ehemalige Sklaven wanderten unter zum Teil extrem widrigen Bedingungen durch die Südstaaten, um verkaufte oder verschleppte Familienmitglieder zu suchen. Neben der Rekonstruktion der Familien war Bildung ein weiteres vorherrschendes Thema in den schwarzen Gemeinden. Unter erheblichen eigenen Anstrengungen, unterstützt nur von wenigen idealistischen Abolitionisten, meistens Frauen aus dem Norden, bauten die Schwarzen sich eigene Schulen auf, um so schnell wie irgend möglich genügend Bildung zu erwerben und am gesellschaftlichen wie politischen Leben gleichberechtigt teilhaben zu können. Damit rezipierten sie die bürgerlich-liberale Leistungsethik der Zeit, die Bildung und soziale Partizipation meritokratisch aneinandergekoppelt hatte. Zugleich wollten sie das grassierende Vorurteil von der Bildungsunfähigkeit und dem Bildungsunwillen der Schwarzen durch die Tat widerlegen. Dieinstitutionelle Basis all dieser Aktivitäten und wohl auch des pointierten Gewaltverzichts der Schwarzen war die
black church
, jene Ansammlung von protestantischen Denominationen, die seit dem 18. Jahrhundert ausschließlich für Schwarze gegründet worden waren. Zumeist handelte es sich um baptistische, methodistische oder episkopale Denominationen; katholische Schwarze waren außerhalb Louisianas eine verschwindend kleine Gruppe.
    Die Aktivitäten der befreiten Schwarzen wurden von den weißen Südstaatlern mit Mißtrauen, Haß und Bitterkeit verfolgt, eine Position, die Weiße aus dem Norden durchaus teilten. Neben einer Fülle von Vorurteilen hatte die dahinterstehende Sorge zumindest ein Fundament in der sozialen Realität des Südens. Wie sollten sich die Schwarzen versorgen? Auf welcher Basis sollten sie künftig ihr Auskommen erwirtschaften? Natürlich konnte man an eine umfassende Landreform denken. In Kreisen radikaler Republikaner wurde diese

Weitere Kostenlose Bücher