Der Angeklagte: Thriller (German Edition)
Gang. Zum jetzigen Zeitpunkt kann ich Ihnen nicht mehr mitteilen.«
»Und was ist mit dem Matt-Lewis-Fall?«
»Ich bin für diese Ermittlung nicht zuständig.«
»Aber Sie wollten von Ro trotzdem ein Alibi.«
»Wenn ein Cop erschossen wird, dreht man nun einmal jeden Stein um.«
»Auch wenn man keinerlei Hinweise hat?«
»Beide Ermittlungen werden fortgesetzt«, sagte Bracco. »Wir haben noch niemanden als Verdächtigen ausgeschlossen.«
Kaum hatte er den Hörer aufgelegt, schoss Bracco durch den Kopf, dass er Marrenas gegenüber sogar die Wahrheit gesagt hatte: Im Falle des Durbin-Mordes hatte Glitsky tatsächlich noch niemanden von der Liste der Verdächtigen gestrichen. Glitsky und Becker mochten sich fast hundertprozentig sicher sein, dass Ro hinter dem Mord steckte – und auch im Falle Matt Lewis schien alles auf ihn zu deuten –, aber die Tatsache ließ sich nicht aus der Welt schaffen, dass Ro für den Zeitpunkt des Durbin-Mordes ein Alibi hatte, das von vier Personen bestätigt wurde. Zugegeben, die Aussagen dieser Personen – die Eltern, Eztli und Hausmädchen Linda – mochten fragwürdig sein, aber was, wenn sie tatsächlich die Wahrheit sagten? Und wenn sich Ro nicht im Durbin-Haus aufgehalten hatte – und dafür gab es auch nicht ansatzweise einen Hinweis –, dann bedeutete das zwangsläufig, dass jemand anderes Janice umgebracht haben musste.
»Erde an Bracco: Bitte melden Sie sich, Darrel.«
Er schaute hoch und war überrascht, Glitsky an seinem Schreibtisch zu sehen. »Abe! Hey.« Er setzte sich gerade auf seinen Stuhl.
»Den Trick muss ich noch lernen«, sagte Glitsky. »Schlafen mit offenen Augen.«
»Ich hab nicht geschlafen, sondern nachgedacht.«
»Sehr gut. Nachdenken ist eine Tätigkeit, die hier gefördert wird. Und worüber?«
»Sheila Marrenas hat mich angerufen. Ich hatte gerade erst den Hörer wieder aufgelegt.«
»Ich hoffe, Sie haben nicht zu viel rausgelassen.«
»Ich sagte ihr, dass beide Ermittlungen in vollem Gang seien, Durbin und Lewis. Und dass wir in beiden Fällen noch keinen Verdächtigen haben.«
»Und, hat sie Ihnen geglaubt?«
»Das ist bei ihr doch zweitrangig. Sie schreibt sowieso, was sie will, und dreht’s dabei so, dass es ihr in den Kram passt.«
»Also, worüber haben Sie nachgedacht?«
»Nun, da es nun mal das ist, was ich rausfinden sollte, muss ich zu der Schlussfolgerung kommen, dass Ro für Durbin tatsächlich ein Alibi hat.«
»Wenn man ihm Glauben schenken darf.«
»Nun, immerhin vier Leute würden es bestätigen.«
»Die Eltern und zwei Angestellte«, sagte Glitsky.
»Klar, Abe, das steht auf einem anderen Blatt. Ich sage ja nur …«
»Nein, Ihr Einwand ist völlig berechtigt.« Glitsky hockte auf der Ecke von Braccos Schreibtisch. Er hatte die Lippen zusammengepresst und ließ seine Gesichtsmuskeln arbeiten. »Ich werde ihn nicht aus den Augen verlieren.«
»Und, wo wir schon gerade über den Fall reden, noch etwas.«
»Und das wäre?«
»Ros Arm.«
»Was soll damit sein?«
»Er war noch immer in Gips, nachdem Sie ihn ja wohl in dem Handgemenge gebrochen hatten, oder?«
»Stimmt.«
»Sie sagten mir aber, dass Janice Durbin erwürgt worden sei, und zwar mit den Händen stranguliert, ohne die Hilfe eines Stricks oder Gürtels.«
Bracco suchte im Gesicht seines Bosses nach Zeichen, ob seine Worte schon angekommen waren. Er konnte sich weitere Ausführungen ersparen. Jeder Cop im Mord dezernat weiß, wie schwierig es ist, jemanden mit bloßen Händen zu erwürgen. Der Kampf zieht sich naturgemäß über Minuten hin und ist von erbitterter Gegenwehr des Opfers begleitet. Auch wenn es theoretisch vorstellbar war, dass ein physisch starker Täter dazu in der Lage sein könnte, war die Wahrscheinlichkeit doch relativ gering. Da er an Glitskys Gesichtsausdruck ablesen konnte, dass dieser seinem Gedankengang folgte, hakte Bracco nach. »Hat Strout irgendwelche Anzeichen gefunden, dass sie geschlagen wurde und das Bewusstsein verlor, bevor sie erwürgt wurde? Irgendwelche Platzwunden oder Hautabschürfungen am Kopf?«
»Ich muss das noch mal überprüfen – und werde es umgehend tun –, aber mein Gedächtnis sagt mir: Nein.«
Bracco lehnte sich im Stuhl zurück. »Ro hält sie also mit einer Hand auf dem Boden fest, während sie um sich tritt und sich windet. Und er versucht nicht, sie mit einem Schlag auszuknocken? Immerhin hatte er doch den schweren Gips zur Hand. Stattdessen greift er mit einer Hand an ihren Hals und
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