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Der Angriff

Der Angriff

Titel: Der Angriff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vince Flynn
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waren wirklich gut, und die drei amerikanischen Einheiten gehörten mit Sicherheit zu den allerbesten. Die Schwäche der Amerikaner war jedoch, dass es sehr lange dauerte, bis endlich grünes Licht für den Einsatz kam. Es gab einfach zu viele Leute, die erst ihre Meinung kundtun mussten, bevor es zur Entscheidung kam, was den ganzen Prozess naturgemäß verlangsamte.
    Aziz hatte vor, diese Schwäche auszunützen. Auch die Medienberichterstattung und die öffentliche Meinung im Land würden zu seinen Gunsten arbeiten. Am kommenden Morgen wollte Aziz den Medien weitere Nahrung liefern. Wenn seine List funktionierte, würde ihm das wieder kostbare Zeit verschaffen. Die Politiker waren seine Verbündeten; er musste nur dafür sorgen, dass sie daran glaubten, dass es einen friedlichen Weg aus der Krise gab. Solange die Politiker das Sagen hatten, würden die Generäle nicht losschlagen können.
    Während Aziz zusammen mit Bengazi den Gang entlangging, kam ihm eine Schwäche in seinem Plan zu Bewusstsein. Er hatte zwar den Westflügel unter Kontrolle, nicht aber das Haupthaus. Falls die Amerikaner irgendwie herausfanden, dass er dabei war, den Präsidenten aus seinem Bunker zu holen, konnte es durchaus sein, dass sie etwas unternahmen, um zu verhindern, dass ihr Staatsoberhaupt dem Feind in die Hände fiel.
    Aziz blieb abrupt stehen und wandte sich Bengazi zu. »Muammar, ich möchte, dass du für den Rest der Nacht hier bleibst. Ich lasse dich um« – Aziz blickte auf die Uhr – »sieben Uhr ablösen. Ich will sichergehen, dass meinem kleinen Maulwurf nichts geschieht.« Aziz zeigte in Richtung des Bunkers. Als er sich umdrehte, um die Treppe hinaufzugehen, stand er vor zwei Türen. Eine davon war ihm bisher nicht aufgefallen. »Wo führt diese Tür hin?«, fragte er, zu Bengazi gewandt.
    »In den Heizungsraum«, antwortete der bärtige Mann.
    »Habt ihr ihn überprüft?«
    »Ja«, antwortete Bengazi. »Ich war selbst drin.«
    Aziz stand nachdenklich vor der Tür. »Kannst du dich noch an den Vorfall im indonesischen Konsulat in Amsterdam erinnern … in den siebziger Jahren?«
    Bengazi dachte scharf nach. »Ja«, sagte er schließlich. »Ich kann mich erinnern. Damals gaben die Terroristen nach einer langen Pattsituation mit der Polizei auf.«
    »Nach zwei Wochen«, sagte Aziz. »Hast du gewusst, dass die CIA damals der holländischen Regierung geholfen hat, indem sie einen ihrer Leute durch ein Abzugrohr in das Gebäude schickten?«
    »Nein.«
    »Die Terroristen wussten es auch nicht. Der Mann kam über den Keller ins Haus und hat überall Wanzen angebracht. Die Holländer konnten alles mithören, was die Terroristen sagten und taten.« Aziz wandte sich wieder der Tür zu. »Wann habt ihr den Raum zum letzten Mal überprüft?«
    »Gestern Nachmittag.«
    »Seither ist viel passiert. Ich denke, wir sollten wieder einmal nachsehen.« Ohne auf Bengazis Antwort zu warten, ging Aziz auf die Tür zu.
     
     
    Die beiden SEALs krochen mühsam durch den dunklen Lüftungsschacht. Craft ging voraus, und Shultz hielt sich dicht hinter ihm. Darauf hatten sie all die Jahre hingearbeitet. Es gab wohl kaum einen Angehörigen der Special Forces, der nicht liebend gern an ihrer Stelle gewesen wäre. All die Liegestütze, die frühmorgendlichen Läufe, das Schwimmen im eiskalten Wasser, die Schießübungen und das Training im Fallschirmspringen – all das wurde in diesem Moment belohnt.
    Angst war etwas, das im Wortschatz dieser Männer nicht vorkam. Sie gingen wohl mit der angemessenen Vorsicht an ihre Aufgabe heran, aber nicht mit Angst. Diese Männer freuten sich auf ihren Einsatz, obwohl sie genau wussten, dass man den Tod jederzeit mit einkalkulieren musste. Sie hatten schon Kameraden sterben sehen – in der Ausbildung genauso wie im Verlauf einer Operation. Doch sie hatten sich nun einmal für dieses Leben entschieden, und sie hatten diese Entscheidung noch nie bereut.
    Der jüngere Craft ging voraus, so wie er es sich gewünscht hatte. Die beiden SEALs waren nun mit dem gleichen Problem konfrontiert wie Rapp und Adams zuvor. Je näher sie dem Weißen Haus kamen, umso schlechter wurde die Funkverbindung.
    Mit rund fünfzehn Kilogramm an Ausrüstung auf dem Rücken und weiteren fünfzehn Kilo, die er an einem Seil hinter sich herzog, arbeitete sich Craft mühsam auf den Ellbogen vorwärts. Die beiden Männer bewegten sich nahezu lautlos; das Einzige, was ein schwaches Geräusch verursachte, war die Ausrüstung, die sie hinter

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